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payoff Focus

Anlageausblick 2016: Erfolgreiche Strategien für Investoren

20.11.2015 10 Min.
  • Dieter Haas

Getreu dem Motto «Neues Jahr, neues Glück» haben wir die führenden Finanzexperten der Schweiz nach ihrer Einschätzung befragt. Aktien sind en vogue, Obligationen dagegen eher unbeliebt. Bei Energie differieren die Meinungen, während von den Edelmetallen keine positiven Impulse erwartet werden.

Ertragreiche Anlagestrategien werden immer rarer – aber sie sind nicht verschwunden. Es verwundert daher nicht, dass die an unserer Umfrage teilgenommenen Kenner der Materie auch im neuen Jahr primär Aktien als favorisierte Anlageklasse nennen. Sofern sich ihre Prognosen bewahrheiten, wäre es das achte positive Jahr, ein historisches Novum. Der ungebrochene Optimismus wird vor allem befeuert durch die expansive Geldpolitik der Notenbanken rund um den Globus. In Europa setzte jüngst Mario Draghi, der Präsident der EZB, ein klares Signal. «Es ist eine offene Frage, ob und wie die Einlagenzinsen abgesenkt werden», so der EZB-Präsident vor wenigen Tagen im Interview mit einer italienischen Wirtschaftszeitung. Auch die Bank of Japan will weiterhin ihre Geldschleusen weit offen halten. In China bemüht sich die People‘s Bank of China um bessere Rahmenbedingungen. Einzig die Federal Bank der USA stemmt sich zumindest verbal gegen den Trend. Deren Präsidentin Janet Yellen lässt immer wieder durchblicken, dass eine Leitzinserhöhung in Bälde anstehen dürfte. Ob die stetig sich wiederholenden Ankündigungen irgendwann auch tatsächlich umgesetzt werden, steht jedoch in den Sternen. Einerseits zeigt die US-Wirtschaft vermehrte Anzeichen einer Abschwächung und andererseits ist das globale Umfeld u.a. China konjunkturell alles andere als robust. Eine Trendwende der Zinsen in den USA hätte voraussichtlich negative Auswirkungen auf die Entwicklung an den Finanzmärkten. Das lässt sich am Beispiel Japans aufzeigen. Deren Notenbank verfolgt seit Ende Februar 1999 de facto eine Nullzinspolitik. Bei den zweimaligen Versuchen einer Leitzinserhöhung im August 2000 bzw. ab Juli 2006 reagierte die Börse anschliessend mit deutlichen Kursverlusten. Es ist der Bank of Japan somit bis dato nicht gelungen, eine Zinswende einzuleiten. Wegen der parallel dazu stark gestiegenen Staatsverschuldung wird eine solche je länger, je unwahrscheinlicher. Die für Japan geschilderte Entwicklung zeigt sich inzwischen immer deutlicher auch in Europa und den USA. Auch hier geraten die Notenbanken immer mehr in die Zinsfalle. Der im Folgenden beschriebene Optimismus der meisten Experten für die Börsen hängt somit am Gängelband der künftigen Geldpolitik der USA. Verhält sie sich passiv, ist die geschilderte Mehrheitsmeinung wahrscheinlich. Falls der Zinspessimismus, den viele hegen, durchschlägt, dürften die Einschätzungen für 2016 wohl grösstenteils obsolet werden. 

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Enttäuschendes 5er-Jahr

 

Das laufende Jahr blieb bis jetzt hinter den Erwartungen zurück. In Lokalwährung liefern sich Inlandobligationen, Immobilien Schweiz und Ausland sowie Aktien Europa ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Wer am Jahresende die Nase vorne haben wird, lässt sich nicht vorhersagen. Gute Chancen besitzen die ausländischen Immobilienanlagen, aber auch die europäischen Aktien liegen gut im Rennen. Die Verlierer des Jahres waren bislang der Aktienindex der Schwellenländer, Rohöl sowie das Wechselkurspaar EUR/CHF. Letzteres wurde Opfer der Mitte Januar erfolgten Aufhebung des Währungspeg durch die SNB. Zwar vermochte sich der Euro nach dem ersten Schock vermutlich mit Unterstützung unserer Währungshüter zu berappeln. Der erlittene Kursverlust von rund 10% ist dennoch erheblich und eine nicht zu unterschätzende Belastung für die Exportindustrie. Durch die abrupte Kehrtwende der SNB wurden die Experten, die vor einem Jahr unisono von einer Höherbewertung des USD zum CHF ausgegangen waren, auf dem falschen Fuss erwischt. Trotz Zinsen nahe der Null-Prozent-Grenze vermochten sich die Anleihemärkte zu behaupten. Eine Zinswende, wie sie vor zwölf Monaten mehrheitlich prognostiziert wurde, trat nicht ein. Bei den Edelmetallen Gold und Silber haben die Abtriebskräfte nachgelassen. Ein Bruch des mehrjährigen negativen Trends lässt aber weiter auf sich warten.  

