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Acht Mythen und Fakten über ETFs

20.11.2017 6 Min.
  • Nizam Hamid, ETF Strategist

In der letzten Zeit sind ETFs in aller Munde. Rekordzuflüsse zeigen, dass die Anleger von den Produkten angetan und überzeugt sind. Doch es gibt auch kritische Stimmen, die dem ETF-Boom nicht trauen. Dabei werden zum Teil Fakten mit Mythen oder Halbwahrheiten vermischt. Da wir diese kritische Auseinandersetzung grundsätzlich sehr begrüssen, haben wir die acht wichtigsten kritischen Punkte aufgeführt und wollen sie aus unserer Sicht beleuchten. Das soll zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen und den Anleger helfen, sich ein eigenes Urteil zu bilden.

1.) Mit ETFs erzielt man nur eine durchschnittliche Rendite. ETFs sind nie besser als der Markt.

Es stimmt, dass rein nach Markkapitalisierung gewichtete ETFs in der Regel nicht besser als der Markt abschneiden. Doch ist das ja gerade der Grund, warum viele Anleger ETFs nutzen: Sie wissen, dass sie marktkonform agieren und vermeiden damit das für aktive Fonds typische Performance-Risiko. Das schafft auch Transparenz.

2.) ETFs funktionieren nur in steigenden Märkten. Im Falle einer Marktkorrektur verhalten sich ETFs wie Brandbeschleuniger. Wer beispielsweise zu solchen Zeiten in synthetische ETFs investiert, hat hohe Risiken. Im Gegensatz zu herkömmlichen Fonds haben ETFs oft keine nennenswerten Liquiditätsreserven.

Es gibt keine Hinweise darauf, dass ETFs wie Brandbeschleuniger wirken. Sie sind wie Aktien als langfristige Anlagen angelegt und keine Spekulationsobjekte. Man gewinnt, verliert aber auch nicht mehr als der Marktdurchschnitt. Synthetische Fonds haben nicht notwendigerweise höhere Risiken, da die Mehrzahl der Swap-basierten ETFs entweder ein niedriges Swap-Exposure aufweisen oder Sicherheiten zur Minderung von Swap-Risiken besitzen. Auch kann es eine Strategie sein, eine Vermögensstreuung auf verschiedene, in Teilen auch gegensätzliche Indizes vorzunehmen. Portfoliostreuung gilt generell als gute Anlagestrategie, die auch im ETF-Markt Anwendung finden kann. Und in der Tat nutzen Anleger zunehmend ETFs in diversifizierten, risikoorientierten Portfolios, entweder „auf eigene Faust“ oder gemeinsam mit ihren Beratern.

3.) ETFs fördern einen gefährlichen Herdeninstinkt. Investoren entscheiden nicht aufgrund von Informationen oder Einschätzungen, sondern folgen blind der Herde.

ETFs bieten die Möglichkeit, gezielt in ein breites Spektrum von Anlagen zu investieren, indem sie den Investmentprozess vereinfachen und den Zugang zu Strategien ermöglichen, die bisher nur institutionellen Anlegern vorbehalten waren. Wir glauben an kompetente und gut Informierte Anleger.  Solche, die ETFs handeln, sind aber in der Regel professionelle und institutionelle Anleger, die ETFs als Ersatz für Produkte wie Futures und Swaps einsetzen. Auch sind ETFs schnell und flexibel handelbar. Im Zusammenhang mit dem Thema „Verantwortung“ wird auch oft behauptet, ETF-Anbieter würden nicht auf die Corporate Governance achten und ihre Stimmrechte zum Beispiel auf Hauptversammlungen nicht wahrnehmen. Das lässt aber ausser auch, dass grosse passive Investoren bei den Hauptversammlungen sehr wohl abstimmen, ihre Verpflichtungen als Aktionäre ernst nehmen und sich zuletzt auch öffentlich zu Corporate Governance-Fragen geäussert haben.

4.) ETF-Anbieter werben für Transparenz, Einfachheit und niedrige Kosten. Aber jetzt gibt es ETFs auf fast allen Gebieten und der Überblick geht verloren.

Das zeigt natürlich, dass die Kunden solche Produkte nachfragen. Mit der wachsenden Zahl der ETFs bedeutet das naturgemäss, dass der Markt unübersichtlicher wird. Mehr Auswahl kann aber für Investoren auch von grossem Vorteil sein. Und das Angebot ist immer noch bedeutend kleiner als das aktiv gemanagter Fonds.

