

«Das ETF-Segment verzeichnete zum zweiten Mal in Folge einen neuen Umsatzrekord.»
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Dieter Haas
Christoph Landis, Division CEO Swiss Exchange, SIX Group, über das abgelaufene Börsenjahr, das Indexgeschäft, Initiativen und Meilensteine im Bereich Strukturierte Produkte, Partnerschaft mit der LSE, strategische und organisatorische Anpassungen bei SIX und neue Technologien.
Herr Landis, der Handelsumsatz bei SIX Swiss Exchange entwickelte sich 2017 erfreulich. Welche Segmente überraschten Sie positiv und welche hinkten den Erwartungen hinterher?
Wir sind sehr erfreut, dass wir unseren Marktanteil im Handel mit den bei uns kotierten Aktien nicht nur erfolgreich verteidigen konnten, sondern sogar noch ausgebaut haben. Er liegt per 30. November 2017 bei 67.96%, was einem Plus von 3.53% gegenüber dem gleichen Zeitpunkt im Vorjahr entspricht. Dazu beigetragen hat unter anderem die Erfolgsgeschichte der nicht einsehbaren Handelsplattform SIX Swiss Exchange At Midpoint, kurz SwissAtMid. Sie wird inzwischen bereits von mehr als der Hälfte unserer Teilnehmer genutzt, um von Preisvorteilen im Handel mit Schweizer Aktien zu profitieren. Besonders hervorzuheben ist das ETF-Segment, das zum zweiten Mal in Folge einen neuen Umsatzrekord verzeichnete: Bereits am 23. November wurde das bisherige Allzeithoch von CHF 103.8 Milliarden übertroffen.
Seit 2016 betreibt die Schweizer Börse das Indexgeschäft wieder selbst. Welche Bilanz ziehen Sie nach einem Jahr?
Wir sind sehr zufrieden. Neben der Lancierung einiger sehr innovativer Indices war die Kappung der grössten Titel des SMI auf 18% sicher die grösste Veränderung. Sie eröffnet unserem Leitindex europäische Perspektiven, denn er ist nun im Einklang mit den Diversifizierungsgrenzen der UCITS-Richtlinie. So kann er in der EU als Referenzindex für den Schweizer Aktienmarkt genutzt werden, was sich unsere Kunden explizit gewünscht haben. Anleger profitieren damit von einer besseren Diversifikation und von einer höheren Liquidität. Für Investoren, die einen nicht gekappten Index bevorzugen, haben wir die SPI 20 Indexfamilie lanciert.
Was waren die wichtigsten Initiativen und Meilensteine im Bereich Struktu-rierte Produkte im Jahr 2017?
Anfangs Jahr haben wir die Gebührenstruktur mit einem progressiven «pay as you go»-Rabattmodell vereinfacht und die Kapazitäts- und Meldegebühren gesenkt. Überdies sind wir stolz, die Daten für die neue App «SP Portfolio Optimizer» des Schweizerischen Verbands für Strukturierte Produkte liefern zu dürfen. Diese App zeigt Anlegern und Kundenberatern den Mehrwert von Strukturierten Produkten und wie diese auf einfache Art und Weise im Portfolio integriert werden können. Weiterhin haben wir CONNEXOR, unsere Plattform für Referenzdaten, deutlich ausgebaut, um neue Vorschriften wie MIFID II, PRIIP, FinfraG und IRS 871m zu berücksichtigen. Derzeit arbeiten wir daran, das CONNEXOR Lifecycle-Management auf neue Assetklassen wie z.B. Anleihen auszuweiten.
«Unser neuer Venture Fund schafft neue Möglichkeiten, um die Zusammenarbeit mit Startups und Fintechs zu intensivieren.»
Was waren die Überlegungen zur im Oktober 2017 vereinbarten Partnerschaft mit der London Stock Exchange Group?
Im Zentrum standen insbesondere die Bedürfnisse unserer ausländischen Handelsteilnehmer. Unsere Zusammenarbeit mit UnaVista – ein Service von der London Stock Exchange Group – erleichtert ihnen die Erfüllung ihrer Meldepflichten in der Schweiz, die mit der Einführung des neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzes (FinfraG) zum 3. Januar 2018 verschärft werden.
SIX Swiss Exchange konnte dieses Jahr sechs neue Unternehmen begrüssen. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation in Bezug auf Börsengänge?
Weltweit gab es 2017 so viele Börsengänge wie seit zehn Jahren nicht mehr. Für uns war das Jahr ebenfalls überdurchschnittlich gut: Wir konnten sechs Unternehmen mit einem Transaktionsvolumen von rund CHF 4.5 Milliarden begrüssen, was uns zum zweiterfolgreichsten Börsenplatz in Europa macht. Vor allem die Börsengänge von Landis+Gyr und Galenica zogen aufgrund ihrer Grösse hohes Medieninteresse auf sich. Aber auch für kleine und mittelständische Unternehmen bieten wir ein attraktives Umfeld, um Kapital effizient zu beschaffen. Der Börsengang von Poenina mit einem Transaktionsvolumen von knapp CHF 40 Millionen hat dies im November bestätigt.
