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payoff Focus

Anlagestar Deutschland

07.09.2017 7 Min.
  • Martin Raab

Fundamentaldaten und Bewertung sprechen dafür, dass der deutsche Aktienmarkt nach einem kleinen Sommerloch seine Rekordjagd bald wieder aufnimmt. Pünktlich zur Bundestagswahl testen wir Europas grösste Volkswirtschaft auf Herz und Nieren und stellen aussichtsreiche Anlageideen vor.

Die grossflächigen Wahlplakate sind montiert, doch eigentlich ist das Rennen schon gelaufen. So wie es aussieht, wird Angela Merkel am 24. September triumphal die Bühne im Berliner Konrad-Adenauer-Haus betreten. In der Zentrale der Christlich Demokratischen Uni-on (CDU) dürften ihr die Parteimitglieder einen euphorischen Empfang bereiten und zum Sieg bei den Bundestagswahlen gratu-lieren. Wenige Wochen vor dem Urnengang sprechen die Umfragen eine eindeutige Sprache: Die Union aus CDU und CSU führt mit rund 40 Prozent klar vor der von Kanz-lerkandidat Martin Schulz angeführten SPD. Dabei war die vierte Amtszeit für die erste weibliche Regierungschefin der Bun-desrepublik lange Zeit alles andere als eine ausgemachte Sache. Wäre die Wahl ein Jahr früher gewesen, wären Merkel und die CDU bundesweit ruiniert gewesen. Das von der Bundeskanzlerin mitverant-worte Flüchtlingschaos, mit katastrophalen Folgen für die deutsche Innenpolitik, hätte ihr um Haaresbreite zum fatalen Verhängnis werden können. Doch das Glück ist auf Angela Merkels Seite.

Deutsche Wirtschaft in Top-Form

Mit stoischer Ruhe und dem richtigen Instinkt hat die 63-jährige sowohl den Rivalen in den eigenen Reihen als auch ihrem sozialdemokratischen Herausforderer sprichwörtlich das Wasser abgegraben. Auf dem Weg zur Wiederwahl spielen Merkel natürlich die rückläufigen Flüchtlingszahlen in die Hände. Kräftiger Rückenwind kommt zudem von Seiten der Konjunktur: «Die deutsche Wirtschaft befindet sich in blendender Verfassung», bringen die Ökonomen von M. M. Warburg & Co die Lage auf den Punkt. Sie verweisen unter anderem auf den Ifo-Geschäftsklimaindex. In der Tat markierte dieser viel beachtete Frühindikator zuletzt drei Rekordwerte in Folge (siehe Grafik). «Während die Aufschwünge in der Vergangenheit hauptsächlich von den Unternehmen getragen wurden, haben jetzt die Privathaushalte das Zepter übernommen», stellt das Warburg-Researchteam fest. Die Privatbank denkt daher darüber nach, die Wachstumsprognose für 2017 nach oben zu revidieren. Bis dato geht Warburg davon aus, dass sich das deutsche Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr um 1.5% erhöht. Die Wählerschaft hat somit keinen Grund aus wirtschaftlichen Gründen einen Machtwechsel einzuläuten.

«Die Wahl ein Jahr früher und Merkel wäre ruiniert gewesen – dank dem mitverantworteten Flüchtlingschaos.»

 

Eurostärke gegenüber US-Dollar absehbar

Doch könnte das positive Szenario durch den Euro ins Schwanken kommen. In den vergangenen Monaten erlebte die Einheitswährung eine regelrechte Aufwertungswelle. In US-Dollar gerechnet verteuerte sich der Euro 2017 bis dato um 11.9%. Zu-nächst liess die Rallye beim FX-Duo EUR/USD den deutschen Aktienmarkt relativ kalt. Erst in den Sommermonaten kamen zusehends Sorgen vor einer Gefährdung der wichtigen Exportindustrie auf. Gegenüber dem am 20. Juni markierten Allzeithoch von 12’951.54 Punkten setzte der DAX innert zwei Monaten um mehr als 6% zurück. Zu den grössten Verlierern zählten die Aktien von BMW, Daimler und Volkswagen. Allerdings bremste die Autokonzerne nicht nur die Euro-Rallye aus. Darüber hinaus und deutlich stärker machen dem Trio Kartellvorwürfe sowie der enorme Vertrau-ensverlust bei Dieselmotoren zu schaffen. Wegen manipulierter Abgaswerte, zu hoher Stickstoffemissionen sowie drohender Fahrverbote in Städten sind die Verkaufszahlen bei Fahrzeugen dieser Antriebsart massiv eingebrochen. Die jüngsten Zahlen der deutschen Vorzeigeindustrie konnten sich dennoch sehen lassen. BMW, Daimler und Volkswagen steigerten das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) im zweiten Quartal jeweils deutlich.

 

«Neben starker Konjunk-tur, erfolgreichen Unter-nehmen und expansiver Geldpolitik spricht
die Bewertung für den deutschen Aktienmarkt.»