5.) Passive Anlageinstrumente verzerren die Märkte strukturell, weil sie nicht auf die Qualität der einzelnen Werte und Aktien achten. So können auch die Kurse von minderwertigen oder überbewerteten Wertpapieren erhöht werden – nur deshalb, weil sie in einem ETF-Fonds enthalten sind.

Es gibt viele ETFs, die auf intelligenten Beta-Strategien basieren und sich auf Qualität und Werthaltigkeit der Aktien konzentrieren. Smart Beta ist dabei keine einzelne Strategie – es handelt sich um eine Vielzahl an massgeschneiderten Optionen, aus denen Investoren wählen können. Transparenz und Wissen sind entscheidend, wenn es gilt, die passenden Smart-Beta-Ansätze zu identifizieren. Hier wird also gezielt ausgewählt. Auch sollte man bei allem Erfolg den Anteil der ETFs am Gesamtmarkt nicht unterschätzen. Indexfonds haben zwar auch 2016 ihren Siegeszug in Europa fortgesetzt. Ohne Hinzurechnung von Geldmarktfonds stieg der Anteil von ETFs und nichtbörsennotierten Indexfonds am gesamten Fondsmarkt in Europa von 13,8 Prozent per Ende 2015 auf 15,1 Prozent Ende 2016. Von Marktdominanz kann also keine Rede sein. Das europaweit in Indexfonds investierte Vermögen von 1,1 Billionen Euro verteilt sich etwa je zur Hälfte auf ETFs und nichtbörsennotierte Indexfonds (Zahlen-Quelle: Morningstar).

6.) Billig sind oft nur ETFs auf gängige und bekannte Indizien oder Massenprodukte von grossen Anbietern. Viele Spezialanbieter nutzen den guten Ruf der günstigen ETFs und erstellen spezielle Indizes, die Vertriebskosten von 0,3 bis 0,6 % p. a. verlangen. Das ist für einen Fonds, der automatisch investiert, ziemlich hoch.

ETFs auf bekannten Indizes sind in der Regel sehr kostengünstig, aber auch spezialisierte Engagements verfügen über TERs (Gesamtkostenquote), die mit den aktiven Fonds konkurrenzfähig sind und den Anlegern gleichzeitig Transparenz über die Gebühren und die Total Cost of Ownership bieten, während sie sich besser als aktive Fonds entwickeln. In so einem Fall können ihre höheren TERs gerechtfertigt sein.

7) Synthetische ETFs sind in der Regel billiger als vollständig replizierende ETFs. Anlegern, die zum Beispiel in ETFs für Emerging Markets investieren möchten, bleibt oft nur eine Anlage in Swapprodukte. Bei Swap-ETFs ist jedoch weniger transparent, in welche Wertpapieren das Geld tatsächlich investiert wird.

Viele Anbieter synthetischer ETFs haben mittlerweile auf die vollständige Replikation von ETFs umgestellt und auch die Kosten gesenkt. Dies ist Teil eines allgemeinen Trends, bei dem ETF-Emittenten Kosteneinsparungen an die Fondsinhaber weitergeben. Im Fall des Engagements in Schwellenländern haben Anleger typischerweise die Wahl zwischen physischen und Swap-Fonds, und Anleger bevorzugen eher physische Fonds.

8.) Die schon erwähnten Smart Beta- oder Faktor-Strategien gelten nicht selten als Bluff. Untersuchungen zeigen, dass kein Faktor immer besser als der Markt abschneidet. Und es werden manchmal auch unbeabsichtigt andere Faktoren mitabgebildet, die der Performance schaden können. 

Es ist wichtig, beim Thema Smart Beta genau hinzuschauen. Beim Identifizieren von echten Smart-Beta-Strategien sollten Anleger unserer Meinung nach auf Folgendes achten:

  • regelbasierte, wiederholbare Methodik, die ein breit angelegtes, repräsentatives Engagement für eine Anlageklasse bietet
  • alternative Gewichtungsmethoden
  • hohe Korrelationen zu etablierten Benchmarks
  • vorhandener Track Record – absolut und risikoadjustiert
  • regelmässiges Rebalancing.

 

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