«Aktien sind deutlich attraktiver als Obligationen.»
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Dieter Haas
Dr. Anja Hochberg, CIO Schweiz und Europa Credit Suisse, über die Perspektiven für 2015, Parallelen zu den 30er-Jahren, die bevorzugte Anlageklasse, die attraktivsten Chancen und Alternativen zu den Aktienmärkten.
Frau Hochberg, wie lautet Ihre globale wirtschaftliche Erwartung für die kommenden zwölf Monate in einen Satz verpackt?
…das Szenario lässt generell vermuten, dass Aktien auch in 2015 die bevorzugte Anlageklasse sind?
Das ist richtig. Aktien, und dies gilt insbesondere für die Schweiz, sind deutlich attraktiver als Obligationen. Die zugrunde liegenden Faktoren für eine positive Aktienmarktentwicklung haben nicht an Überzeugungskraft verloren. Neben der positiven Gewinndynamik stützt nach wie vor die Geldpolitik. Das tut sie im Übrigen nicht nur über den Kreditkanal, sondern insbesondere über die historisch tiefen Zinsen, die die Attraktivität von Aktien massiv unterstützen.
Welche Regionen besitzen das grösste Potenzial?
Bei jeder Empfehlung muss man sich die Frage stellen, was schon in den aktuellen Kursen eingepreist ist. In den USA ist man zwar konjunkturell vorangeschritten, dafür könnten wir aber auch die ersten Zinserhöhungen sehen. Akzente innerhalb eines Aktien-Portfolios würden wir daher insbesondere in der Eurozone und auch in Japan setzen. Darüber hinaus gehören Schweizer Aktien ganz klar ins Portfolio eines Schweizer Anlegers. Nach der starken Korrektur können sich hier bald wieder Einstiegsmöglichkeiten anbieten.
Der Markt setzt im Falle von Europa vor allem auf die voraussichtlich im Q1/2015 von der EZB, entgegen dem Willen einiger Ratsmitglieder, geplante Bilanzvergrösserung mittels eines Staatsanleihen-Ankaufprogrammes. Wieso soll es damit gelingen, die seit 2012 schrumpfende Kreditvergabe an Unternehmen zu revitalisieren?
Mancher Anleger stellt sich die Frage: Sind Staatsobligationen aus Euroland überhaupt noch kaufenswert?
Pauschale Antworten sind sicherlich immer gefährlich. Eine italienische Anleihe mit einer Laufzeit von zehn Jahren bringt mit rund 2% immer noch rund viermal so viel Zins wie eine deutsche mit 0,5% vor Kosten. Aber ja, aufgrund der historisch tiefen Zinsen ist daher weiterhin Vorsicht angesagt.
Einige Experten sehen in der gegenwärtigen Entwicklung Parallelen zur Weltwirtschaftskrise in den 30er-Jahren des vorherigen Jahrhunderts. Eine Illusion, oder doch nicht?
Die Finanzmarktkrise von 2007/2008 markiert sicherlich einen markanten Einschnitt in fast allen Bereichen des wirtschaftlichen Zusammenlebens und auch jetzt, sieben Jahre nach dem Tiefpunkt der Krise, ist es nur wenigen Ländern (z.B. den USA und der Schweiz) gelungen, wieder auf Vorkrisen-Niveau zu produzieren. Strukturell gibt es grosse Unterschiede zu den 30ern, die es uns besser erlauben, wieder ins Gleichgewicht zu kommen, z.B. flexible Wechselkurse, automatische Stabilisatoren zur Nachfragestützung, handlungsbereite Notenbanken.