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Bitcoin – Chance oder Risiko?

06.02.2020 8 Min.
  • Dieter Haas

Ob bestehende Kryptowährungen die digitale Währung der Zukunft werden, ist offen. Die besten Chancen, zumindest als Wertaufbewahrungsmittel, besitzt Bitcoin, getreu dem Motto: «Der frühe Vogel fängt den Wurm.»

Die Geburtsstunde von Bitcoin, der ersten Kryptowährung, fiel mitten in die Finanzkrise. Ein unbekannter Autor veröffentlichte im Herbst 2008 unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto ein «White Paper» mit dem Titel «Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System». Ziel des digitalen Geldes war ein dezentrales Zahlungsmittel, das sicher und ohne Kontrolle durch staatliche Behörden oder Banken gehandelt werden kann. In der Anfangsphase wurde die Innovation kaum beachtet. Ein erstes Lebenszeichen gab es im Herbst 2013, als die Kryptowährung innert Kurzem auf über USD 10’000 hochschoss. Danach beruhigte sich das Ganze bis Anfang 2017, als die Kryptowährung und artverwandte Konstruktionen, die unter dem Begriff Altcoins laufen, zu einem erneuten Sturmlauf ansetzten, die Ende 2017 in neuen Allzeitrekorden gipfelten und Bitcoin kurzfristig nahe an die Marke von USD 20’000 hievten. Nach einer erneuten Konsolidierung bis Frühjahr 2019 gaben die Kryptoanlagen bis Juli 2019 ein kräftiges Lebenszeichen von sich, das aber rasch wieder abebbte. Der bislang erfolglose Versuch von Facebook, mit Libra ein alternatives Zahlungsmittel auf die Beine zu stellen, das wiederholte Scheitern diverser Akteure, einen von der amerikanischen Aufsichtsbehörde genehmigten Bitcoin-ETF auf die Beine zu stellen und anderes mehr wirkten sich in der zweiten Jahreshälfte 2019 negativ aus.

 

«Die Geburtsstunde von Bitcoin, der ersten Kryptowährung, fiel mitten in die Finanzkrise.»

 

Trotz des bisherigen Hypes konnten sich die Kryptoanlagen noch nicht als alternative Zahlungsmittel etablieren, obwohl sie unbestritten Vorteile aufweisen wie Sicherheit,Geschwindigkeit, niedrige Transaktionskosten und einfache Wertaufbewahrung. Eric Schmidt, Executive Chairman von Google, äusserte einst in einem Interview: «Bitcoin ist eine bemerkenswerte kryptographische Errungenschaft. Die Fähigkeit, etwas zu erschaffen, das in der digitalen Welt nicht duplizierbar ist, hat einen enormen Wert. Viele Menschen werden darüber hinaus noch grossartige Unternehmen aufbauen.» Die Zukunftsperspektiven des digitalen Geldes sind positiv. So könnte es einem der GAFA (Google, Apple, Facebook, Amazon) oder ihren chinesischen Widerparts BATX (Baidu, Alibaba, Tencent, Xiaomi) gelingen, die regulatorischen Hürden zu überwinden, dem gegenwärtigen Haupthindernis. Das würde wohl auch Bitcoin und Konsorten Rückenwind verleihen. Der langfristige Trend zeigt bei Bitcoin (siehe Grafik 1), ungeachtet der hohen Volatilität, seit der Lancierung nach oben.

 

 

 

USA und China nehmen eine Schlüsselrolle ein
Die beiden grössten Volkswirtschaften spielen eine zentrale Rolle bei der Akzeptanz. Sollte eines der beiden Länder den digitalen Währungen grünes Licht geben und/oder eigene Varianten entwickeln und einführen, dann dürfte dies auch den bestehenden Auftrieb verleihen. Speziell aus China gibt es Anzeichen, dass Blockchain, die Technologie, welche hinter den Kryptoanlagen steckt, als eine zukunftsträchtige Anwendung angesehen wird. Der People Bank of China, der chinesischen Notenbank, wird nachgesagt, dass sie Cash am liebsten durch eine von ihr ausgegebene digitale, eventuell zusätzlich mit Gold gedeckte Währung ersetzen würde. In Europa tendiert Schweden am stärksten dazu, das Bargeld abzuschaffen. Welche Folgen diese Entwicklung für die bestehenden, mehrheitlich von Bitcoin dominierten Kryptoanlagen hat, ist nicht schlüssig zu beantworten. Unter dem Strich sollte der globale Trend sich vor allem für Bitcoin, der mit Abstand bedeutendsten Kryptowährung (siehe Grafik 2), jedoch positiv niederschlagen.

