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payoff Trading Desk

Aufgefallen: Grüne Ablassbriefe

15.01.2020 2 Min.
  • Martin Raab

Aus Hotels kennen Sie sicherlich die «Umwelt-Aufkleber» im Badezimmer: Handtücher auf dem Boden werden gewechselt, solche am Hänger bleiben in Verwendung. Das spart Wasser, Energie und Chemikalien.

Immer noch wird aber von übereifrigen Hotel-Managern alles, was an Handtüchern und Waschlappen im Zimmer herumlungert radikal jeden Tag in die Waschtrommeln verfrachtet – «Save-The-Environment» Kleberli hin oder her. Ein weiterer Hit: Klimaneutrales Reisen. Dank hinzugebuchter Kompensation, reist man sündenfrei und mit gutem Gewissen. Auch wer als Anleger die Moral und den Umweltschutz hochhängt, hat inzwischen die Qual der Wahl. Unzählige «Grüne Investments» umringen den Gutmenschen. Green Bonds, Blue Bonds und bald auch Yellow Bonds (Solarthemen) gehören zum guten Umgangston für alle, die professionell Vermögen verwalten. Doch Vorsicht: Oft wird grün gewaschen, was in Wirklichkeit eher grau ist. So entfärben sich blütenweisse «Global Sustainability Leaders» wie die Aeroports de Paris als zweitgrösster Emittent von CO2 unter den Flughäfen in Kontinentaleuropa. Da hilft es auch nichts, wenn ein paar Kisten Druckerpapier pro Monat eingespart werden. Gerade institutionelle Investoren, von denen vermehrter Druck hin zu nachhaltigen Anlagen kommt, sind aufgerufen, bewusst hinter die Phrasen, Kalkulationen und Labels zu blicken. Mehr Tiefgang muss auch von den Anbietern von Nachhaltigkeits-Ratings kommen. Ein Portfolio-Manager eines Nachhaltigkeits-Fonds, der jeden Tag mit dem 250 PS-Auto zur Arbeit fährt, bei Starbucks im Plastikbecher Frapuccino holt und «Made in Bangladesh»-Wäsche trägt, ist nichts anderes als der neuzeitliche Ablassbriefverkäufer. Nachdem im eigentlich so dichten Regulierungsdschungel eine gesetzliche Verordnung, was sich «nachhaltig» nennen darf, und was nicht, bisher fehlt, kann nur die Buy-Side mit der ganzen Kraft des Geldes steuern, welche Unternehmen und Organisationen dank echter Nachhaltigkeit Mittelzuflüsse erhalten – und welche besser exkommuniziert werden.

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