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payoff Focus

Alternative Renditen

02.10.2015 11 Min.
  • Dieter Haas

VOLTDie heftigen Korrekturen an den Aktienmärkten befeuerten bei manchen Anlegern die Angst, dass auf viele fette Jahre nun wieder magere Zeiten folgen. Ein Grund mehr, um nach alternativen Anlagen Ausschau zu halten. Was Hedge Funds & Co. leisten können – und was nicht.

Trotz niedriger Zinsen und rekordtiefer Rohstoffpreise kam es seit Sommeranfang an etlichen Börsen zu heftigen Kurseinbussen. Als Auslöser der Misere wurde zumeist auf China verwiesen. Wegen schwacher Exportzahlen sah sich die People Bank of China veranlasst, den Yuan in mehreren Schritten abzuwerten, eine Senkung der Leitzinsen vorzunehmen und den Markt mit reichlich Liquidität auszustatten. Wider Erwarten gelang es damit nicht, den Kursverfall zu stoppen. Im Gegenteil: Das Fieber griff ab der zweiten Augustwoche auch auf die bislang von Rückschlägen verschont gebliebenen europäischen und US-amerikanischen Märkte über. Nachdem es hierzulande schon länger nicht mehr möglich ist, Kapital sicher anzulegen und dabei auch noch einen laufenden Ertrag zu generieren, geraten nun auch Aktien, die letzte verbliebene klassische Anlageform, unter Druck. Selbst SNB-Präsident Thomas Jordan macht keinen Hehl daraus, dass dieses Umfeld Anleger vor grosse Herausforderungen stellt. «Die Auswahl an akzeptablen Investitionsmo¨glichkeiten ist eingeschra¨nkt», sagte er auf der Generalversammlung der Nationalbank. Ein Ausfall der Aktien würde den Anlagenotstand erheblich verstärken, ja ihn fast ins Unermessliche steigen lassen.

Breites Spektrum an Möglichkeiten

Insbesondere die Aktienbörsen scheinen noch im Konsolidierungsmodus zu sein. Bei den Obligationen und zinssensitiven Investments herrscht unisono Ratlosigkeit. Umso mehr macht es Sinn, vermehrt über alternative Anlagen nachzudenken. Dieser Begriff steht für ausserhalb der traditionellen Kapitalmarktsegmente angesiedelte Investments. Dabei steht meist die Diversifizierung eines Portfolios respektive Optimierung des Chance-/Risiko-Profils im Vordergrund. Die wohl bekanntesten Teilbereiche sind Hedgefonds und Private Equity. Das Spektrum geht jedoch weit darüber hinaus. Es umfasst neben dem genannten Duo auch Infrastrukturinvestments, Immobilien und Rohstoffe. Hinzu kommen weitere Spezialbereiche (siehe Grafik) wie zum Beispiel Kunst, Oldtimer oder Wein.

Auch exotisches kann rentabel sein

Zur letztgenannten Gruppe zählt unter anderem Wein. Der Rebensaft hat in der jüngsten Vergangenheit als Investmentobjekt enorm an Bedeutung gewonnen. Dabei konnte sich die 1999 ins Leben gerufene London International Vintners Exchange, kurz Liv-ex, als bedeutender Handelsplatz etablieren. Aus deren Feder stammt der Live-ex Wine Investables Index. Dieses Barometer zielt darauf ab, die Performance eines typischen Weininvestment-Portfolios widerzuspiegeln. In der Auswahl sind rund 200 Rotweine aus den 24 besten Châteaux der Anbauregion Bordeaux zu finden. Die Bewertung geht auf Robert Parker jr. zurück, einen der weltweit einflussreichsten Kritiker. Zwar herrscht beim Live-ex Wine Investables Index seit Mitte 2011 Katerstimmung. Gegenüber dem damals erreichten Top gab die Benchmark um mehr als 30% nach. Allerdings haben sich die Preise der enthaltenen Top-Weine auf Sicht von zehn Jahren weit mehr als verdoppelt. Aufgrund der verschiedenen und speziellen Preiseinflussfaktoren sollten sich Interessenten zunächst ausführlich informieren oder von Experten beraten lassen, ehe sie zu dieser alternativen Anlageform greifen.