Bitcoin dank zunehmender Knappheit weiter im Aufwind?
Der Grundgedanke des Erfinders von Bitcoin war die Schaffung einer digitalen Währung, deren Menge eine fixierte Maximalmenge aufweist. Das unterscheidet sie vom sogenannten Papiergeld. Alle klassischen Währungen können beliebig vermehrt werden, was seit der Finanzkrise 2008 in immer schnellerem Rhythmus auch passiert. Bitcoin ist im Unterschied dagegen ein zunehmend knapper werdendes Gut. Die Erreichung der maximalen Menge von 21’000’000 wird zusätzlich erschwert, weil die Schöpfung der Kryptowährung regelmässig, in Abständen von rund vier Jahren über die Halbierung, erschwert wird. Durch die bereits durchgeführten Halbierungen im Jahr 2012 (28. November) und 2016 (9. Juli) hat sich die Zunahme der sich im Umlauf befindlichen Bitcoins bereits spürbar verlangsamt. Die Verknappung ist einer der Gründe für den kontinuierlichen Wertanstieg. Verläuft das Ganze gemäss der bisherigen Entwicklung, dann dürfte der Preis von Bitcoin vor oder nach der nächsten im Mai 2020 (www.bitcoinblockhalf.com) anstehenden Halbierung weiter zulegen. Bis 2023 werden von Experten mögliche Preisziele von USD 250’000 genannt. Hält sich die Kursentwicklung an das Muster seit der Lancierung, dann erscheint eine solch massive Wertsteigerung nicht völlig utopisch, auch wenn es Kritiker gibt, die Bitcoin als ein Pyramidensystem brandmarken, das dereinst ein böses Ende nehmen wird. Ein solches Schreckensszenarium wäre dann gegeben, wenn Bitcoin weltweit geächtet würde, was aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich erscheint.

 

«Die Halbierungen im Jahr 2012 und 2016 haben die Zunahme der sich im Umlauf befindlichen Bitcoins, spürbar verlangsamt.»

 

Unterschiedliche Bewertungsansätze
Wie Bitcoin zu bewerten ist, darüber scheiden sich die Experten-Geister. Es gibt zahlreiche Modelle, die zu höchst unterschiedlichen Werten kommen. Gemäss den einen ist der aktuelle Wert überteuert, andere wiederum kommen zu vorteilhaften Resultaten. Ein optimistischer Ansatz für die Preisberechnung ist das Stock-to-Flow Modell. Es setzt bei Gütern den Bestand (Stock) ins Verhältnis zum jährlichen Zuwachs durch die Produktion (Flow). Die «Stock-to-flow»-Kennzahl gibt an, wieviele Jahre bei der aktuellen Produktionsrate benötigt werden, um den aktuellen Bestand zu erreichen. Je höher der «Stock-to-flow», desto mehr Wert wird dem unterliegenden Asset zugeschrieben. Bislang folgte Bitcoin mit temporären Abweichungen den theoretischen Preisen des Modells (siehe Grafik 4). Halbierungen zogen jeweils Preissteigerungen nach sich. Ob das Muster aus der Vergangenheit anhält, ist offen. Falls ja, würden einige der optimistischen Experten mit ihren Schätzungen richtig liegen.

