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payoff Blockchain Report

Die Antwort ist so verblüffend wie einfach: digitale Knappheit.

09.03.2021 6 Min.
  • Pascal Hügli

Bitcoin für Banker: Ja oder Nein?

Mit dem Beginn des neuen Jahres hat Bitcoin ein beeindruckendes Comeback hingelegt. Nachdem er von vielen Finan- zanalysten, Ökonomen und Bankexperten nach dem Hype von 2017 für tot erklärt worden war, hat sich das Krypto-Asset wie der sprichwörtliche Phönix aus der Asche wieder erhoben. Sein ehe- maliges Allzeithoch von USD 20’000 hat er längst hinter sich gelassen. Und noch scheint der Höhenflug nicht zu Ende zu sein.

Manch einer fasst sich ob der fabelhaften Preisrally der letzten Wochen an den eige- nen Kopf. Wie ist diese zu erklären? Eine Finanzblase, die in einer noch grösseren Dimension wiederkommt? Hat es sowas schon einmal gegeben?

Während einige über dieses kuriose Phänomen noch immer ungläubig den Kopf schütteln, scheint es anderen allmählich zu dämmern: Was, wenn es sich bei Bitcoin, aus der Vogelperspektive betrachtet, nicht um eine Blase handelt, sondern vielmehr um einen von digitalen Netzwerkeffekten und Potenzgesetzen getriebenen exponentiellen Trend? Was, wenn sich Bitcoin als epochale Entdeckung gerade seinen Weg bahnt, wie es nur alle paar Jahrhunderte geschieht?

Sollte das tatsächlich der Fall sein, dann ist klar: Lineare Modelle, die aufgrund einer Abweichung von einer Regression zur Mitte ausgehen, taugen wenig. Das bedeutet auch, dass konventionelle «Bubble-Frameworks» nicht funktionieren. Was nicht heissen will, dass der Bitcoin-Preise kurzfristig nicht über- oder unterschiessen kann. Doch würde mit jeder Korrektur der exponentielle Trend wieder aufgenommen und fortgesetzt.

Disruption beim Gelde selbst

Worin könnte diese obengenannte epochale Entdeckung denn bestehen? Die Ant- wort ist so verblüffend wie einfach: digitale Knappheit. Um deren Signifikanz zu verstehen, gilt es das Augenmerk auf eine andere revolutionäre Erfindung zu richten, den Buchdruck. Dieser macht die Vervielfältigung von Information möglich.

Begrenzte menschliche Schreibkraft war nicht länger ein einschränkendes Element, sondern konnte mittels maschinellen Buchdruckes zur Produktion und dem Kopieren von Information überwunden werden. Die Druckerpresse ermöglichte, Informationen schneller und weiter zu verbreiten. Das Tor zu einer endlosen Skalierung wurde aufge- stossen. Auch Geld konnte so skaliert wer- den. Zuerst über Papier und später dank elektronischen Registern. Heute existiert Geld in Form staatlicher Währungen eines elektronischen Bilanzeintrags in zentralen Buchungsregistern und kann in beliebigen Mengen geschaffen werden.

Nur wenige Wochen nach dem Höhepunkt der großen Finanzkrise 2008 stellte eine gewisser Satoshi Nakamoto ein neunseitiges Thesenpapier ins Internet. Darin beschrieb er ein digitales Peer-to-Peer Zahlungsnetzwerk namens Bitcoin. Was damals niemand ahnte und auch heute noch kaum von jemandem verstanden wird: Seine Entdeckung der digitalen Knappheit ist von ähnlicher Tragweite wie jene der Erfindung des Buchdrucks.

Bitcoin als Missing Link

Denn Bitcoin ist pure Information und damit digital über weite Distanzen hinweg einfach transferierbar. Zugleich ist Bitcoin absolut knapp. Geld verbleibt so skalier- und programmierbar, doch wird es auf das Fundament absoluter, digitaler Knappheit gesetzt. Dank Bitcoin ist Geld über Raum und Zeit optimal transferierbar. Im Raum aufgrund seiner digitalen Natur, über die Zeit wegen seiner absoluten Knappheit. Das Krypto-Asset ist in der Tat das fehlende Bindeglied, das der modernen Welt
noch gefehlt hat. Die schon von dem österreichischen Ökonomen Joseph Schumpeter beschriebene «schöpferische Zerstörung» findet gerade auf der Ebene des Geldes statt. Nur logisch irgendwie, dass Bank- und Finanzangelegenheiten, die alle auf Geld aufbauen, von diesem Wandel ebenfalls betroffen sein werden.

