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payoff Interviews

«Der beste Vertrieb ist und bleibt die Zufriedenheit der Anleger. »

13.02.2018 6 Min.
  • Martin Raab

Lars Brandau, Geschäftsführer Deutscher Derivate Verband, im Gespräch über nüchterne Feiern, Lobby-Tätigkeiten, Transparenz und die immer noch fehlende Wertpapierkultur der Teutonen.

Herr Brandau, herzlichen Glückwunsch zum Verbandsgeburtstag. Wie gross oder klein wird die Geburstagsparty?

Vielen Dank. Ich muss Sie enttäuschen, es wird schlicht keine Feier geben. Es wird, wie an allen anderen Tagen auch, normal gearbeitet.

Wow! Das klingt nach Bescheidenheit pur. Gibt es dennoch besondere Aktionen zum Jubliäum für die Öffentlichkeit oder im Netz?

Nein, auch hier halten wir uns ausgesprochen bedeckt. Allerdings haben wir mit Freude zur Kenntnis genommen, dass dieses Jubiläum von vielen Medien positiv zur Kenntnis genommen wird. Daraus lässt sich sicher schliessen, dass Strukturierte Produkte nicht nur bei den Anlegern längst wieder en vogue sind, sondern auch bei den Journalisten durchaus mit in die positive Berichterstattung einbezogen werden.

«Im Sommer wird ein weiterer Emittent als neues DDV-Mitglied aufgenommen.»

Stichwort «en vouge»: Der DDV ist inzwischen ein extrem breit verankerter Branchenverband. Hat es noch Platz für Mitgliederwachstum?

Selbstverständlich. Je mehr Mitglieder, desto grösser ist das Commitment der Emittenten für die Branche insgesamt und für eine klare Positionierung gemeinsamer Interessen. Gegenwärtig haben wir mit 15 Mitgliedern knapp 95 Prozent Marktabdeckung. Im Sommer wird ein weiterer Emittent als neues DDV-Mitglied aufgenommen.

Können Sie schon verraten wer es sein wird?

Wir werden die Details im Laufe des Jahres kommunizieren.

Wie nah ist man als Lobby-Verband in 10 Jahren an die politischen Entscheider in Berlin gekommen?

Es ist nicht immer eine Frage der Nähe, sondern gegenseitiger Wertschätung, die darüber entscheidet, wie Branchenpositionen wem gegenüber und in welcher Art und Weise vertreten werden. Grundsätzlich gab und gibt es in Berlin immer einen intensiven Meinungsaustausch mit allen relevanten Anspruchsgruppen.

…und wie ist die Zusammenarbeit mit der BaFin und anderen Behörden?

Die Arbeit mit der nationalen Aufsicht ist ausgesprochen professionell. Alle Beteiligten haben verstanden, dass es nur Sinn macht, wenn konstruktiv gearbeitet wird. Die Lobby-Tätigkeiten in Brüssel und Paris sind in den zurückliegenden Jahren zunehmend wichtiger geworden. In Berlin durchzudringen ist lediglich der erste Schritt. Weiter kommt nur, wer den zweiten und dritten auch macht.

Transparenz ist ein Dauerthema der Branche. Welche Ziele wurden in den letzten 10 Jahren erreicht?

In der Tat ist Transparenz eines der zentralen Themen des DDV. Von der Gründung bis heute setzen wir uns tatkräftig für mehr Aufklärung und Transparenz von strukturierten Wertpapieren ein. Einige Beispiele: Die Erstellung von monatlichen Statistiken wie Börsenumsätze, Marktvolumen, Marktanteile der Emittenten, um Marktverläufe im Zeitablauf zu dokumentieren. Sicherlich gehört auch der Fairness Kodex zu den grossen Projekten in der Vergangenheit. Hier geht  es um eine freiwillige Selbstverpflichtung der Emittenten zu strengeren Leitlinien für strukturierte Wertpapiere. Das Ganze wurde natürlich von zahlreichen Aufklärungs- und Weiterbildungsinitiativen, wie aktuell der Veranstaltungsreihe „DDV on Tour“, Erklärfilmen, Büchern und Broschüren flankiert.

Blicken wir in der DDV Tour mal weit nach vorne: Wie sieht der Vertrieb von Strukturierten Produkten in Deutschland im Jahr 2028 aus?

