Adobe: Reif für ein Wendemanöver
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Christian Ingerl
Redaktor
Der US-Softwarekonzern konnte mit seinen Zahlen die Erwartungen übertreffen und erhöhte zudem die Prognose. Spekulative Anleger wagen einen Long-Trade.
An den Finanzmärkten bleibt derzeit kein Auge trocken: Auf der einen Seite hängt weiterhin die hohe Inflation wie ein Damoklesschwert über den Börsen, auf der anderen Seite droht der Finanzsektor dies- und jenseits des Atlantiks in eine neue Krise zu schlittern. Damit sehen sich die Notenbanken vor dem Spagat, zum einen für Geldwertstabilität und zum anderen für eine ausreichende Liquidität am Markt zu sorgen. Bei den Ökonomen haben sich die Zinserwartungen bereits deutlich verändert. Rechneten die Experten noch Mitte Februar in den USA bis Mitte des Jahres mit Zinserhöhung auf ein Niveau von 5.25% bis 5.50%, wird jetzt an den Terminmärkten von einer Senkung im Juni ausgegangen.
Techs sind wieder gefragt
Diese neue Erwartungshaltung spielt den Tech-Unternehmen in die Hände, schliesslich waren diese ja auch die grössten Leidtragenden der raschen Zinserhöhungen der vergangenen Monate. Dies spiegelt sich auch in den Kursen wider. So konnte der Nasdaq 100 die Standardwerte in den vergangenen Tagen deutlich hinter sich lassen. Zu den Outperformern zählt Adobe Systems. Der Entwickler der populären Fotobearbeitungssoftware Photoshop bekam aber noch einen zusätzlichen Booster durch die vorgelegten Quartalszahlen. Sowohl bei Umsatz als auch beim Gewinn übertraf der US-Konzern die Prognosen. Und oben drauf kommt noch eine Zielanhebung.
Über den Schätzungen
Der Reihe nach: Der Umsatz legte im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2022/23 im Vergleich zum Vorjahr um 9% auf USD 4.655 Mrd. zu. Damit fiel das Wachstum gegenüber den beiden Vorquartalen zwar etwas niedriger aus, allerdings lag Adobe über der Marktschätzung von USD 4.62 Mrd. Am besten schnitt die Sparte Digital Experience, in der das Unternehmen Marketing- und Analyse-Software anbietet, ab. Die Erlöse erhöhten sich in dem Segment, das ein Viertel zum Gesamtumsatz beiträgt, um 11%.
Hinsichtlich des Gewinns konnte der Dokumentenmanagement-Spezialist mit Sitz in San Jose ebenfalls positiv überraschen. Das operative Ergebnis lag mit USD 1.586 Mrd. sowohl über dem Niveau des Vorquartals als auch über dem Vorjahreswert. Unter dem Strich wurde ein bereinigter Gewinn je Aktie von USD 3.80 ausgewiesen, während der Konsens nur USD 3.68 auf dem Zettel hatte.
Höhere Ziele…
Der gute Auftakt lässt das Management zuversichtlicher werden. «Adobe hat im ersten Quartal einen Rekordumsatz erzielt, und wir heben unsere Jahresziele an», zeigt sich CEO Shantanu Narayen stolz. In Zahlen ausgedrückt erwartet Narayen für das zweite Quartal einen Umsatz von USD 4.75 Mrd. bis USD 4.78 Mrd. sowie ein Ergebnis je Aktie zwischen USD 2.65 und USD 2.70. Für das Gesamtjahr peilt Adobe weiterhin einen Erlösanstieg von 9% an. Beim Ergebnis je Aktie legt der Vorstand allerdings noch eine Schippe drauf und geht nunmehr von USD 10.85 bis USD 11.15 aus, bislang standen USD 10.75 auf dem Plan.
…und technischer Durchbruch
Die Wall Street klatschte Beifall und schickte die Adobe-Aktie nach der Zahlenpräsentation um mehr als 5% nach oben. Aus charttechnischer Sicht ergeben sich dadurch weitere Aufwärtschancen für den Titel. Zum einen wurde der starke horizontale Widerstand bei USD 325 überwunden, zum anderen schaffte der Kurs den Sprung über die 100-Tage-Linie sowie dem gleitenden 200-Tage-Durchschnitt. Nun könnte es schnell Richtung USD 375 gehen. Aus bewertungstechnischer Sicht ist sogar noch etwas mehr drin. Die Auswertung von 29 Analystenstudien zeigt ein mittleres Ziel von USD 395.00. Die höchste Schätzung lautet auf USD 475.00, die niedrigste immerhin noch auf USD 321.00. Damit scheint das Abwärtspotenzial relativ begrenzt.
Anlagelösungen
Wer ebenfalls von weiteren Kursgewinnen ausgeht, kann mit dem Mini Future Long (Symbol: IADXNZ) die weiteren Bewegungen der Aktie mit einem Multiplikator von 3.6 hebeln. Noch etwas mehr Pfiff hat der Warrant (Valor: 125674849) der UBS. Der Knock-Out-Level des auf Swiss DOTS kotierten Produkts liegt bei USD 324.4357 und damit knapp ein Zehntel entfernt. Der Leverage-Effekt beträgt 9.2.
Auch für ein Renditeoptimierungsprodukt taugt der Basiswert bestens. So ermöglicht der Barrier Reverse Convertible (Symbol: KMSBDU) eine Renditechance von 10.98% (6.96% p.a.), ohne dass sich die Adobe-Aktie bewegen muss. Sie darf sogar bis knapp an die Barriere bei USD 154.77 abtauchen, ein satter Risikopuffer von 58.6%, ohne dass der Höchstertrag in Gefahr gerät.