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payoff Focus

Aktienmarkt Schweiz: Marschhalt oder weitere Rekorde?

27.10.2017 9 Min.
  • Dieter Haas

Schweizer Aktien zählten auf globaler Ebene 2017 bislang zu den Gewinnern. Wir zeigen, welche Blue Chips wenig zu fürchten haben und wie Anleger die neuen Schweizer Faktor-Indizes gewinnbringend nutzen können.

Der laufende Jahrgang war bei den Schweizer Aktien bislang ein guter. Sowohl der Swiss Performance Index (SPI) als auch der Blue Chip Index Swiss Market Index (SMI) übertrafen den Weltaktienindex MSCI World, in Schweizer Franken berechnet, deut­lich. Langfristig sieht das Bild eben­falls vorteilhaft aus, wie der grafische Performance­Vergleich illustriert. Die seit Mitte Mai anhaltende Konsoli­dierung hat die Anleger etwas verun­sichert. Nach der seit März 2009 fast permanenten Klettertour war die eingetretene Seitwärtsbewegung al­lerdings wenig erstaunlich. Die Börsen sind bekanntlich keine Einbahnstras­se. Schwankungen und temporäre Kor­rekturen liegen in der Natur der Sache und sollten nicht dramatisiert werden. Dank der jüngsten Verdauungspha­se konnten einige der entstandenen Überbewertungen zumindest teilwei­se korrigiert werden. Wegen ungeklär­ter Fragen hinsichtlich der künftigen Politik der Notenbanken, insbeson­dere diejenige der USA, dürften die Fi­nanzmärkte bis Jahresende wohl keine allzu grossen Sprünge mehr vollfüh­ren. Die vor allem von den USA ausge­henden isolationistischen Tendenzen sind ein Hemmnis für das globale Weltwirtschaftswachstum. Ungeach­tet dieser Bedenken bleiben Aktien im Allgemeinen und Schweizer Wertpa­piere im Speziellen für langfristig ori­entierte Anleger kaufenswert. Neuein­steiger sollten jedoch ein schrittweises Vorgehen wählen und sich verstärkt an die drei Musketiere Nestlé, Novartis und Roche halten. Sie erwiesen sich in der Vergangenheit in schwachen Auf­wärts­, Seitwärts­ oder Abwärtspha­sen meist etwas resistenter als die in Haussen überlegenen Titel kleinerer und mittlerer Unternehmen.

«Mit kleinkapitalisierten Schweizer Titeln lassen sich auf lange Sicht die höchsten Gewinne erzielen.»

Klein aber fein
Mit kleinkapitalisierten Schweizer Titeln lassen sich nämlich auf lange Sicht die höchsten Gewinne erzie­len. Das gilt im Übrigen für die mei­sten Börsenplätze auf der Welt. Das grösste Potenzial auf Indexbasis böte ein Anlageprodukt auf den SPI Small Cap Index SPI19. Wegen der ungenü­genden Marktliquidität hat es bislang niemand gewagt, die Kleinsten der Kleinen zu verbriefen. Ähnliches gilt für den SPI EXTRA, der alle an der Schweizer Börse kotierten Titel aus­serhalb des SMI umfasst. Investierbar ist hingegen der SPI­Mid TR Index (80 Wertpapiere) oder der SMIM TR Index, der 30 der liquidesten Mid Caps um­fasst.
Die besten Blue Chips Schweizer haben eine Vorliebe für die Beteiligungspapiere der drei grossen Konzerne Nestlé, Novartis und Roche. Sie dominieren einerseits die Marktindizes SPI und SMI und lieferten an­dererseits seit der Jahrtausendwende, abgesehen von Richemont, das kein originäres Schweizer Unternehmen ist, die mit Abstand besten Erträge unter den aktuell zehn grössten Titeln des SMI. Dagegen warfen die zwei grossen Bank­ und Versicherungswerte, Lafar­geHolcim und ABB, seit 2000 negative oder höchstens marginal positive Ge­samterträge ab. Auffällig bei allen ist der bedeutende Anteil der Dividende an der Performance, der sich aus dem Unterschied des Gesamtertrags zur Kurs­Performance ablesen lässt.

Faktor-Indizes für die optimale Positionierung
In den vergangenen zwölf Monaten schossen Faktor­Indizes wie Pilze aus dem Boden. Diese Thematik versucht über quantitative Auswahlprozesse Beeinflussungsfaktoren von Aktien zu isolieren, die langfristig über ein überdurchschnittliches Potenzial ver­fügen. Die Schweizer Börse hat sich dieses Trends angenommen und in Zusammenarbeit mit der St. Galler Finanzboutique Finreon sieben Sin­gle Premia Indizes isoliert. Dazu zäh­len u.a. Grösse, Value (günstige Titel), Momentum (systematische Trends) oder Low Risk (sichere Titel). Um mit diesen semi­aktiven Indizes, die nur eine Teilmenge eines Gesamtmarkt­indizes umfassen, einen Mehrwert erzielen zu können, müssen Anleger die zukünftige Entwicklung korrekt prognostizieren. Nur dann gelingt es Anlageprodukten auf einzelne Faktor­Indizes die klassischen passiven Indi­zes, wie den Swiss Performance Index (SPI), zu schlagen. Für die Zusam­mensetzung der SPI Single Premium Indizes wurde das Anlageuniversum des SPI auf die 60 grössten und liqui­desten Titel eingegrenzt. Aus diesen werden in einem zweiten Schritt für die Single­Faktor­Indizes maximal 30 Titel mit den besten Werten selektiert. Bei der anschliessenden Gewichtung wird darauf geachtet, dass jeder Titel gleich viel zum Gesamtrisiko beisteu­ert. Die Indizes werden vierteljährlich – im März, Juni, September und De­zember – neu zusammengesetzt und berechnet.

