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payoff Von Jean-Hugues de Lamaze, Portfoliomanager Ecofin Sustainable Listed Infrastructure, Redwheel Opinion Leaders

Boom bei Infrastrukturinvestments

11.03.2025 9 Min.
  • Jean-Hugues de Lamaze
    Portfoliomanager Ecofin Sustainable Listed Infrastructure
    Redwheel

Steigender Infrastrukturbedarf und Private-Equity-Fundraising sind gute Voraussetzungen für börsenkotierte Infrastrukturunternehmen.

Seit Jahren investieren Anleger in Infrastruktur, um von den Vorteilen der Anlageklasse wie höheren Renditen als an den Aktienmärkten, defensiven Eigenschaften und Inflationsschutz zu profitieren. Aktuell wird erwartet, dass das Interesse der Anleger an Infrastruktur zunimmt, da die globale Elektrifizierung, digitale Innovationen, die steigende Nachfrage nach Energie und Energiesicherheit sowie der Bedarf an effizienten Transportmitteln neue Entwicklungsmöglichkeiten schaffen. Nicht zuletzt die jüngsten Pläne Deutschlands, ein Sondervermögen für die Infrastruktur bereitzustellen, dürfte der Anlageklasse zusätzlichen Boost verleihen.

Das Ecofin-Team von Redwheel glaubt an die fundamentalen Vorteile eines kombinierten Ansatzes für Investments in börsenkotierte und private Infrastruktur. Beide Anlagen bieten Engagements in wichtige Vermögenswerte, die für das Funktionieren von Volkswirtschaften von zentraler Bedeutung sind und stetige Cashflows abwerfen. Anspruchsvolle Anleger werden sich jedoch vor allem auf die Diversifizierung und den Zugang zu einer Reihe von Teilsektoren, Regionen, politischen Systemen, Bewertungsunterschieden und Liquidität konzentrieren, die börsenkotierte Anlagen bieten können.

Börsenkotierte Infrastrukturanlagen als Ergänzung 

Börsenkotierte Infrastruktur weist viele ähnlich attraktive Merkmale auf wie private Infrastruktur. Die Anlagen werden durch Sachwerte mit klaren Cashflows gestützt, die attraktive und konsistente Renditen bei geringer Korrelation zu traditionellen Aktien bieten sollten. Die börsenkotierte Infrastruktur bietet auch Zugang zu hochwertigen Vermögenswerten und Führungsteams auf der ganzen Welt.

Im Gegensatz zu den Private Markets ermöglicht börsenkotierte Infrastruktur den Anlegern jedoch sofort volles Engagement und bietet eine flexible Allokation je nach Risiko und Chancen. Darüber hinaus gibt es vier weitere Vorteile, die für eine Erhöhung der Allokationen in börsenkotierte Infrastrukturunternehmen sprechen: eine attraktive relative Bewertung, eine bessere Risikostreuung, ein Wiederaufleben der M&A-Aktivitäten und einen grösseren Spielraum für Wertsteigerungen.

Vorteil 1: Attraktive Bewertung 

Die Bewertung börsenkotierter Infrastrukturanlagen ist deutlich niedriger als die ihrer privaten Pendants, auch im historischen Vergleich. In der Vergangenheit haben Private-Equity-Spezialisten Aufschläge für börsenkotierte Anlagen gezahlt, die grösstenteils durch die Mehrheitskontrolle über den Betrieb gerechtfertigt waren. Die Bewertungslücke sind in den vergangenen Jahren grösser geworden. Die nachstehende Tabelle zeigt, dass die jüngsten Transaktionen in diesem Bereich im Durchschnitt einen Aufschlag von etwa 40 Prozent auf die börsenkotierten Bewertungen ergeben haben – sei es für erneuerbare Energien, Strom- und Gasnetze oder Verkehrsinfrastruktur. Zuletzt wurde Innergex von der Caisse de Depot et Placement du Quebec übernommen, mit einem Aufschlag von 58 Prozent auf den aktuellen Aktienkurs und mit einem Aufschlag von 80 Prozent auf den volumengewichteten 30-Tage-Durchschnittskurs.

Chart 1: Private investors pay significant premiums for listed assets
Quelle: Unternehmenseigene Daten, Ecofin.

Dies veranschaulicht die langfristige Perspektive typischer Private-Equity-Akteure, während börsenkotierte Aktienanleger eher auf die kurzfristigen Aussichten achten. Dies ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal für die Analyse von Infrastruktur, die aus langfristigen Vermögenswerten und Projekten besteht. Der Trend spiegelt auch erhebliche Zuflüsse in Private-Equity-Infrastrukturfonds wider, die einen Wettbewerb um knappe börsenkotierte Vermögenswerte zu relativ niedrigen Bewertungen auslösen.

