«Der erste Aktienindex, der in Unternehmen investiert, die wahrscheinlich die Welt verändern werden»
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Martin Raab
Evelyne Pflugi, Co-Founder Singularity Advisors, über ein visionäres Indexkonzept, künstliche Intelligenz und warum zukunftsgerichtete Anlagen nicht notwendigerweise immer Tech-Companies sein müssen.
Frau Pflugi, können Sie das Wort «Singularity» bitte kurz erklären?
Singularity umschreibt die Situation, dass sich unsere Welt durch technologischen Fortschritt immer schneller verändert. In Konsequenz werden hochinnovative Prozesse schneller einen deutlichen Anteil an der Wertschöpfung übernehmen und mittels künstlicher Intelligenz die Menschheit und die Märkte in ihrer Entwicklung entscheidend beeinflussen. Bis dato ist diese gerade beginnende Weichenstellung aber nur einseitig von Kapitalanlegern erfasst – in Form von Technologie-Fonds.
Die Idee von «Singularity» tönt nach einer Silicon-Valley-Vision.
Das ist nicht ganz abwegig. Wir haben die Definition des Begriffs von Ray Kurzweil, einem Ex-Google-Ingenieur, der unter anderem die Smartphone-Revolution voraussagte, und Peter Diamandis übernommen. Beide leiten inKalifornien die Singularity University – ein Lehr-System über exponentiellen Fortschritt und Innovation.
…also Technologien, die massive Game-Changer sind?
Richtig. Als Beispiel: Hätte vor nur 20 Jahren jemand gedacht, dass man mit einem wenige Zentimeter kleinen Tablet-Computer – besser als iPad bekannt –, dessen Bildschirm auf Berührung reagiert, das Hotel für die Familienferien auswählen, bezahlen und hinterher bewerten kann? So wäre Apple beim Börsengang im Jahr 1980 ganz klar auf unseren Radarschirm gekommen – als innovativ, revolutionär, einzigartig positioniert für die Zukunft und bahnbrechend beeinflussend, was unsere Lebens- und Arbeitsweise angeht. Heute können das Unternehmen im Bereich Artificial Intelligence oder Internet of Things, Blockchain oder Nanotechnologie sein.
Klingt das nicht nach einer beängstigenden Theorie, wenn künftig Maschinen die Menschheit verändern?
Hier muss klar gesagt werden, dass es nicht das Ziel oder die Erwartung ist, uns in Zukunft von Robotern herumkommandieren zu lassen! Vielmehr soll die menschliche Aversion gegen Veränderungen in ein offenes Konzept für die Nutzung von exponentiellen Ansätzen geleitet werden.
«Es nicht das Ziel, uns in Zukunft von Robotern herumkommandieren zu lassen!»
Sie haben mit der US-Börse Nasdaq den «Nasdaq Singularity Index» lanciert und sind als Anlageberater für das Research zu «Singularity» in Unternehmen zuständig. Was fördern Sie dort zutage?
Wir arbeiten Hand in Hand mit dem Team der Nasdaq, welche als führende Börse für Technologieunternehmen ein grosses Interesse an der Lancierung hatte. Parallel sind wir in regem Austausch mit Factset, welche uns die Rohdaten für unser Research liefern. Derzeit umfasst «Singularity » nach unserem Verständnis zwölf Sektoren, u.a. Big Data, Artificial Intelligence, Robotics, Blockchain und 3D-Printing. Unternehmen, die in einem oder mehreren dieser Bereiche Umsätze verzeichnen, kommen auf unseren Radar und je nachdem schliesslich in den Index. Die Sektoren sind dabei eine dynamische Betrachtung, wir können jederzeit weitere Sektoren dazunehmen.
Was ist das Besondere am Nasdaq Singularity Index?
Erstmalig ist Anlegern über ein konventionelles Gefäss, nämlich einen Aktienindex, ein Investment in Unternehmen möglich, die sich heute dezidiert mit Zukunftsinnovationen befassen, die die Welt mit hoher Wahrscheinlichkeit verändern werden und dort auch konkret Umsätze erzielen. Dies geschieht nicht nur in Tech-Unternehmen, sondern auch vermehrt in anderen Sektoren. In jenen ist das jedoch noch nicht in der Bewertung reflektiert. So sind bereits 18 Unternehmen, die wir für den Index ausgewählt haben, von grossen Unternehmen gekauft worden. Das spricht für den wachsenden Appetit an Singularity zu profitieren, auch via M&A.
Wie viele Unternehmen umfasst der Index derzeit und welche Gewichtung wird angewandt?
Die Singularity als Teil der jeweiligen Umsätze ist entscheidend. Der Index umfasst 300 Unternehmen, technisch sind es derzeit 297, bedingt durch Akquisitionen zwischen Dezember 2017 und Ende März 2018.
Der Index ist also kein klassischer Tech-Index, sondern geht über das Sektordenken hinaus?
Korrekt. Wir haben eine tendenziell abnehmende Korrelation gegenüber bekannten Tech-Schwergewichten wie dem Nasdaq-100 Index. In unserem Indexkonzept reichen beispielsweise die Kurs-Gewinn-Verhältnisse von 10x (Industrie-, Energie-, Konsumgüter-Unternehmen) auf 30x plus und bis auf 30x plus X, also Levels von Hochtechnologie.
Können Sie kurz ein paar Eckdaten zu Singularity Advisors sagen?
Wir sind in Zug ansässig und haben derzeit fünf Mitarbeiter, teils mit Finanzhintergrund, teils Tech-/Ingenieurwesen. Darüber hinaus konnten wir ein hochkarätiges Advisory Board zusammenstellen, das uns tatkräftig beim Thema Zukunftstechnologien unterstützt.
Sie sind ja derzeit im Beantragungsverfahren, um das Indexkonzept auch in Form eines Anlagevehikels investierbar zu machen. Gibt es da schon Signale?
Massgeblich ist die behördliche Genehmigung für das angesprochene Investment Vehikel. Sobald diese vorliegt, werden wir sehr rasch den Dialog mit interessierten Investoren und solchen von unserer Warteliste aufnehmen.
Herzlichen Dank!
VITA
Evelyne Pflugi ist CIO und Mitbegründerin der Singularity Advisors AG. Zuvor leitete sie einen Energie Fonds sowie Mandate im Bereich Natürliche Ressourcen im Themen-Investment-Team bei GAM Investment Management in Zürich. Sie begann ihre Investment-Management-Karriere als Analyst / Portfolio Manager bei Capital Research Global Investors in London, nachdem sie das Associates-Programm bei The Capital Group Companies in Los Angeles, Kalifornien, abgeschlossen hatte. Evelyne Pflugi hat einen Master-Abschluss in Lebensmittelwissenschaften mit Schwerpunkt Lebensmittelbiotechnologie und Verfahrenstechnik der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH), Zürich.