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Argentinien drängt auf ein schnelleres eingreifen des IWF

11.09.2018 4 Min.
  • Charles St Arnaud, Senior Investment Stratege

Die Krise Argentiniens hat sich in der vergangenen Woche verschärft, nachdem Präsident Macri eine schnellere Auszahlung eines Darlehens in Höhe von 50 Milliarden Dollar vom Internationalen Währungsfonds (IWF) gefordert hatte.

Die Anfang dieses Jahres ausgebrochene Krise hatte sich nach der Intervention des IWF im Juni etwas entspannt, doch die jüngste Entwicklung hat ausländische Anleger beunruhigt und zu einer erheblichen Währungsabwertung geführt. Der argentinische Peso hat seit dem 20. August fast 30 Prozent an Wert verloren, was die Zentralbank veranlasst hat, die Zinsen auf das beispiellose Niveau von 60 Prozent anzuheben.

Dies steht im krassen Gegensatz zum vergangenen Jahr, als Argentinien der Liebling der Emerging Markets-Anleger war. Die Anleger erwarteten, dass der Amtsantritt von Präsident Macri eine Ära von Strukturreformen einläuten würde, die das Wachstum ankurbeln, die Inflation verringern, das Staatsdefizit beseitigen und die Abhängigkeit von ausländischem Kapital verringern.

Die Probleme Argentiniens begannen Anfang dieses Jahres, als ausländische Anleger anfingen, die Fähigkeit der Regierung in Frage zu stellen, ihre Ziele zu erreichen – insbesondere nach mehreren Aufwärtsrevisionen des Inflationsziels. Dies führte zu einer starken Abwertung des Pesos und veranlasste die Zentralbank, die Zinsen auf 40 Prozent zu erhöhen. Schnell wurde klar, dass der IWF eingreifen muss, um die Wirtschaft zu stabilisieren.

Der Druck im August nahm trotz der politischen Maßnahmen der Regierung und der Zentralbank und der Beteiligung des IWF zu, da die Krise in der Türkei einige Anleger zwang, ihr Engagement in Schwellenländern, insbesondere in Ländern mit schwachen Fundamentaldaten, zu überdenken. Die Sorge Argentiniens verschärfte sich jedoch, als Präsident Macri unerwartet forderte, dass der IWF die Auszahlung des Programms beschleunigt – was dazu führte, dass die Investoren die finanzielle Situation Argentiniens ernsthaft in Frage stellten. Dies hatte eine dramatische Abwertung der Währung zur Folge, was die Zentralbank zwang, ihren Leitzins auf 60 Prozent zu erhöhen.

Die argentinische Regierung hat neue politische Anpassungen angekündigt, darunter die Einführung einer Ausfuhrsteuer und die weitere Haushaltskonsolidierung, um einen besseren Ausgangspunkt für ihre Verhandlungen mit dem IWF über ein aktualisiertes Programm zu schaffen. Dennoch wäre eine beschleunigte Auszahlung des IWF zwar positiv, aber die Anleger sind weiterhin besorgt über das Risiko einer Verschlechterung der Konjunktur. Die starke Abwertung des argentinischen Pesos – in diesem Jahr bereits um mehr als 50 Prozent gesunken – wird die Inflation dramatisch in die Höhe treiben und die Kaufkraft der Haushalte verringern.
Darüber hinaus dürfte sich die Wirtschaft bei einem Zinssatz von 60 Prozent (oder real etwa 30 Prozent) deutlich abschwächen. Bereits vor den Ereignissen im August ging man davon aus, dass die Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte 2018 in die Rezession rutschen würde. Nun dürfte der Rückgang ausgeprägter ausfallen, was weitere Massnahmen erfordern könnte, wenn das fiskalische Ziel eines Primärsaldos im Jahr 2019 erreicht werden soll.

Die Krise kann auch einige wichtige politische Konsequenzen nach sich ziehen. Präsident Macri steht im Herbst 2019 zur Wiederwahl und sein Umgang mit der Krise und der bevorstehenden Rezession dürfte seine Chancen beeinträchtigen, im Amt zu bleiben. Dies könnte dazu führen, dass die derzeitige reform- und marktfreundliche Regierung durch eine weniger reformfreundliche und wahrscheinlich populistische Administration ersetzt wird, wie es die Marktteilnehmer bereits in Erwägung ziehen.

Auswirkungen auf die Geldanlage

  • Die Beteiligung des IWF und ein überarbeitetes Programm dürften dazu beitragen, die Situation zu stabilisieren und dem Anleihemarkt und der Währung eine gewisse Stabilität zu verleihen. Dennoch bleibt die Unsicherheit angesichts der Verschlechterung der wirtschaftlichen und politischen Aussichten bestehen.

  • Während die Krise in Argentinien bisher schärfer war als in der Türkei, gibt es grosse Unterschiede zwischen den beiden Ländern. 1) Argentinien ist ein viel kleinerer Teil des Emerging Market-Bonduniversums. 2) Argentinien hat schnell klassische Massnahmen angewandt (Leitzinsen erhöhen, den IWF um Hilfe bitten, weitere fiskalische Ankündigungen ankündigen, Inflation bekämpfen). Dies steht im Gegensatz zur Türkei, wo sich die Regierung weiterhin Zinserhöhungen verweigert und die Krise eher als Verschwörung denn als Ergebnis schlechter politischer Entscheidungen zu betrachten scheint.

  • Argentinien hat in der Vergangenheit seine Verpflichtungen nicht erfüllt. Wir glauben jedoch, dass das Risiko eines Zahlungsausfalls aufgrund der Beteiligung des IWF und der reformfreundlichen, marktfreundlichen Regierung kurzfristig gering bleibt. Ein Regierungswechsel bei den Wahlen im nächsten Jahr könnte diese Ansicht ändern.

 

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