Ein deutliches Beispiel für diese Bewertungslücke sind die jüngsten Transaktionen für europäische Flughafenkonzessionen. Seit 2019 wurden private M&A-Transaktionen zu Bewertungen (EV/EBITDA) abgeschlossen, die deutlich über denen börsenkotierter Vermögenswerte lagen, wobei einzelne Prämien bei mehreren Transaktionen 100 Prozent überstiegen. Während börsenkotierte Flughäfen mit einem durchschnittlichen EV/EBITDA von 9,5x gehandelt werden, lag der durchschnittliche Multiplikator bei privaten Transaktionen in den letzten sechs Jahren bei 19,1x EV/EBITDA.

Chart 2: Recent European airport transactions point to a valuation gap of close to 100%
Quelle: Unternehmenseigene Daten, Ecofin. 31.12.2024

Wir gehen davon aus, dass sich diese markante Bewertungslücke allmählich verringern wird, wenn private Infrastrukturinvestoren in den kommenden Jahren ihr Kapital einsetzen. Hier können Anleger die Renditen in diesem Bereich steigern, indem sie auf beiden Seiten der erwarteten Transaktionen mitspielen und die Bewertungen der börsenkotierten Vermögenswerte erhöhen.

Wie aus der nachstehenden Tabelle hervorgeht, haben die grossen Private-Equity-Gesellschaften im vergangenen Jahr mehr als 100 Milliarden US-Dollar für Investments in die Infrastruktur aufgebracht. Der Sektor wird als Portfolio-Diversifizierer weg von zyklischeren Geschäften gesehen, wobei die Wachstumstrends durch strukturellen Rückenwind bei der Dekarbonisierung und Elektrifizierung untermauert werden. Der wachsende Bedarf einer sicheren Energieversorgung durch KI-gesteuerten Rechenzentren sorgt für weitere Wachstumsaussichten im Versorgungssektor des Infrastrukturuniversums. Die Möglichkeiten mit KI sind jedoch breiter und vielfältiger und umfassen die Elektrifizierung des Verkehrs durch Elektrofahrzeuge, den weltweit steigenden Bedarf an Kühlung und Heizung sowie Initiativen zur Rückverlagerung der Produktion in die USA.Die Bewertungen der börsenkotierten Unternehmen leigen im Vergleich zu den allgemeinen Aktienindizes nahe an ihren historischen Tiefstständen. Die nachstehenden Diagramme zeigen, dass globale Infrastrukturunternehmen selten zu so niedrigen relativen KGV-Multiplikatoren gehandelt wurden. Und auch Versorgungsunternehmen, sowohl in den USA als auch in Europa, werden zu niedrigen relativen Multiplikatoren gehandelt.

Charts 3, 4 and 5: Utilities and Infrastructure are trading at historically low relative multiples
Quelle: Bloomberg, 18.02.2025. S&P Global Infrastructure vs. MSCI AC World; MSCI US Utilities vs. S&P500; Stoxx 600 European Utilities vs. Stoxx 600 Europe. Über 0 % bedeutet eine Prämie; darunter ein Rabatt. 

Schliesslich untermauert die nachstehende Grafik die Ansicht, dass börsenkotierte Infrastruktur im Vergleich zu verschiedenen Marktindizes attraktiv bewertet ist und dennoch eine höhere Dividendenrendite bietet.

Chart 6: Ecofin’s Listed Infrastructure strategy (EGL) is returning a premium yield on attractive forward valuations
Quelle: Ecofin, Bloomberg, 3.02.2025. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Hinweis auf die Zukunft. EGL steht für Global Ecofin Utilities and Infrastructure Trust.

Vorteil 2: Risikodiversifizierung und finanzielle Umsicht

Privates Eigentum ist in der Regel auf einen einzigen Vermögenswert oder eine kleine Anzahl ähnlicher Vermögenswerte in einzelnen Regionen oder Ländern beschränkt. Im Gegensatz dazu bietet börsenkotierte Infrastruktur Investitionsmöglichkeiten in Unternehmen, deren Portfolios über verschiedene Regionen (und damit Zins-, Währungs- und Regulierungsrisiken) und Technologien (etwa die Kombination von Wind- und Solarenergie, intermittierenden erneuerbaren Energien mit konventioneller Grundlaststromerzeugung, gebührenpflichtigen Strassen und Flughäfen usw.) diversifiziert sind.

Abgesehen von der Portfoliodiversifikation gibt es auch einen deutlichen Unterschied in der finanziellen Verschuldung zwischen börsenkotierten und privaten Unternehmen: Während Investoren börsenkotierte Infrastrukturunternehmen aufgrund der Volatilität der Aktienkurse oft als risikoreicher wahrnehmen, werden ihre an sich vorsichtigeren Finanzstrukturen und die daraus resultierende Risikominderung für die Anteilseigner oft ausser Acht gelassen. Börsenkotierte Unternehmen müssen in der Regel strengere Kriterien für ihre Kreditwürdigkeit einhalten und die selbst auferlegten Verschuldungsziele liegen oft weit unter den Rating-Schwellenwerten, um den Eigenkapitalgebern zusätzliche Sicherheit zu bieten. Für börsenkotierte Unternehmen besteht ein ständiger Anreiz, ein attraktives Kreditrating (und entsprechend niedrige Finanzierungskosten) beizubehalten, da sie als Entwickler – und auch als Eigentümer – von Infrastrukturanlagen regelmässig Schulden refinanzieren müssen. Börsenkotierte Infrastrukturkonzerne, ob in Europa oder den USA, haben in der Regel ein Kreditrating von BBB+.

