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payoff Trading Desk

Aufgefallen: Böse Überraschung

11.09.2018 4 Min.
  • Dieter Haas

Das Anlageprodukt (Ausgabepreis CHF 1’000) wurde per 31. Juli zu CHF 452.50 zurückbezahlt. Ein Ende mit Schrecken für die verbliebenen Besitzer.

Referenzschuldner-Zertifikate mit bedingtem Kapitalschutz beinhalten einen oder mehrere Referenzschuldner. Die Rückzahlung des Produktes ist abhängig von der Zahlungsfähigkeit des Emittenten sowie des Referenzschuldner. Durch Anwenden der Pfandbesicherung (COSI) kann das Emittentenrisiko praktisch eliminiert werden. Kommt es zu einem Kreditausfall des oder der Referenzschuldner, erfolgt die anteilige, vorzeitige Rückzahlung des Investments. Einer der Vorteile dieses Produkttyps ist die Erzielung einer Renditechance oberhalb des Marktzinses, ohne dass sich der Anleger dem Risiko des Aktienmarktes stellen muss. Gemäss Raiffeisen Schweiz fällt es Anlegern in der Regel leichter, die langfristige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens zu beurteilen, als deren Aktienkursentwicklung vorherzusagen.

Allerdings sind die Risiken bei den Unternehmensanleihen, die als Sicherheit bei einigen der Referenzschuldner-Zertifikate dienen, in etlichen Fällen durchaus beträchtlich. Um möglichst attraktive Renditen anbieten zu können, werden nämlich oft Anleihen zweifelhafter Qualität als Basis genommen. Das kann böse ins Auge gehen, auch wenn es lange Zeit praktisch keine Ausfälle mehr gegeben hat.

Gegenwärtig sind u.a. die Referenzanleihen von Staples oder Rallye höchst gefährdet. Definitiv ein Grossteil des Investments verloren ist bereits bei Referenzanleihen, denen Obligationen der Noble Group zugrunde liegen. Das mussten Ende Juli die Inhaber des kurz vor Weihnachten 2014 von Raiffeisen Schweiz (vormals Notenstein La Roche) emittierten Magnet Zertifikates NPADBK auf Schweizer Blue Chips-Aktien mit der Referenzanleihe der Noble Group, einst grösster asiatischer Rohstoffhändler, leidvoll erfahren. Das Anlageprodukt (Ausgabepreis CHF 1‘000) wurde per 31. Juli zu CHF 452.50 zurückbezahlt. Ein Ende mit Schrecken für die verbliebenen Besitzer, die trotz der bereits seit Februar 2015 ersichtlichen Probleme bei der Noble Group, unbeirrt an diesem Papier festgehalten haben. Raiffeisen Schweiz habe seine Kunden schon früh (erstmals im Juli 2015) auf die Probleme bei Noble Group aufmerksam gemacht und empfohlen, das Produkt zu verkaufen. Dieser Empfehlung kamen nicht alle Anleger nach.

Für Privatanleger ist es derzeit fast unmöglich, ohne aktive Unterstützung von Seiten der Emittenten, mögliche Gefahren rechtzeitig zu erkennen. Die Bank Vontobel, welche früher auf ihrer Webseite als einzige eine monatliche Liste mit den Kreditrisikoprämien der eingesetzten Referenzschuldner publizierte, hat diese wertvolle Information seit längerem eingestellt. Als Grund dafür gibt die Bank Vontobel auf Nachfrage an, dass diese Informationen so gut wie nie abgerufen wurden. Der Schweizerische Verband für Strukturierte Produkte SVSP seinerseits gibt im Sektor Strukturierte ProduktePRO regelmässig aufdatierte Informationen zur Emittentenbonität seiner Mitglieder; vertiefte Bonitätsanalysen zu den im Markt verwendeten Referenzschuldneranleihen finden sich jedoch nicht. Lehren wurden gezogen.

Die Branche hat aus den Fehlern gelernt. So bestätigte Raiffeisen Schweiz, dass die Ereignisse um den Referenzschuldner Noble Group die Emittentin schon früh veranlasst habe, einerseits die CDS sämtlicher Referenzschuldner regelmässig zu prüfen und diese Information den Beratern von Raiffeisen zur Verfügung zu stellen. Im Weiteren seien interne Kriterien – u.a. auch bezüglich der Höhe des CDS eines Referenzschuldners zum Zeitpunkt der Emission von aktiv vertriebenen Raiffeisen Produkten – definiert worden. Weiter wurde entschieden, dass zukünftig Produkte mit ausschliesslich einem «Single-Name»-Referenzschuldner nicht mehr aktiv im Raiffeisen-Kanal vertrieben würden. Sehr selektiv kämen weiterhin Produkte zum Einsatz, die auf einem diversifizierten Referenzschuldner-Index basieren und wo die zugrundeliegenden Kreditrisiken breiter gestreut seien. Bestehe ein explizierter Kundenwunsch nach einem Produkt mit einem „Single-Name“-Referenzschuldner, werde dieses zur Verfügung gestellt, jedoch werde gleichzeitig sehr detailliert über Chancen und Risiken dieser Produktekategorie aufgeklärt.

Leonteq informiere über erhöhte Risiken bei Referenzschuldner Zertifikaten in der Produktdokumentation. Bei einer Verschlechterung des Referenzschuldners (z.B. in Form einer signifikanten Erhöhung des Credit Spreads) würden die Vertriebspartner zudem benachrichtigt. Diese wiederum setzen anschliessend die entsprechenden Endkunden darüber in Kenntnis. Gleichzeitig würden im öffentlichen Vertrieb nur Produkte emittiert, bei denen der Referenzschuldner bei Emission über ein Investment Grade Rating verfüge.

 

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