Brent: Eine Videokonferenz voller Brisanz
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Wolfgang Hagl
Vor dem virtuellen Treffen der OPEC+ hat die Ölpreisrallye deutlich an Schwung verloren. Die weiteren Aussichten für den Energieträger hängen entscheidend davon ab, ob und inwieweit die Förderallianz die Schlagzahl ihrer Pumpen erhöht.
Seit 1965 ist Wien der wichtigste Tagungsort für die Organisation erdölexportierender Länder. Damals verlegte die OPEC ihre Zentrale von Genf in die österreichische Hauptstadt. Doch momentan müssen die Vertreter der 13 im Kartell zusammengeschlossenen Länder auf das Wiener Flair verzichten. Wegen der Corona-Kontaktbeschränkungen finden die Treffen virtuell statt. Diese Vorgabe gilt auch morgen, wenn die OPEC sich mit ihren zehn Kooperationspartnern austauscht. Die als «OPEC+» bezeichnete Allianz schaltet sich auf Ministerebene zu einer Videokonferenz zusammen.
Das digitale Format schmälert die Brisanz dieser Unterredung keinesfalls. Schliesslich ist die Gruppe mit ihren Förderkürzungen der coranabedingten Ölschwemme Herr geworden. Momentan verzichtet die OPEC+ täglich auf die Produktion von 7 Mio. Barrel Öl. Saudi-Arabien hält darüber hinaus im Februar und März pro Tag eine Mio. Fässer zurück. Das Zusammenspiel aus einer gedrosselten Förderung und der langsam wieder anziehenden Ölnachfrage hat dafür gesorgt, dass der globale Markt unterversorgt ist. Laut den Prognosen der E.I.A. übertrifft der weltweite Ölverbrauch das Angebot aktuell um rund 2 Mio. Barrel pro Tag. Stimmen die Projektionen der US-Energiebehörde, läge bereits das 3. Quartal nacheinander ein Defizit vor.
Knappheit prägt Ölpreis und Terminkurve
Seit Monaten treibt die unausgeglichene Marktbilanz zusammen mit der Aussicht auf eine Rückkehr der Weltwirtschaft zur Normalität den Ölpreis an. Für die Nordseegattung Brent steht im bisherigen Jahresverlauf ein Plus von mehr als einem Fünftel zu Buche. Die Sorge für einer echten Verknappung kommt auch in der Terminkurve zum Ausdruck. Brent befindet sich in einer lupenreinen Backwardation. Das heisst, je weiter der Verfalltermin eines Futures in der Zukunft liegt, desto tiefer sein Preis. Umgekehrt betrachtet zeigt diese Konstellation, dass die Marktteilnehmer bereit sind, für die kurzfristige Verfügbarkeit des Rohstoffs einen Aufschlag zu bezahlen.
Unmittelbar vor dem Treffen der OPEC+ ist der Preisrallye etwas die Luft ausgegangen. Gegenüber dem in der vergangenen Woche erreichten Verlaufshoch gab Brent um rund 7% nach. «Wir sehen dies als ein Zeichen dafür, dass sehr viele positive Nachrichten in den Preisen bereits berücksichtigt waren», kommentiert Commerzbank-Analyst Eugen Weinberg den Rücksetzer. Er rechnet damit, dass sich die OPEC+ auf eine Erhöhung der Ölproduktion um 500’000 Barrel pro Tag ab April einigen. In diesem Fall dürfte Saudi-Arabien auch die einseitige Kürzung rückgängig machen. Im Vergleich zu den jüngsten Prognosen für Februar könnte die tägliche Ölförderung damit ab April um rund 1.3 Mio. Barrel steigen. Laut Weinberg ist in dieser Schätzung eine mögliche Angebotsausweitung durch Russland und andere Nicht-OPEC-Länder nicht inkludiert. «Da sich die Nachfrage im Westen weiterhin recht fragil zeigt, rechnen wir daher mit einem kurzfristigen Preisrückgang», schreibt der Commerzbank-Analyst in einem Kommentar.
Anlagekonklusion:
Mit dem Mini-Future Short MCOA9V können Trader diese Erwartung in ihr Portfolio übertragen. Das Vontobel-Produkt münzt einen fallenden Brent-Preis mit einem Hebel von aktuell 4.5 in Gewinne um. Sollten die OPEC+ tatsächlich eine stärkere Korrektur auslösen, könnte sich für Anleger mit einem längerfristigen Ansatz durchaus eine Einstiegschance ergeben. Denn ein mit der Situation von vor rund einem Jahr vergleichbares Überangebot ist nicht in Sicht. Zum einen haben die Förderländer selbst daran kein Interesse. Zum anderen dürfte die Mobilität in den kommenden Monaten nach und nach zunehmen und den «Spritverbrauch» forcieren. Einen Buy-and-Hold-Einstieg am Ölmarkt ermöglicht das Tracker-Zertifikat CCOCIU auf den UBS Bloomberg CMCI Brent Crude Oil CHF Monthly Hedged TR Index.