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payoff Focus

AMCs – «aktive Fonds» im Taschenformat

29.05.2015 6 Min.
  • Dieter Haas

Derivate mit dynamischer Struktur und diskretionärer Verwaltung erfreuen sich dank ihrer unkomplizierten und schnellen Umsetzung sowohl bei den Emittenten als auch bei Vermögensverwaltern grosser Beliebtheit.

Wer eine Idee, eine eigens entwickelte Strategie, schnell und unbürokratisch umsetzen möchte, der greift des Öfteren auf «actively managed certificates» (AMCs) zurück. Sie sind das Pendant zu aktiv verwalteten Fonds. Als Strategieberater figurieren entweder hauseigene Experten des Emittenten oder externe Fachkräfte. Im letztgenannten Fall handelt es sich in der Regel um Vermögensverwalter, kleinere Finanzinstitute oder spezialisierte Unternehmen. Das Ziel der meisten AMCs ist die Erzielung einer Outperformance im Vergleich zu statischen Anlageprodukten wie simplen, statisch konstruierten Baskets. Gemäss Artikel 11 der Richtlinie betreffend Forderungsrechte mit besonderer Struktur gelten Anlageprodukte als AMCs, sofern deren Basiswerte diskretionär verwaltet werden. AMCs können sich direkt auf einen diskretionär verwalteten Basket oder indirekt auf einen darauf basierenden Index als Basiswert beziehen. Bei der diskretionären Vorgehensweise gibt es keine festen Regeln für die Anlageentscheidung im Unterschied etwa zu den häufig als Basiswerte eingesetzten Indizes von Solactive (www.solactive.com/de/aktien-indizes/solactive-indizes/). Diese sind immer regelbasiert. Ein Indexleitfaden auf der Webseite beschreibt die jeweils angewandten Kriterien.

AMCs unterliegen Auflagen

An der SIX Structured Products (SIX STP) kotierte AMCs unterliegen besonderen Auflagen. Dazu zählt ein Market Making Agreement, eine Meldepflicht bei Fehlabschlüssen, eine Auskunftspflicht gegenüber SIX Structured Products Exchange AG und dem Regulatory Board sowie eine bei der Emission fixierte Anlagestrategie. Gemäss Artikel 11 Absatz 3 gilt ein Indexprodukt dann als AMC, wenn der Index ganz oder teilweise diskretionär verwaltet wird oder nicht frei lizenzierbar ist (sog. «tailor-made» Index). Aktiv gehandelte Zertifikate beinhalten im Termsheet in der Regel den Begriff dynamisch oder aktiv bewirtschaftet. Als Produkttyp werden in der Mehrzahl der Fälle Tracker-Zertifikate gewählt. Eine beachtliche Minderheit setzt auf Kapitalschutz-Zertifikate.

Börse gibt Ton an

Die Zulassungsstelle von SIX Exchange Regulation entscheidet aufgrund des Zusatzreglements für die Kotierung von Derivaten und der Richtlinie betreffend Forderungsrechte mit besonderer Struktur, ob ein kotiertes Zertifikat als AMC eingestuft wird. Gemäss Auskunft der SIX STP kommt die Zulassungsstelle aus Gründen der Rechtssicherheit auf einen gefällten Entscheid über die Klassifikation nur sehr selten zurück.

Viele Zertifikate ohne Kotierung

Etliche AMCs werden nur ausserbörslich gehandelt, sei es aus Kostenüberlegungen oder sei es, weil sie vorwiegend internen Charakter aufweisen. Vermögensverwalter setzen AMCs häufig ein, um spezifische Strategien in Kundenportfolios kostengünstig umzusetzen. Sie haben oft kein Interesse, ihre Ideen einem öffentlichen Publikum zugänglich zu machen. Ein typisches Beispiel hierfür ist das AMC-Gateway von Leonteq Securities. Es bietet Kunden eine integrierte webbasierte Lösung für die Erstellung personalisierter AMCs. Das rege benutzte Tool wird vor allem für Privatplatzierungen benutzt. Nur vereinzelte Berater nutzen zusätzlich den Absatzkanal der SIX Structured Products Exchange.