Immobilienblase und Öl-Crash

Das gilt auch für den Immobilienbereich. Wenig überraschend haben das Zinstief und die von den grossen Notenbanken ausgelöste Liquiditätsschwemme dieses beliebte Investmentfeld längst erreicht. Laut einem Report des Beratungsunternehmens Wüest & Partner legten die Angebotspreise für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser in der Schweiz zwischen Anfang 2005 und Ende vergangenen Jahres jeweils um rund 40% zu. In den Ballungszentren ist der Boom naturgemäss am stärksten ausgeprägt. Während eine gewisse Blasenbildung hier nur schwer von der Hand zu weisen ist, herrscht am Rohstoffmarkt regelrechte Katerstimmung. Seit Jahren fehlt vom vielfach zitierten Superzyklus in dieser alternativen Anlageklasse jede Spur. Bei vielen Waren trifft eine schleppende Nachfrage auf eine vergleichsweise komfortable Versorgungslage. Das gilt auch und gerade für Öl, den wichtigsten Vertreter des Segments. Seit dem zweiten Halbjahr 2014 geht es mit dem schwarzen Gold rasant talwärts. Nach einer kurzen Erholungsphase Anfang 2015 gaben die Notierungen ab Mai weiter nach. Ausgehend von mehr als USD 100 je Barrel stürzte die Notierung zwischenzeitlich bis auf rund USD 40 ab.

Hoher Investitionsbedarf

Im Grunde genommen wäre derzeit Geld im Überfluss vorhanden. Nur wird dieses bis anhin nur äusserst spärlich für Anlageinvestitionen eingesetzt. Dabei bestünde rund um den Globus ein enormer Bedarf an Investitionen in Strassen, Eisenbahnen, Stromnetze, See- und Flughäfen sowie soziale Einrichtungen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) brachte diese Notwendigkeit bereits im Jahr 2007 auf den Punkt: «Die langfristige zukünftige Leistung der OECD-Länder sowie der globalen Wirtschaft hängt zu einem wesentlichen Teil von der Verfügbarkeit einer adäquaten Infrastruktur ab.» Das McKinsey Global Institute (MGI) hat eine Schätzung für den globalen Investitionsbedarf vorgenommen. Für den Zeitraum 2013 bis 2030 kommen die Experten dabei auf die stattliche Summe von USD 57 Billionen.

Wachsende Bevölkerung und Mobilität

Neben dem Wirtschaftswachstum stellt die Entwicklung der Weltbevölkerung einen treibenden Faktor hinter dieser Prognose dar. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen (UN) soll sie vom heutigen Niveau aus bis 2025 um knapp eine Milliarde auf mehr als acht Milliarden Menschen zunehmen. Ein Vierteljahrhundert später könnte es demnach bereits 9.6 Milliarden Erdenbürger geben. Hauptverantwortlich für das Wachstum sind die Schwellen- und Entwicklungsländer. Daher überrascht es nicht, dass es mittlerweile Möglichkeiten gibt, gezielt auf den Infrastrukturboom dieser Regionen zu setzen. Neben aktiv verwalteten Investmentfonds buhlen Exchange Traded Funds um das Kapital der Anleger. An der SIX Swiss Exchange ist der ETF IEMI auf den S&P Emerging Markets Infrastructure Index kotiert. Die zugrunde liegende Benchmark beinhaltet Schwellenländer-Aktien aus den Sektoren Transport, Energie und Versorgung. Aus regionaler Sicht gab am 9. September China mit einem Anteil von 39,5% den Ton an. Brasilien stand für 16,4%, während Mexiko mit rund 10%, Südkorea mit 7,7% und Chile mit 6,5% die Top-Fünf-Länder vervollständigten. iShares veranschlagt für die passive Abbildung des Index eine jährliche Gesamtkostenquote von 0,74%. Alle sechs Monate reicht der Branchenkrösus anfallende Dividenden an die Fondsinhaber weiter. Der ETF geht grundsätzlich als alternatives Investment durch. Allerdings müssen Anleger die speziellen Risiken der Emerging Markets wie die mitunter stark ausgeprägte Volatilität beachten. Ein Umstand, der sich vor allem in schwachen Marktphasen negativ bemerkbar macht.

