Zurück
payoff Interviews

«Die FED zieht die Zügel definitiv an, aber eine Zinsspirale gibt es nicht.»

20.12.2016 5 Min.
  • Martin Raab

Jason M. Greenblath, Head North American Credit Research bei Aberdeen Asset Management, über die aktuelle Situation bei Unternehmensobligationen, Veränderungen in der Zinskurve und starke Verkaufsdisziplin.

Herr Greenblath, am Aktienmarkt ist seit dem Wahlsieg von Donald Trump die Sektorrotation voll im Gang. Wie hat sich der Wahlausgang bei den Obligationen ausgewirkt?

Die meisten US-Dollar-Anleihen haben ebenfalls profitiert – konkret heisst das, die Renditen gingen nach oben und die Spreads wurden enger. Insbesondere drei Branchen sind hier hervorzuheben: Technologie, Health Care und Financials. Bei den IT-Firmen, welche Bonds ausstehen haben, ist zum Beispiel Apple zu nennen. Dort haben die langläufigen Bonds stark reagiert und die Renditen sind angesprungen. Wir erwarten, dass Apple künftig weniger auf Bonds als Finanzierungsmöglichkeit zurückgreifen wird – das Angebot an Bonds ist somit überschaubar.

Sie nannten noch Health Care und Financials bei den beachtenswerten Sektoren. Was war dort los?

Im Health Care-Sektor, speziell bei den Pharma-Unternehmen, hat der Wahlsieg von Donald Trump geholfen, die Ängste von einer Überregulierung zu nehmen. Parallel hat das wandelnde Zinsklima in den USA, wie auch bei den gerade genannten Bonds aus dem Technologie-Bereich, für steigende Renditen gesorgt. Im Finanzbereich haben die möglichen Deregulierungsbestrebungen für Nachfrage nach Investment Grade Bonds und engere Spreads gesorgt. Die Profitabilität der Finanzhäuser wird durch eine Zinswende ebenfalls verbessert.

Wie steht es um die allgemeine Kreditqualität von US-Firmenobligationen?

Generell über alle Sektoren hinweg ist der Trend eher negativ. Das hängt direkt mit dem zunehmenden Leverage in diversen Unternehmensbilanzen zusammen. In Zeiten sehr tiefer Zinsen gab es eine regelrechte «Mergermania». Man hat fröhlich fusioniert, obwohl die Synergien häufig nur auf dem Papier sinnvoll erschienen. Gescheiterte Zusammenschlüsse werden nun wieder entkoppelt und als Spin-Off durchgeführt, wie beispielsweise Xerox/Conduent.

Tiefe Zinsen sind ein gutes Stichwort. Was macht die FED nun Ihrer Meinung nach?

Die FED zieht die Zügel definitiv an, aber eine Zinsspirale gibt es nicht. Die Zinserhöhung um 25 Basispunkte war bereits eingepreist. Im Markt geht man mit Blick auf 2017 von einer weiteren Erhöhung um 25 Basispunkte aus. Aber wir sind wirklich skeptisch, ob es darüber hinaus einen Zinserhöhungsmarathon geben wird – wahrscheinlich nicht.

Wird der Durchschlag auf die US-Staatsanleihen durch die Zinserhöhungen heftig oder mild?

Wir sind da einigermassen entspannt. Viele institutionelle Anleger werden jetzt mehr und mehr gezwungen, vom Rande des Spielfelds wieder zurückzukommen und Anlagen in Obligationen vorzunehmen. Viele sind unterinvestiert in US-Staatsanleihen, insbesondere die 30-jährigen Treasuries könnten rasch eine erhöhte Nachfrage sehen.

Kommen wir zu interessanten Anlageideen. Wo sehen Sie derzeit Chancen?

Grundsätzlich gilt, dass man als Anleger nicht zögerlich sein sollte, in Bezug auf Ihre Frage zu den Chancen, auch Positionen mit Gewinn zu verkaufen. So haben wir uns bereits im Jahr 2014 von den Obligationen aus dem US-amerikanischen Energiebereich verabschiedet und Gewinne realisiert. Reinvestiert wurde in A-geratete Bonds aus dem Industriebereich. Aktuell versprechen wiederum Energie-Infrastrukturbonds grosses Potenzial. Insbesondere deswegen, weil diese Bonds nicht so zinssensitiv wie die Obligationen von Versorgungsunternehmen, also Strom- und Energiefirmen, sind. Auch der eingangs erwähnte Pharmabereich bietet bei den Bonds interessante Angebote. Dort kühlt sich die M&A-Aktivität insgesamt etwas ab, die Bilanzen können weiter gesunden. Jetzt gibt es im Pharmabereich entsprechend bessere Preise als vorher.

 

«Die FED zieht die Zügel definitiv an, aber eine Zinsspirale gibt es nicht.»

Von welchen Corporate Bonds-Emittenten sollte man besser die Finger lassen?

Riskanter sehen wir den Bereich Consumer Goods mit Namen wie Macy’s oder Kohl’s. Diese Retailketten könnten Gegenwind spüren. 

Gibt es Beispiele für Corporate Bonds, die nach wie vor attraktiv sind?

Absolut. Hier fällt mir Apple und die dazu gehörige Obligation ein. Das Unternehmen hat sich von null US-Dollar Schulden auf insgesamt 90 Milliarden bewegt. Im aktuellen Umfeld könnte beispielsweise die 2023er-Anleihe mit rund 3% Rendite p.a. eine gute Beimischung sein, denn Apple wird möglicherweise keine neuen Anleihen mehr emittieren, sondern eher in Richtung Repartierung gehen.

Kommen wir kurz zum Investment-Team. Was können Sie uns hierzu sagen?

Wir sind ein Team von sieben Analysten in Philadelphia und sind stolz auf unseren ganzheitlichen Research-Ansatz. Das heisst, wir haben keine Einzelfiguren im Sinne eines Guru-Fondsmanagers, sondern agieren gemeinsam als Sektormanager. Jeder kümmert sich um einen spezifischen Industriezweig. Im Anlageprozess agieren Portfolio-Manager, Analysten und Händler gemeinsam.

Wie muss man sich Ihren Anlageprozess in wenigen Worten vorstellen?

Aberdeen Asset Management verfolgt im Obligationenbereich den klassischen Bottom-Up-Ansatz. Wir sehen uns den Bond-Emittenten sehr genau an und starten nicht mit der sprichwörtlichen «Sektorgiesskanne». Zusätzlich haben wir eine ausgeprägte Verkaufsdisziplin. Wenn es also in unserem rund 100 Bonds umfassenden Fonds notwendig wird, Gewinne bei guten Performern mitzunehmen, dann tun wir das konsequent. Unser Limit für einzelne Bonds liegt bei 3%.

Abschliessend: Was können Sie uns zur Outperformance sagen?

Unsere Corporate Bond-Strategie hat eine Outperformance von 124 Basispunkten, also 1,24%, seit Auflegung und 0,90% seit Jahresbeginn 2016

 

VITA
Jason Greenblath ist Head of North American Credit Research im North American Fixed Income Team von Aberdeen Asset Management in Philadelphia. Der Investmentexperte ist Sektormanager für Technologie, Medien und Telekommunikation, zusätzlich ist er für alle Researchanalysten im Team verantwortlich. Jason Greenblath stiess im Jahr 2008 zu Aberdeen. Zuvor arbeitete er für RBS Greenwich Capital als High Yield/Distressed Kreditanalyst. Der Amerikaner schloss seine akademische Laufbahn mit einem Bachelor in Finance der Pennsylvania State University ab. 

 

Weitere News aus der Rubrik

Unsere Rubriken