Der beste Vertrieb ist und bleibt die Zufriedenheit der Anleger. Wenn Privatinvestoren die Sinnhaftigkeit einzelner strukturierter Produkte verstanden haben, dann allokieren sie entsprechend ihre Depots und halten an Zertifikaten zur Beimischung fest. Anleger sollen eigenständig entscheiden, welche Produkte für sie geeignet sind. Die Selbstentscheider benötigen keinen klassischen Vertrieb; die suchen sich ihre Produkte eigenverantwortlich über entsprechende Finanzportale aus. Ganz sicher benötigt jedoch die Mehrheit der Anleger dazu einen Bankberater. Der aktive Vertrieb wird künftig noch effizienter sein, wenn es darum geht, Kunden, ihrer persönlichen Chance-Risiko-Profile entsprechend, die Vielfältigkeit der Möglichkeiten strukturierter Wertpapiere aufzuzeigen.

Vor 10 Jahren stand die Finanzkrise vor der Türe. Woran nerven Sie sich noch heute?

Die Finanzkrise war sicher eine einschneidende Zäsur. Da wurden Fehler gemacht und es gab reichlich Missverständnisse bei allen Beteiligten. Es war ein mühsamer Weg mit Argumenten gegen Vorurteile anzukämpfen. Dennoch mit Transparenz- und Ausbildungsinitiativen proaktiv Wissen zu vermitteln und gleichzeitig einheitliche Standards zu setzen, schient geglückt. Insgesamt würde ich mir wünschen, dass wir beim Thema Wertpaiperkultur in Deutschland vorankämen und nicht immer nur über Probleme, Sorgen, Ängste und Risiken diskutieren würden. Der Wohlstand in Deutschland lässt sich an den Kontoständen der breiten Bevölkerung jedenfalls nicht mehr ablesen. Die positive Marktentwicklung in den zurückliegenden Jahren ist an der überwältigenden Mehrheit der Bundesbürger vorbeigegangen. Statt sich mit Kapitalmarktprodukten zu beschäftigen, haben die Deutschen ihr Gespartes lieber mit null Prozent Zinsen auf dem Konto liegen gelassen – das ist sehr bedauerlich.

«Die positive Marktentwicklung in den zurückliegenden Jahren ist an der Mehrheit der Bundesbürger vorbeigegangen.»

Welche Initiativen und Hausaufgaben stehen beim DDV geplanterweise in diesem Jahr an?

2018 wird wiederum ein ausgesprochen spannendes Jahr werden. Wir werden den regulatorischen Diskurs national und europäisch weiterhin sehr stark proaktiv begleiten. Darüber hinaus wird es an den Börsen sicher herausfordernd werden, so dass wir Anlegern verstärkt den Einsatz Strukturierter Produkte in unterschiedlichen Marktphasen erklären müssen. Aber wir sind auch mit neuen Initiativen zur Wissensvermittlung sowie Schulungs-Projekten am Start. So läuft unsere Aufklärungs- und Weiterbildungsinitiatve «DDV on Tour», auch unter www.ddvontour.de zu verfolgen, nach erfolgreichem Start weiter; mit mehr als 40 Terminen in zahlreichen deutschen Städten. Auch die im zurückliegenden Jahr ins Leben gerufene Videoreihe für Zertifikate-Einsteiger wird fortgeführt. Davon abgesehen ergänzen und aktualisieren wir fortlaufend unser gesamtes Informationsmaterial. 

Herzlichen Dank für das Interview!

VITA
Lars Brandau
ist Geschäftsführer des Deutschen Derivate Verbands e.V. und leitet das Büro in Frankfurt/M. Er vertritt in dieser Funktion auch die deutschen Interessen in verschiedenen Arbeitskreisen auf europäischer Ebene. Im November 2007 übernahm er zunächst die Geschäftsführung des Deutschen Derivate Forums. Nach dem Abitur und Wehrdienst studierte er an der Leibniz Universität Hannover und machte sein Prädikatsexamen in Politik und Germanistik. Beruflich begann er zunächst beim Hörfunk, u.a. beim Norddeutschen Rundfunk. Von 1992 bis 2007 arbeitete er als Redakteur und Chefmoderator beim Nachrichtensender n-tv in Berlin und Köln und war dort an allen senderelevanten Formaten führend tätig. Von 2001 bis 2003 präsentierte er die Wirtschaftssendung Telebörse und war seit Oktober 2003 Nachrichtenmoderator. Seit Juli 2004 Chefmoderator von n-tv. Im Herbst 2007 wechselte er ins Verbandsgeschäft. Lars Brandau hat eine Tochter und lebt in Frankfurt am Main. 

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