Ausgezeichnete Performance
Seit 2004 übertrafen alle sieben SPI Single Premia Faktor Indizes den Ge­samtmarktindex SPI. An der Spitze lieferten sich der SPI Size Premium und der SPI Momentum Premium ein Kopf­an­Kopf­Rennen. Am schwäch­sten schnitt über die Zeitperiode der SPI Reversal Premium ab.

Umsetzung in die Praxis
Dank den im Februar von der ZKB lan­cierten Tracker­Zertifikaten auf alle SPI Single Premium Indizes ist es seit Februar 2017 möglich, je nach Gusto die passende Strategie zu fahren. Seit der Liberierung erzielte bislang das Tracker­Zertifikat PRQUAZ die be­ste Performance. Nach der eindrück­lichen Hausse in der jüngsten Ver­gangenheit, bei der die Faktor­Indizes SPI Size Premium (Small Caps) und SPI Momentum Premium obenaus­schwangen, dürfte in den kommenden Monaten vermutlich die Stunde der risikoärmeren SPI Low Risk Premium schlagen. Mit dem Tracker­Zertifikat der ZKB PRLOWZ können Sie 1:1 an diesem Faktor­Index partizipieren. Eher defensiver Natur sind auch die beiden Tracker­Zertifikate PRVALZ und PRQUAZ auf den SPI Value Pre­mium bzw. SPI Quality Premium. Dau­eroptimiststen oder ausgesprochen langfristig orientierte Anleger sollten dagegen weiterhin auf die Tracker­ Zertifikate PRMOMZ auf den SPI Mo­mentum Premium bzw. PRPREZ auf den SPI Size Premium setzen. Schwe­rer dürften es PRRESZ und PRREVZ haben, da sich diese Konzepte dem Anleger nicht auf Anhieb erschliessen.

«Der SPI Multi Premia Index schlägt seit 2004 die beiden bekanntesten Schweizer Börsenbarometer SPI und SMI um Längen.»

Abgenommene Entscheidung
Für langfristig orientierte Investoren, die Gewicht auf eine schwankungsär­mere Wertentwicklung legen, eignet sich der SPI Multi Premia Index vor­trefflich als Basiswert. Er kombiniert die sieben SPI Single Premia Indices und ermöglicht eine breite und diver­sifizierte Abschöpfung der Faktorprä­mien. Anzahlmässig ist der SPI Multi Premia breit diversifiziert und umfasst maximal 60 Titel. Vereinfacht ausge­drückt strebt der Basiswert eine op­timale Mischung an von Wertpapier­Charakteristiken wie Value, niedrige Volatilität, Momentum u.a. jenseits der Marktkapitalisierung. Der über alle Faktoren diversifizierte SPI Multi Premia liegt performance­mässig seit dem Startpunkt der Berechnung im Mittelfeld. Auf den ersten Blick er­scheint das wenig aufregend. Auf den zweiten Blick erkennt der aufmerk­same Anleger jedoch die Stärken des Konzepts im Vergleich zu den sieben SPI Single Premium Indizes und den Gesamtmarktindizes SPI und SMI. So gelingt es dem SPI Multi Premia, lang­fristig betrachtet, seine Mittelmässig­keit zu seinem Vorteil umzuwandeln. Er lag mit seiner Jahresperformance seit 2004 zwar nie an der Spitze, man findet das Konzept allerdings auch nie am Ende der Rangliste. Dadurch schaffte es der SPI Multi Premia, über die gesamte Zeitspanne vier der sie­ben SPI Single Premia Indizes sowie die beiden bekanntesten Börsenbaro­meter der Schweiz, den Gesamtmarkt­index SPI und den Blue Chip Index SMI, zu übertreffen.

«Nach der eindrücklichen Hausse in der jüngsten Vergangenheit dürften sich in nächster Zeit risikoärmere Faktor-Indizes als resistenter erweisen.»

Mit dem im September 2016 aufge­legten Indexfonds CSMPBFA können Anleger 1:1 an der Kursentwicklung des SPI Multi Premia Index partizi­pieren. Auch wenn viele Anleger eine Abneigung gegenüber qualitativen Konzepten haben, den Indexfonds CSMPBFA sollten sie nicht ausser Acht lassen. Die überragende Perfor­mance des Basiswertes ab dem Start der Rückrechnung ist zwar keine Blaupause für die Zukunft, dennoch spricht vieles dafür, dass der aktive ETF den klassischen Indexprodukten langfristig den Rang ablaufen könnte.

Weitere Empfehlungen aus dem ETP Segment
Bei den Tracker­Zertifikaten über­zeugten kurz­ und längerfristig trotz jährlicher Management­Fees von 1.20% (Z44AAV) bzw. 1.60% (VZOSM) der VT Swiss Sector Rotation Basket VZOSM und der Vontobel Swiss Re­search Basket Z44AAV – ein Beweis für den Erfolg der angewandten Strategie bzw. für die Qualität der Analyseab­teilung der Bank. Unter den an der SIX Swiss Exchange kotierten ETFs ist SPMCHA auf den SPI Mid Cap Index eine valable Alternative. Er basiert im Unterschied zum SMMCHA, der den SMIM Index abbildet, auf dem 80 Titel umfassenden SPI20. Die Performance­Unterschiede zwischen dem enger gefassten SMIM und dem SPI20 sind marginal. Beide ETFs sind mit einer jährlichen Management­Fee von 0.25% zudem vergleichsweise preisgünstig.

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