Experten sehen Aktien 2016 weiter im Aufwind

Ungeachtet der durchzogenen Erträge und des heftigen Börsengewitters im August/September halten die Experten den Aktien weiter die Stange. Laut Thomas Steinemann (Bellerive) «bleiben Schweizer Unternehmen sowohl für in- als auch ausländische Investoren attraktiv». Christian Gattiker (Bank Julius Bär) empfiehlt eine «Übergewichtung der Small und Mid Caps im Vergleich zum Gesamtmarktindex SPI». Etwas vorsichtiger lautet die Einschätzung von Fabian Dori (Notenstein Privatbank). Er sieht die Schweizer Börse «relativ hoch bewertet» und stuft sie wegen eines eher schwachen Makroumfelds für 2016 mit «neutral» ein. Einhellig positiv wird Europa gesehen. Für Fabian Dori sind stellvertretend die expansive Geldpolitik der EZB, der tiefe Ölpreis und der schwache Aussenwert des Euros die treibenden Faktoren. Dem Ende der Fahnenstange nähern sich dagegen die USA. Hier haben sich die Prognosen im Jahresvergleich eingetrübt. Als Gründe für die Zurückhaltung nennt Thomas Steinemann die restriktive Geldpolitik. Als einziger Bär outete sich Fabian Dori. Ihm machen die hohe Bewertung, das schwache Gewinnwachstum und rückgängige Gewinnmargen den Markt 2016 zum «Underperformer». Mehrheitlich skeptisch werden unverändert die Emerging Markets gesehen, auch wenn einzelne Länder wie Indien, Korea und zumindest in Lokalwährung Südafrika gemäss Christian Gattiker besser abschneiden dürften. Doch Aktienexposure ist nicht gleich Aktienexposure. «Beta allein – also schlicht einem Aktienmarkt folgen – ist nicht mehr genug. Der Anlagekern des Portfolios sollte mit Strategien, die sich mit Smart Beta und reduziertem Down-Side-Risiko befassen, angereichert werden», rät Andrew Pyne, Produktmanager und Anlagestrategist bei PIMCO, mit USD 1,47 Billionen unter Verwaltung, einem der grössten Asset-Manager der Welt. 

Erträge mit Obligationen – trotz Tiefzinsumfeld

Das derzeitige Tiefzinsniveau macht es sehr schwierig mit Obligationen-Portfolios effektiv Geld zu verdienen. So sieht beispielsweise Anja Hochberg (Credit Suisse) in der Peripherie der Eurozone die grösseren Renditechancen als in den Kernländern, stuft die beiden angesprochenen Regionen insgesamt aber neutral ein. Die Risiken sind dort letztlich erhöht. Für inländische Obligationen in Schweizer Franken ist die Mehrheit der befragten Investmentexperten bärisch. Gegen die Schweiz spreche vor allem das unattraktive Zinsniveau. Generell einen alternativen Ansatz für hohe laufende Erträge im Anleihen-Depot empfiehlt Jürg Rimle (PIMCO Schweiz). Er rät auf eine Diversifikation der Ertragsquellen zu setzen. Dies hat den Vorteil, dass sich der Anleger auf der Suche nach vermeintlich höheren Renditen nicht zwingend auch höhere Risiken in das Portfolio einkauft. «Wir nutzen flexibel die Chancen der einzelnen Segmente im Obligationen-Markt und wenden gleichzeitig ein striktes Risiko-Management an» erklärt PIMCO-Schweiz-Chef Rimle die Strategie für den von Group CIO Dan Ivascyn mitverantworteten PIMCO GIS Income Fund. 

Verhaltener Optimismus bei Immobilien

Im Immobiliensektor Schweiz geistert immer wieder das Schreckgespenst einer drohenden Blasenbildung umher. Keiner der Finanzfachleute erachtet die derzeitige Lage aber als unmittelbar gefährlich. Einiges scheint in den Preisen allerdings inzwischen eskomptiert, weshalb die Mehrheit eine neutrale Meinung vertrat. Einzig Martin Hüfner (Assénagon) ist bullisch für die Schweiz. Während für die Schweiz die Luft langsam dünner wird, räumt die Hälfte der befragten Experten den Immobilien Ausland im kommenden Jahr ein lohnenswertes Kursgewinnpotenzial ein. Daniel Kalt setzt 2016 dabei bevorzugt auf börsennotierte Immobilien der Regionen USA, Japan und Hong Kong. Anastassios Frangulidis sieht Chancen in Deutschland, Spanien und Irland. 