«Bitcoin ist pure Information und damit digital über weite Distanzen hinweg einfach transferierbar.»

Es ist dieser monumentale Umschwung, welcher einen jeden Banker dazu bewegen müsste, sich eingehend mit Bitcoin und dessen Konsequenzen zu beschäftigen, immerhin rüttelt das Krypto-Asset an den Grundfesten seiner beruflichen Einnahmequelle: dem Geld und dem Geschäft damit.

Gewiss ist das von einem Banker etwas zu viel verlangt. Geldsystem am Scheideweg, neues Basisgeld oder monetärer Umbruch, all das sind abstrakte makroökonomische Themen, für die das Alltagsgeschäft im Finanzsektor keine Zeit lässt. Das Problem ist nur: Immer mehr und immer häufiger fragen Kunden nach einer Einschätzung zur Krypto- welt. Wer heute keine aufgeklärte Meinung (auch eine kritische ist erlaubt, sofern sie auf Sachverstand basiert) und auf absehbare Zeit kein Angebot hat, macht sich als Banker oder Anlageberater unglaubwürdig.

Ganzheitliche Sicht ist gefragt

Das Jahr 2020 hat denn auch die Institutionalisierung von Bitcoin eingeläutet. Nicht nur ist das Anlageuniversum aufgrund einer Vielfalt von Krypto-Assets gewachsen, auch haben sich lukrative Geschäftsmöglichkeiten für Banken aufgrund der Kryptoent- wicklung aufgetan. Als solches scheint es für Banker heute unabdingbar, sich mit Bitcoin und Co. auseinanderzusetzen. Tun sie es nicht, können sie dem Kunden in der Beratung keine holistische 360-Grad-Sicht auf die Welt der Finanzen bieten. Es droht
der Kredibilitätsverlust.

Verloren gehen den Banken aber auch neue Chancen. Wer sich der Welt der Krypto-Assets verschliesst, kann weder Verwahrungslösungen noch andere Produkte anbieten. Folglich gehen potenzielle Neukunden zu einer anderen Bank oder noch verheerender, bestehende Kunden wandern ab. Im Resultat bedeutet das kleinere verwaltete Vermögen und somit auch weniger Umsatz und Ertrag.

Eine Reise, die sich lohnt

Aus der Erfahrung zeigt sich, dass Indifferenz oder Skepsis oftmals Unwissen, Missdeutungen und Halbwahrheiten geschuldet ist. In einer mehrteiligen Serie soll das Phänomen rund um Bitcoin daher hier im Payoff-Magazin be- und ausleuchtet werden. Verschiedenen Fragen soll auf den Grund gegangen werden: Wo liegt der Anwendungsfall und was ist die Krypto-Killer-App? Ist Bitcoin Währung, Asset, Netzwerk, Finanzsystem oder alles zusam- men? Worin besteht die Daseinsberechtigung Bitcoins und welche Vorteile haben wir davon? Ist die Blockchain-Technologie die eigentliche Revolution oder bloss Teil eines grossen Ganzen? In welcher Beziehung steht Bitcoin zu anderen Krypto-Assets, sogenannten Altcoins, und wer wird langfristig das Rennen machen? Ist Bitcoin dreckige Umweltsau oder doch eher Segen für die Technologie erneuerbarer Energien?

«Wo liegt der Anwendungs- fall und was ist die Krypto- Killer-App?»

Diese und weitere Fragen gilt es zu behandeln. Wenn es auch vielfach keine definitive Antwort gibt, so besteht zumindest die Hoffnung, dass die kommenden Ausführungen Unwissen mindern, indem Missdeutungen korrigiert, Halbwahrheiten entlarvt und Zusammenhänge aufgezeigt werden. Bitcoin für Banker also: Ja oder nein? Entscheiden Sie selbst und lassen Sie sich auf diese Reise ein.

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