Vorteil 3: Die Rückkehr der grossen M&A?

Die jüngste Übernahme von Calpine (ein US-amerikanischer Anbieter von Gas- und Erdwärmeenergie) durch Constellation markiert einen potenziellen Wendepunkt für Fusionen und Übernahmen im börsenkotierten Infrastrukturbereich. Nach mehreren Jahren verhaltener Übernahmeaktivitäten ziehen die niedrigen Bewertungen von börsenkotierten Infrastrukturanlagen die Aufmerksamkeit strategischer Käufer auf sich. Qualitativ hochwertige, Cash-generierende Anlagen sind nach Zeiten politischer Unsicherheit und steigenden Zinsen erheblich unterbewertet, was attraktive Übernahmechancen eröffnet. Der Schritt von Constellation ist ein deutlicher Indikator: Mit einer kombinierten Marktkapitalisierung von fast 100 Milliarden US-Dollar nach der Übernahme ist dies eine der grössten Transaktionen in diesem Sektor seit zehn Jahren. Eine solche attraktive Preisgestaltung könnte zu einem Wiederaufleben grosser M&A-Deals im Bereich der börsenkotierten Infrastruktur führen. Dies dürfte viel Rückenwind für 2025 und darüber hinaus liefern.

Die notwendige Umschichtung von Anlagenportfolios zur Anpassung an die Energiewende, der Bedarf an Hyperscalern, die rund um die Uhr grosse Mengen an Strom liefern können, sowie erhebliche Mittelzuflüsse in Private-Equity-Infrastrukturfonds verheissen Gutes für künftige Konsolidierungsaktivitäten im globalen Infrastrukturuniversum.

Vorteil 4: Grösserer Spielraum für die Alpha-Generierung

Ein wesentlicher Grund, warum börsenkotierte Infrastrukturunternehmen im Laufe der Zeit höhere Renditen erwirtschaften können, ist ihre Fähigkeit, ein Engagement in der gesamten Infrastruktur-Wertschöpfungskette zu bieten. Börsenkotierte Unternehmen sind in der Regel Eigentümer von in Betrieb befindlichen Infrastrukturanlagen. In den meisten Fällen entwickeln sie auch neue Anlagen. Die Beteiligung an Projekten auf der grünen Wiese bietet börsenkotierten Infrastrukturunternehmen die Möglichkeit, durch betriebliches Know-how und Effizienz in der Entwicklungs- und Bauphase eines Projekts höhere Renditen zu erzielen. Die Bauphase ist in der Regel eine entscheidende Phase, in der ein erheblicher Wert geschaffen wird – oder verloren geht. Umgekehrt konzentrieren sich private Infrastrukturportfolios in der Regel auf den Besitz von in Betrieb befindlichen Anlagen (Brownfield). Der Spielraum für eine Renditesteigerung beim Betrieb und der Instandhaltung dieser Anlagen ist potenziell geringer.

Börsenkotierte Infrastruktur als Wachstumsinstrument

Die Infrastruktur-Entwicklung erlebt seit mehreren Jahrzehnten einen Aufschwung, der durch die Bedürfnisse der modernen Wirtschaft und die Prioritäten der Dekarbonisierung vorangetrieben wird. Die Anleger sollten sich zunehmend über börsenkotierte Wertpapiere beteiligen, die eine günstige Bewertung aufweisen und weitere, wichtige Eigenschaften wie Liquidität, Portfoliodiversifizierung und ein breites Spektrum an Möglichkeiten bieten. Diese Merkmale sollten die Voraussetzungen dafür schaffen, dass börsenkotierte Infrastrukturwertpapiere die Bewertungslücke zu privaten Infrastrukturanlagen schliessen.Jedoch werden Anleger nicht in der Lage sein, diese Chance durch eine breite Aktienallokation in vollem Umfang zu nutzen. Börsenkotierte Infrastruktur (ebenso wie private) erfordert eine spezielle Allokation. Die Listed-Infrastructure-Strategie von Ecofin bietet einen bedeutenden Renditeanstieg gegenüber dem MSCI AC World-Index bei niedrigeren Multiplikatoren, doch macht das Portfolio nur 1,6 Prozent der Marktkapitalisierung des Index aus und es gibt keine Überschneidungen mit den 80 grössten Positionen des Index. Um die langfristigen Wachstums- und Wertchancen bei börsenkotierten Infrastrukturen zu nutzen, sollten sich die Anleger um eine spezialisierte Allokation bemühen.

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