Rohstoffe – die drei Fragezeichen

Rohstoffe, glaubt man den Experten, werden es auch 2016 schwer haben. Trotz der mehrjährigen Baisse sieht keiner lohnenswerte Ertragsperspektiven für die Edelmetalle, obwohl Daniel Kalt von einer steigenden Nachfrage bei Gold ausgeht. Gemäss Thomas Steinemann wird das gelbe Metall künstlich tiefgehalten. Das unsichere wirtschaftliche und politische Umfeld spräche eigentlich für höhere Notierungen. Gemäss Fabian Dori bleibt Gold eine Versicherungskomponente und ein Baustein in einem diversifizierten Portfolio, auch wenn das Makroumfeld bzw. die Fundamentaldaten derzeit wenig konstruktiv seien. Licht am Ende des Tunnels orten einige der Experten bei Rohöl, auch wenn die Hälfte der Befragten mit einer Fortsetzung der Talfahrt beim schwarzen Gold rechnet. Thomas Steinemann äusserte sich wie folgt: «Die OPEC will die Vorherrschaft im globalen Ölgeschäft zurückgewinnen und Russland und die Schieferindustrie in den USA ‚platt‘ machen.» Seiner Meinung nach wird daher das Überangebot im Markt anhalten und den Preis tief halten. Bis zur Erreichung eines neuen Angebots-Nachfrage-Gleichgewichtes wird es laut Fabian Dori einer längeren Phase bedürfen. Der Markteintritt Irans wird es laut Anastassios Frangulidis nicht leichter machen, das bestehende Überangebot abzubauen. Als einzige Vertreter bullisch für Rohöl waren Daniel Kalt und Anja Hochberg, ohne aber ihre Prognosen genauer zu spezifizieren. 

Schwächerer US-Dollar nicht ausgeschlossen

Der US-Dollar wird 2015 seinen Aufwärtstrend fortsetzen. Darin waren sich vor einem Jahr alle Umfrageteilnehmer einig. Als Begründung nannte Anja Hochberg die zu erwartende unterschiedliche Geldpolitik der Schweiz im Vergleich zu den USA. Bislang war eine solche aber nur rhetorisch auszumachen. Nichtsdestotrotz rechnet immer noch die Mehrheit mit steigenden Kursen des Greenback zum Schweizer Franken. Anastassios Frangulidis und Anja Hochberg nennen dabei die unterschiedliche Geldpolitik als Triebfeder für ihren Optimismus. Sowohl für Thomas Steinemann als auch für Fabian Dori ist eine allfällige US-Zinserhöhung hingegen weitestgehend eingepreist. Sie sollte daher den Markt nicht mehr bewegen. Laut Thomas Steinemann könnte ein weiteres Zuwarten der US-Notenbank, welches seiner Ansicht nach immer wahrscheinlicher wird, den USD in 2016 belasten. Beim EUR/CHF-Wechselkurs rechnete in der letztjährigen Umfrage mit Ausnahme von Thorsten Polleit (Polleit & Riechert) niemand ernsthaft mit einer Aufhebung der Euro-CHF-Untergrenze bei 1.20. Wie so oft kam es anders als man dachte. Für 2016 sprechen gemäss Fabian Dori die Negativzinsen für eine weitere Aufwertung des Euros und der hohe Leistungsbilanzüberschuss und die lockere Geldpolitik der EZB dagegen. In der Summe würden sich die Pros und Kontras wohl die Waage halten. Anastassios Frangulidis und Anja Hochberg wiesen auf die Überbewertung des Frankens hin, die gegen eine stärkere Euroschwäche sprächen.  

Warten auf Befreiungsschläge

Die Prognosen der Finanzexperten sind summa summarum verhalten. Richtige Kracher sind Mangelware. Respektable Erträge lassen sich bei Zinsen nahe oder sogar unter null weiterhin nur mit erhöhten Risiken erzielen. Ob sich diese auszahlen werden, bleibt offen. Mit seiner Prognose des persönlichen Favoriten lehnte sich Thomas Steinemann am weitesten aus dem Fenster. Er sieht bei den Rohstoffaktien, dem diesjährigen Schlusslicht im Branchenranking, Chancen für positive Überraschungen in 2016. Als Begründung nannte er das Verhältnis des Gesamtmarktes zum Sektor. Dieses befände sich auf demselben Höchststand wie im Jahre 2000 und könnte eine Trendwende bedeuten. Einmal mehr wird die US-Geldpolitik das Zünglein an der Waage sein. Leitet sie tatsächlich eine Trendwende ein, wäre dies unserer Meinung nach negativ für die Aktienmärkte und würde die verhalten positiven Einschätzungen der Experten vermutlich Lügen strafen. Anderer Meinung ist Martin Hüfner. Er rechnet damit, dass eine Zinserhöhung – wie auch immer die aktuellen Daten in den USA und der Weltwirtschaft sind – ein Befreiungsschlag wäre, auf den die Märkte positiv reagieren würden. In zwölf Monaten wird sich zeigen, in welche Richtung das Pendel ausgeschlagen hat.  

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