Anlageform mit Tradition

Wer nach einer vom allgemeinen Auf und Ab der Börsen weitgehend unabhängigen Positionierung sucht, kommt nur schwer am Hedgefonds, dem Klassiker der alternativen Anlagen, vorbei. Es zählt zu den Stärken dieser Investmentvehikel, Renditen zu erzielen, die nur gering mit herkömmlichen Anlageklassen korrelieren. Dabei handelt es sich keineswegs um einen kurzfristigen Trend, sondern um einen Ansatz mit Tradition. Bereits im Jahr 1949 legte Alfred W. Jones in den USA den ersten Hedgefonds auf. Der Harvard-Absolvent traute sich selbst die Fähigkeit zu, Aktien zu selektieren. Allerdings mangelte es ihm am richtigen Timing. Dieses Dilemma versuchte Jones zu lösen, indem er unterbewertete Aktien kaufte und gleichzeitig überbewertete Titel verkaufte. Dieses Long/Short-Konzept zählt bis heute zu den gängigsten Hedgefonds-Strategien (siehe Textkasten). Generell sind aktienbasierte Ansätze die Wachstumstreiber der Branche. Laut einem Report von Hedge Fund Research (HFR) steckten Investoren rund um den Globus allein im zweiten Quartal 2015 mehr als USD 21 Mrd. an frischem Kapital in Hedgefonds. Das war der grösste Quartalszufluss seit einem Jahr. Das Interesse konzentrierte sich dabei auf Equity Hedge und Relative-Value-Arbitrage-Strategien. Neben den Nettozuflüssen sorgte die positive Performance dafür, dass die insgesamt von dem Sektor verwaltete Kapitalsumme von Januar bis März um USD 95 Mrd. auf einen Rekordwert von USD 2.97 Bio. zunahm.

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Hedge-Fonds nicht abschreiben

Der HFRI Fund Weighted Composite Index erzielte im Vergleich zu US-Aktien im ersten Halbjahr 2015 eine Outperformance von 2,53%. Das war der höchste Wert seit dem ersten Halbjahr 2010. Marcus Storr, Head of Hedge Funds bei FERI, äusserte sich jüngst anlässlich des 4. FERI Hedgefonds Investmenttags wie folgt: «Angesichts des andauernden niedrigen Zinsniveaus greifen institutionelle Anleger wie Pensionskassen und Versorgungswerke im Moment stärker denn je zu alternativen Anlagen». Trotz dieser Erfolge haftet den Hedgefonds bei vielen Anlegern nach wie vor ein zweifelhafter Ruf an. Kaum Regulierung, mangelnde Transparenz und Liquidität sowie skrupellose, mitunter als «Heuschrecken» bezeichnete Manager – gerade seit der globalen Finanzkrise sind solche Attribute immer wieder zu hören. Diese Gemengelage rief die Anbieter von passiven Investments auf den Plan. Mehrere Häuser machten sich daran, Anlegern vergleichbare Chance-/Risiko-Profile zu offerieren, ohne dass diese ihr Kapital direkt in einen Hedgefonds allokieren müssen.

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Alternative Indexfonds

Eine Vorreiterrolle nahm die Deutsche Bank ein. Bereits im Herbst 2009 lancierte sie den weltweit ersten Hedgefonds-ETF. Das Produkt repliziert den hauseigenen Hedge Fund Index, welcher auf sechs Kernstrategien baut. Dabei bedient sich der Index des Hedgefonds-Universums der Deutschen Bank. Ihre 2002 eingerichtete Plattform umfasst eine breite Palette an aktiv verwalteten Fonds. Sie unterliegen strikten Risiko- und Liquiditätsvorgaben. Alle drei Monate erfolgt ein Rebalancing des Index. Aktuell geben Aktien-Strategien (Equity Hedge) mit einem Anteil von mehr als einem Drittel den Ton an. Punkten kann der db Hedge Fund Index vor allem mit einer tiefen Volatilität. Die historische Kursschwankungsbreite liegt seit Einführung bei weniger als 4%. In punkto Performance musste die Benchmark im vergangenen Jahr Federn lassen. Sie gab um knapp 2% nach. Allerdings nahm der Gradmesser zuletzt wieder Fahrt auf und setzte damit die stabile, langfristige Aufwärtsentwicklung fort. Insofern ist der CHF 409 Mio. (31.7.) schwere Hedgefonds-ETF vor allem als dauerhafte Depotbeimischung interessant. Qualifizierte Anleger können den passiven Fonds an der SIX in der Handelswährung Franken (Symbol: XHFC) kaufen. Deutsche Asset & Wealth Management repliziert den Index synthetisch – es kommen also Swaps zum Einsatz. Die Pauschalgebühr beträgt 0,90% p.a.

