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payoff Learning Curve

Chancenreich gegen den Strom

20.06.2014 5 Min.
  • Dieter Haas

Das bärische Pendant der beliebten BRCs, im Fachjargon als Inverse Barrier Reverse Convertibles bezeichnet, ist bis dato nahezu ungenutzt. Zu Unrecht, wie die wenigen an der SIX Structured Products Exchange kotierten Exemplare zeigen.

Renditeoptimierung für realistische Optimisten

Inverse Barriere Reverse Convertibles sind wie die bullische Variante mit einem, verglichen zum Kapitalmarktzins, überdurchschnittlichen Coupon versehen. Eine oberhalb des Startkurses angesetzte Barriere schützt das Emissionskapital. Wird sie verletzt und notiert der Basiswert am Ende nicht auf oder unter seinem Initial Fixing, reduziert sich die Rückzahlungssumme. Während bei herkömmlichen Barrier Reverse Convertibles das Risiko in fallenden Notierungen des Basiswertes liegt, kann es bei der inversen Variante somit zu Einbussen kommen, wenn der zugrunde liegende Wert wider Erwarten stark steigt. Bei der klassischen Form droht im Extremfall der Totalverlust des einbezahlten Emissionskapitals. Bei einem Inversen Barriere Reverse Convertible besteht theoretisch ein unbegrenztes, über den Einsatz hinausgehendes Verlustpotenzial, sofern der Basiswert sich gegenüber dem Startkurs mehr als verdoppelt. In der Praxis wird der maximale Verlust allerdings auf den Emissionswert begrenzt. Der entsprechende Passus findet sich beim Inversen Barrier Reverse Convertible BCV31G der BCV sowie den beiden bärischen Renditeoptimierungsprodukten ZKB3FI und ZKB4AR jeweils in den Rückzahlungsmodalitäten. In den Termsheets von VONKIK und VONJEE der Bank Vontobel fehlt ein solcher alle Unklarheiten beseitigender Hinweis. Obwohl dies im Produktbeschrieb nicht explizit erwähnt wurde, besteht aber auch bei VONKIK und VONJEE gemäss Angabe des Emittenten «explizit keine Nachschusspflicht».

Optimales Timing ist die halbe Miete

Je günstiger der Ausgabezeitpunkt gewählt wurde, desto besser. Dies gilt für die bullische wie für die bärische Form. Nahezu perfekt das Timing beim Ende Februar lancierten IBRC VONKIK auf das Duo Facebook und Twitter. Twitter, im November 2014 zu einem Kurs von USD 26 gestartet, kletterte bis zum Stephanstag bis auf knapp USD 75 hoch. Danach mehrten sich jedoch zunehmend die Zweifel am Potenzial der Firma und liessen die erzielten Gewinne zunehmend abschmelzen. Das Auslaufen der Haltefrist Anfang Mai führte zu einem zusätzlichen Verkaufsdruck. Da auch Facebook seit der Emission etwas Boden verloren hat, ist die Gefahr eines Barrierebruchs bis zum 26. August 2014 praktisch gleich null. Die mutigen Käufer werden am Ende voraussichtlich das volle Nominalkapital zurückerhalten und einen satten Coupon von 11,10% (22,07% p.a.) kassieren.

Indizes risikoärmer als Einzeltitel

Einzeltitel schwanken in der Regel stärker als Aktienindizes. Ein Einsatz von IBRCs birgt daher höhere Risiken. Es verwundert daher nicht, dass drei der fünf zweijährigen an der SIX Structured Products kotierten IBRCs auf vier verschiedenen Indizes basieren (SMI, Euro Stoxx 50, S&P 500 und Nikkei 225). Ihre Konditionen wurden am 6. Juni (ZKB3FI), 21. August (BCV31G) bzw. am 26. September (VONJEE) des vergangenen Jahres fixiert. ZKB3FI weist mit 145% die höchste Barriere auf, VONJEE mit 4,50% den attraktivsten Coupon sowie den idealsten Starttermin. Der anfängliche Kursanstieg des Nikkei 225 hinterliess bei BCV31G bis Ende 2013 Spuren und drückte den Wert des IBRC bis auf 84% des Emissionskurses. Im laufenden Jahr hat sich das Blatt gewendet. Gemäss dem 12-Monats-Kursziel, errechnet auf dem Konsens der vom Finanzdienstleister Bloomberg erfassten Analysten, hält sich die Gefahr einer Barriereverletzung in Grenzen.

Hoffen auf baldige Trendwende

Zittern müssen hingegen die Anleger, die den IBRC ZKB4AR auf die Titel der drei Schweizer Konzerne Nestlé, Novartis und Roche gezeichnet haben. Der Ausgabezeitpunkt 21. Januar 2014 war alles andere als optimal. Alle Basiswerte notieren inzwischen über ihrem Startkurs. Die Gefahr einer Verletzung der bei 115% fixierten Barriere ist erheblich. Sollte es tatsächlich so weit kommen, bräuchte es für ein positives Ende eine Baisse des Gesamtmarktes im Spätherbst. Diese könnte dazu führen, dass im Zeitpunkt des Final Fixing am 21. Januar 2015 alle drei Basiswerte unter ihrem Anfangswert schlössen. Der Konjunktiv deutet es bereits an: «Nichts ist unmöglich», aber die Wahrscheinlichkeit spricht eher dagegen.

Besser als ihr Ruf

Inverse Barrier Reverse Convertibles sind besser als ihr Ruf. Angesichts der mittelfristig eher bescheidenen Aufwärtspotenziale an den Aktienmärkten wäre eine Angebotsausweitung wünschenswert. Dafür ist jedoch ein Umdenken der Anleger vonnöten. Erst eine verstärkte Nachfrage dürfte die Emittenten dazu bewegen, neue IBRCs zu lancieren. Anziehende Volatilitäten könnten dabei mithelfen, das Eis zu brechen. Bekanntlich wirken sich heftigere Schwankungen vorteilhaft für die Höhe des Coupons aus. Dasselbe trifft auf eine grössere Anzahl von Basiswerten zu, die im Idealfall untereinander möglichst niedrig korreliert sind. Für Investoren, die für sämtliche Basiswerte fallende, gleichbleibende oder nur moderat steigende Notierungen erwarten, bieten Inverse Barrier Reverse Convertibles in den kommenden Monaten beste Chancen auf überdurchschnittliche Renditen. Die Börsen sind bekanntlich keine Einbahnstrassen, eine Trendwende im Prinzip überfällig.

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