«Wir untersuchen, ob durch Blockchain die Kosten gesenkt werden können.»
Hilft es, indische oder chinesische Unternehmen zu umgarnen und SIX als Tor zu Europa zu präsentieren?
SIX Swiss Exchange sowie der schweizerische Kapitalmarkt sind für inländische und internationale Emittenten interessant. Sie können hier ihre Investorenbasis verbreitern, Kapital zu attraktiven Bedingungen effizient aufnehmen oder die Visibilität eines Unternehmens markant erhöhen. Für indische Unternehmen bietet es sich beispielsweise an, den europäischen Unternehmensteil an einer Börse zu kotieren. Aber auch der Fremdkapitalmarkt ist attraktiv für indische und chinesische Emittenten, von denen wir schon diverse Obligationen bei uns kotieren durften.
Der Verwaltungsrat von SIX hat im November 2017, nebst der Ernennung von Jos Dijsselhof zum neuen CEO von SIX, diverse strategische und organisatorische Anpassungen beschlossen. Können Sie die wichtigsten das Wertschriftengeschäft betreffenden Elemente der Neuausrichtung erläutern?
Seit ihrer Gründung 2008 hat sich das Umfeld von SIX immer rasanter verändert – und damit auch die Bedürfnisse unserer Aktionäre. Mit der Neuausrichtung konzentriert sich SIX konsequent auf Infrastrukturdienstleistungen für die Aktionäre und den Finanzplatz. Die Stärkung des Wertschriftengeschäfts ist dabei ein wesentliches Element. Durch die organisatorische Zusammenlegung der Börse und des Post-Tradings bieten wir sämtliche Dienstleistungen rund um das Wertschriftengeschäft aus einer Hand an. Damit stellen wir Effizienz, Qualität und Innovation über die ganze Wertschöpfungskette – die so genannte Swiss Value Chain – sicher.
Können Sie uns die Zielvorstellungen des mit CHF 50 Millionen dotierten Venture Fund, der bestehende Innovationsaktivitäten von SIX in einer gruppenweiten Innovationseinheit bündeln soll, näher erläutern?
Für uns als Technologieunternehmen ist Innovation nichts Neues – wir waren im Dezember 1995 die erste Börse weltweit, die den vollelektronischen Handel eingeleitet hat. Damit der Schweizer Finanzplatz seine weltweit führende Stellung behaupten kann, ist Innovation bei SIX als strategischer Grundpfeiler verankert. Mit dem neuen Venture Fund schaffen wir neue Möglichkeiten, um die Zusammenarbeit mit Startups und Fintechs zu intensivieren. Ziel ist es, näher an die aktuellen Entwicklungen heranzukommen und diese gezielter für innovative Dienstleistungen zu nutzen.
Gehören dazu auch Entwicklungen im Zusammenhang mit der Technologie Blockchain, die dank der rasanten Kursentwicklung diverser Crypto-Währungen wie Bitcoin, Ethereum etc. derzeit in aller Munde ist?
Wir verfolgen sehr genau, welche Möglichkeiten für uns hier nutzbar sind, mit klarem Fokus auf den Infrastrukturaspekt. Aktuell arbeiten wir an einem Pilotprojekt für ein Settlement-System für unsere XBTR Plattform, welche den bilateralen Handel von nicht börsenkotierten Strukturierten Produkten unterstützt. Hier untersuchen wir, ob durch die Nutzung von Blockchain die Abwicklungskosten und die Gegenparteienrisiken gesenkt werden können.
Was wünschen Sie sich persönlich für den Finanzplatz Schweiz im Allgemeinen und für das Geschäft von SIX Swiss Exchange im Speziellen in 2018?
Beides ist eng miteinander verknüpft, dies hat der Verwaltungsrat von SIX mit der geschärften Strategie und dem Bekenntnis zu SIX erneut bestätigt. Unser höchstes Ziel wird auch 2018 sein, die Sicherheit und Stabilität der Schweizer Finanzmarktinfrastruktur jederzeit zu gewährleisten. Darüber hinaus werden wir auf unseren Stärken aufbauen und, nach einem mehrheitlich von regulatorischen Veränderungen dominierten 2017, neue Initiativen im Bereich der Handelsplattform und des Datengeschäfts forcieren. Damit leisten wir einen wertvollen Beitrag zur Konkurrenzfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes.
Herzlichen Dank!
VITA
Christoph Landis ist seit 12. November 2015 Division CEO Swiss Exchange. Er wurde 2003 als CIO in die Geschäftsleitung von Swiss Exchange gewählt und verantwortet seit 2010 den Bereich Operations, ab 2012 in der Funktion des stellvertretenden Division CEO. Zudem leitet er seit Mai 2015 SIX Swiss Exchange interimistisch. Christoph Landis ist seit 1992 bei SIX Swiss Exchange tätig. Seit 1999 hat er die Position als stellvertretender Direktor des Bereiches Informatik inne, mit den Schwergewichten Entwicklungs- und externe Informatikprojekte. Nach der Matura (Typ B) in Zürich 1978 bildete er sich in den Bereichen Humanmedizin, Informatik und Betriebsökonomie weiter.