 

Berichtssaison der Superlative

Generell hat der DAX eine überzeugende Berichtssaison hingelegt. Laut einer Aus-wertung des Beratungsunternehmens EY steigerten die 30 Indexmitglieder ihre kumulierten Umsätze im zweiten Quartal gegenüber der Vorjahresperiode um 6% auf 344.4 Milliarden Euro. Beim Ebit stellt EY ein Wachstum von 31% auf den Spitzen-wert von 39.2 Milliarden Euro fest. Laut Mathieu Meyer, Mitglied der Geschäftsfüh-rung bei EY, haben neun DAX-Mitglieder ihre Umsatz- oder Gewinnprognose für das Gesamtjahr im Rahmen der jüngsten Zwischenberichte nach oben korrigiert. Lediglich zwei Unternehmen hätten eine Gewinn- respektive Umsatzwarnung abgegeben. «2017 dürfte also ein Rekordjahr werden» resümiert Meyer. Allerdings sieht er auch Risiken. Neben der Euro-Aufwertung zählt der EY-Manager die steigenden Rohstoffpreise sowie die Situation in Grossbritannien auf – die mit den Brexit-Verhandlungen einhergehende Ver-unsicherung droht die Konjunktur auf der Insel abzuwürgen.

DAX-Konzerne immer noch im Aufwind

Dagegen profitieren die DAX-Konzerne vom allgemeinen Aufschwung in Europa. 2016 fuhren die 30 Unternehmen die Hälfte ihres Geschäftes auf dem alten Kontinent ein (siehe Grafik). Die Tatsache, dass dazu grosse Euro-Länder wie der Nachbar Frankreich, Spanien oder Italien zählen, relativiert das Gefährdungspotenzial der Währungsaufwertung. Ausserdem dürfte mit den jüngsten Euro-Avancen ein Teil der möglichen geldpolitischen Drosselung bereits eingepreist sein. Die Europäische Zentralbank (EZB) macht bis dato keiner-lei Anzeichen, an der Zinsschraube zu drehen. Allenfalls könnte sie im Herbst in eine Diskussion über die Zukunft des mil-liardenschweren Anleihekaufprogramms einsteigen. 

Faire Bewertungsniveaus

Neben starker Konjunktur, erfolgreichen Unternehmen und expansiver Geldpolitik spricht die Bewertung für den deutschen Aktienmarkt. Analysten gehen im Schnitt davon aus, dass die Gewinne der 30 DAX-Werte im laufenden Jahr um knapp 14% steigen. Für 2018 indiziert der Konsens eine abermalige Verbesserung um 7.2% (siehe Grafik). Auf dieser Basis beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für den DAX momentan 12.4. Womit der deutsche Hauptindex in Relation zum Euro Stoxx 50 einen Abschlag von knapp 7% aufweist. Gegenüber anderen namhaften Börsen-gradmessern wie dem heimischen SMI oder der US-Benchmark S&P 500 beträgt der Discount sogar ein Fünftel und mehr. Kurzum: In einem diversifizierten Portfolio hat der DAX weiterhin einen festen Platz verdient.

 
Das Beste aus zwei Welten

Einfach, kostengünstig und transparent lässt sich über den Exchange Traded Fund (ETF) XDAX in die «Beletage» des deutschen Aktienmarktes investieren. Das Deutsche- Bank-Label db x-trackers verwaltet in die-sem passiven Produkt rund 4.5 Milliarden Schweizer Franken und kommt dabei mit einer tiefen Gesamtkostenquote von 0.09% p.a. aus. Seit jeher tummeln sich in Deutschland besonders viele erfolgreiche Familienunternehmen. Diesem Segment hat sich Vontobel mit dem Tracker-Zertifikat VZDFD verschrieben. Das strukturierte Produkt bildet den DAXPlusFamily 30 Index ab. In der Benchmark sind Unternehmen enthalten, bei denen die Gründerfamilie mindestens einen Stimmrechtsanteil von 25% hält. Ist sie in Vorstand oder Aufsichtsrat vertreten, reicht eine Beteiligung von wenigstens 5%. Von sämtlichen, im Prime Segment der Frankfurter Börse gelisteten Aktien, die es durch dieses Raster schaffen, ziehen die 30 Schwersten (gemessen an ihrer Marktkapitalisierung) in den Index ein. Mit Fresenius, Henkel, Merck und SAP vier DAX-Werte in der aktuellen Zusammenstellung zu finden.

Mittelstand fürs Portfolio

Den Ton geben jedoch eindeutig erfolg-reiche Small und Mid Caps an. Dazu zäh-len beispielsweise der Ticketvermarkter CTS Eventim, die Autovermietung Sixt oder das TecDAX-Schwergewicht United Internet – bei allen drei Konzernen zeichnen die Gründer für einzigartige Wachstumsstories verantwortlich. Wenig überraschend hat der Family 30 Index im langfristigen Vergleich mit dem DAX die Nase eindeutig vorne (siehe Grafik). Für die Fans von Ren-diteoptimierungsstrukturen ist der Barrier Reverse Convertible KABGPU interessant. Die UBS bringt hier die gebeutelten Autobauer BMW, Daimler und Volkswagen zusammen. Per 12. November 2018 macht das Trio eine Seitwärtsrendite von 10.2% p.a. möglich. Voraussetzung: Keine Aktie fällt bis dahin auf oder unter die Barriere.

Aktuell verfügt selbst «Worst Performer» Daimler über einen Risikopuffer von annähernd einem Drittel. Halter des Produkts können also sowohl den anstehenden Bundestagswahlen als auch dem weiteren Fortgang der Abgas- und Kartellproblematik relativ gelassen entgegenblicken. Ähnlich gelassen kann es Angela Merkel auf sich zukommen lassen. Einziger Rivale ist aktuell Christian Lindner, Chefstratege und medialer Frontmann der wiederauferstandenen FDP. Diesem wird zugetraut starke Stimmenzuwächse einzukassieren, doch laufen die Wetten, dass die CDU die magische 40 Prozentmarke mit elegantem Schwung nimmt, so wie der DAX 30 dann vielleicht die Marke von 12’800.

 

 

 

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