 

Nachfrage nach Bitcoin
Die Nachfrage nach Bitcoin und digitalen Währungen kommt längst nicht nur von Spekulanten, die auf das schnelle Geld setzen. Vor allem in Staaten mit gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist das Interesse gross. Hier bieten digitale Währungen eine Möglichkeit zur Werterhaltung. Die Anzahl Länder, die in den kommenden Jahren in schwere Gewässer kommen, dürfte ansteigen und zu einer steten Nachfrage nach Kryptowährungen führen. In einer am 13. Januar 2020 durchgeführten Google-Suchanfragen für den Begriff «Bitcoin» stand Nigeria unangefochten an der Spitze. An der zweiten Position befand sich Südafrika, gefolgt von Österreich, der Schweiz und Ghana.

 

Partizipationsprodukte im Tableau von SIX Swiss Exchange
Die Kursgewinne der Vergangenheit haben zu einer Vielzahl an Partizipationsmöglichkeiten für Bitcoin sowie diverse Altcoins geführt. Im Bereich der Strukturierten Produkte dominiert das endlos laufende Tracker-Zertifikat ZXBTAV der Bank Vontobel. Es figuriert regelmässig unter den zehn monatlich meistgehandelten Anlageprodukten in der Schweiz. Leonteq Securities hat vor Kurzem mit ebenfalls endlos laufenden Zertifikaten nachgezogen. Bereits im Frühjahr lancierte Amun den ETP ABTC, dessen jährliche Gebühr allerdings diejenige der beiden erwähnten Tracker-Zertifikate deutlich übersteigt. Preislich am günstigsten ist unter den auf SIX Swiss Exchange gehandelten Produkten der im Dezember von WisdomTree eingeführte ETP BTCW, der zudem als Einziger physisch unterlegt ist. Wer eine diversifizierte Kryptoanlage sucht, für den bietet der ETP HODL von Amun die passende Lösung. Er basiert auf dem Amun Crypto Basket Index, der sich aus den fünf wichtigsten Kryptoanlagen (Bitcoin, Ripple, Ethereum, Bitcoin Cash und Litecoin) zusammensetzt.

Spekulanten dürften am KO-Call OBTAAV ihre helle Freude haben. Das endlos laufende Hebelprodukt wurde kurz vor dem Beginn der Hausse im April 2019 lanciert, weshalb sein Stop-Loss mittlerweile einen beträchtlichen Abstand zur aktuellen Kursnotiz aufweist. Zudem wird der Knock-out Call Warrant in CHF gehandelt. Die Finanzierungskosten sind mit jährlich rund 6% zwar beträchtlich. Wegen der bisherigen Wertsteigerung waren diese bislang jedoch gut zu verkraften.

 

Abschliessende Bemerkungen
Angenommen, die Regierungen unterstützen Kryptoanlagen oder bekämpfen sie zumindest nicht und die Konsumenten setzen sie vermehrt ein, dann stehen ihnen in den kommenden Jahren alle Türen offen. Unabhängig davon, ob Bitcoin oder eine andere digitale Währung am Ende das Rennen machen. Als wertstabiles Wertaufbewahrungsmittel dürfte vor allem Bitcoin, ungeachtet der hohen Preisschwankungen in der Vergangenheit, weiterhin einen starken Reiz besitzen. Die anstehende Halbierung sowie die steigende Hash Rate (Masseinheit für die Rechenleistung des Bitcoin-Netzwerks) sind ebenfalls wichtige Gründe, die für eine Fortsetzung der Hausse sprechen. Für Anhänger der technischen Analyse bietet die Youtube-Seite von «The Moon» eine regelmässige Einschätzung der Kurschancen. Zudem erfährt der interessierte Anleger wichtige Nachrichten rund um Bitcoin.

In den kommenden Monaten wird es spannend sein, zu beobachten, ob die im Mai anstehende Halbierung bei Bitcoin und den Altcoins erneut ein Kursfeuerwerk auslöst oder ob es für einmal anders kommt. Der Research Analyst Raffael Huber von Bitcoin Suisse AG schloss in einem Artikel, veröffentlicht im Crypto Outlook 2020, wie folgt: «Bitcoin remains attractive as an investment – not only due to historical performance, but also due to its low correlation to other markets. Holding Bitcoin is in part also a bet on a future store of value – perhaps a more relevant use case than ever, with growing resession fears across the globe.» 

 

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