Mit 30 Basispunkten weniger begnügt sich die UBS bei ihrem vor gut vier Jahren lancierten ETF HFCHAS auf den HFRX Global Hedge Fund Index. Diese Benchmark fährt einen im Prinzip mit dem Gradmesser der Deutschen Bank vergleichbaren Ansatz. Am Anfang eines mehrstufigen Auswahlprozesses nimmt HFR rund 6’000 Hedgefonds unter die Lupe. Aus diesem grossen Fundus filtert der Indexanbieter nach bestimmten Kriterien aussichtsreiche Anlagevehikel heraus. Dabei sollen alle gängigen Hedgefonds-Strategien abgedeckt werden. Zudem kommen nur Manager infrage, die mindestens USD 50 Mio. verwalten und transparent sowie offen für frisches Kapital sind. Trotz der stimmigen Methodik kommt der aktuell mit 38 Hedgefonds bestückte Index nicht in die Gänge. Seit seiner Einführung verbilligte sich der UBS-ETF um mehr als 10%. Daher überrascht es nicht, dass das verwaltete Vermögen bei weniger als CHF 50 Mio. liegt.

 

«Heuschrecken» im Zertifikate-Mantel

 

Auf eine Historie von mehr als zwei Jahrzehnten blickt der Dow Jones Credit Suisse AllHedge Index zurück. Seit 2004 erreicht der Gradmesser eine annualisierte Rendite von 2.78%. Das darauf basierende Open-end-Tracker-Zertifikat ALLHG der Credit Suisse würde im Grunde genommen eine interessante alternative Möglichkeit darstellen, dem widrigen Umfeld in der Vermögensverwaltung zu trotzen. Es wird allerdings, gemäss Thomas Schmidlin, nicht länger aktiv vermarktet. Somit fällt es leider aus den Traktanden.

 

Volatilität – nur etwas für Profis

Immer wenn es an den Finanzmärkten hektischer wird, schlägt die Stunde der Anlageklasse der Volatilität. Sie entwickelt sich zumeist konträr zu ihren Basiswerten. Geht es an den Börsen den Bach hinunter, dann steigen die Schwankungen rapide an und umgekehrt. Da aber eine Investition auf die Volatilität nur über Futures abgewickelt werden kann, spielt die Erwartung eine entscheidende Rolle. Anleger, die auf einen Anstieg setzen, sollten dies daher vor einem erwarteten Einbruch tun, ansonsten ist der Effekt nur noch minimal, wenn überhaupt. Viele Konzepte, die auf der Anlageklasse basieren, konnten die Erwartungen, die sie weckten, nicht erfüllen.. Dazu zählen die beiden an der SIX gehandelten ETFs VOLT und MHDU. Privatanleger sollten von diesen Vehikeln die Finger lassen. Tauglich, zumindest für das Ausnutzen kurzfristiger Trends, sind die an der SIX STP gehandelten CLCs der Commerzbank auf den VIX CBOE Volatility Index sowie den VSTOXX Future. Mit deren Long-Versionen (Faktor 1 und 2) CBVX2L, CBVIXL, CBVS2L und CBLVST konnte in den vergangenen Wochen ein schönes Sümmchen verdient werden. Im Oktober dürfte die Entwicklung aller Voraussicht nach noch anhalten. Danach müsste wohl erneut auf die Short-Seite gewechselt werden.

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