Notwendige Prospektangaben

Gemäss Artikel 13 der Richtlinie betreffend Forderungsrechte mit besonderer Struktur muss der Prospekt eines AMC nebst den Auflagen gemäss Schema F Angaben enthalten zur Anlagestrategie, Kostentransparenz (Gebühren, Dividendenbehandlung, Rebalancing) sowie einen Hinweis, dass es sich beim AMC nicht um eine kollektive Kapitalanlage im Sinne des Bundesgesetzes über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG) handelt. Die eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma gibt Richtlinien zur Abgrenzung vor (www.finma.ch/d/faq/beaufsichtigte/seiten/faq-strukturierte-produkte.aspx). In den seit 1. März 2015 in Kraft gesetzten Richtlinien über die Information der Anlegerinnen und Anleger zu Strukturierten Produkten (www.finma.ch/d/regulierung/Documents/20140909-4500-BRO-Strukturierte%20Produkte_DEF-d-DTS.pdf) werden die Anforderungen an AMCs noch etwas präziser abgefasst. So muss auf der ersten Seite des vereinfachten Prospekts, an prominenter Stelle und in Fettdruck, auf die dynamische Verwaltung hingewiesen werden. Zudem müssen mindestens die folgenden Angaben im Termsheet enthalten sein: die Eckwerte der Anlagestrategie, der Verwalter, die Verwaltungskommission, die Angabe, wo die Information zur Anlagestrategie kostenfrei bezogen werden kann und die Angabe, bei welcher Stelle die aktuelle Zusammensetzung des Basiswerts zugänglich ist, offengelegt werden.

AMCs vs. aktive Anlagefonds

Im Unterschied zu einem aktiv gemanagten Anlagefonds dürfen die Veränderungen im Basiswert nur im Rahmen der definierten Anlagestrategie erfolgen. Diese bleibt für die gesamte Laufzeit verbindlich. Bringt die dahinter steckende Idee nicht das gewünschte Resultat, können keine Justierungen mehr vorgenommen werden. Für den Erfolg eines AMCs spielt das zugrunde liegende Konzept somit die alles entscheidende Rolle. Von Aussenstehenden lässt sich dieses wegen der diskretionären Natur der Anlageentscheidungen nicht nachvollziehen. Allfällige Käufer müssen daher dem Berater vertrauen, resp. überzeugt sein, dass dieser über ein Wissen verfügt, welches die Chance auf überdurchschnittliche Erträge bietet. Rückrechnung oder Backtesting der Anlagestrategie, sofern vorhanden, geben einen Hinweis auf die Güte einer angewandten Strategie. Sie sind jedoch keine Blaupausen für die Zukunft.

Richtig Suchen

Bis dato gibt es keine Screening-Möglichkeit, die kotierte, geschweige denn nicht kotierte AMCs mit Leichtigkeit auffinden lässt. Die derzeit umfassendste Übersicht findet sich auf der Webseite: www.six-structured-products.com/de/ueber-uns/boerslicher-handel/market+maker. Sie zeigt alle von der SIX STP als AMC eingestuften, gelisteten Anlageprodukte. Ende des ersten Quartals 2015 waren 165 AMCs registriert. Der Hauptharst entfiel auf AMCs der Zürcher Kantonalbank. Der Typus wird des Weiteren rege benutzt von der Banque Cantonale Vaudoise, der Bank J. Safra Sarasin und der Neuen Helvetischen Bank. UBS, die Bank Vontobel, die Credit Suisse, Bank Julius Bär und Leonteq Securities haben nur ganz wenige oder gar keine AMCs offiziell an der SIX STP kotiert. Sie wickeln das Geschäft mit den AMCs vorwiegend ausserbörslich ab. Gezielte Suchhilfen gibt es auf den entsprechenden Webseiten bis dato nicht. Ein Auffinden ist daher mit viel Arbeit verbunden.

 

Informationen der Emittenten

Eine Umfrage unter den wichtigsten Emittenten von AMCs offenbarte einige Unterschiede. Während die einen bewusst die Mehrzahl kotiert, verzichten andere vollständig darauf. Die UBS benutzt den Produkttyp praktisch ausschliesslich für externe Anbieter. Demgegenüber setzt die Credit Suisse das Instrument grösstenteils für hauseigene Strategien ein. Bei der Frage nach der notwendigen Grösse differierten die Antworten stark. Die Spanne lag zwischen CHF 3 und 10 Mio. Gemäss Artikel 11 des Zusatzreglements für die Kotierung von Derivaten muss die Mindestkapitalisierung von Derivaten zum Zeitpunkt der Einreichung des Gesuches CHF 1 Mio. betragen. Diese Mindestgrösse gilt auch für AMCs. Eine allfällige Währungsabsicherung für einen internationalen Aktienbasket wird meistens via Hedging gemacht. Quantolösungen sind weniger beliebt. Konkrete Kostenanfragen anhand eines definierten fiktiven Beispiels wurden in der Regel nur vage beantwortet. Die Emittenten lassen sich offensichtlich nicht gerne in ihre Karten schauen. Löbliche Ausnahmen wie die Leonteq Securities waren leider die Ausnahme. Das Geschäft mit den AMCs läuft bei den befragten Emittenten derzeit wie geschmiert. Individuelle, massgeschneiderte Strategien stehen hoch im Kurs.

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