Zurück
payoff Focus

Die Newcomer werden erwachsen

13.09.2017 8 Min.
  • Martin Raab

Exchange Traded Products, konkret ETFs, gehören inzwischen zum guten Ton der Geld-anlage. Doch erste Zeichen deuten auf eine gewisse Sättigung hin. Knapp die Hälfte der Anlegerschaft hat Mühe, die Übersicht zu be-halten, einige planen sogar das ETF-Exposure zu reduzieren. Alle Resultate der diesjährigen «ETF Investor Satisfaction Survey» auf einen Blick.

Über den Siegeszug der börsenkotierten Anlagefonds, kurz ETFs, wurde und wird in der Finanzliteratur gerne und häufig berichtet. So überwiegen insbesondere in breiten Märkten wie dem SMI, DAX oder S&P 500 die Vorzüge, seine Geldanlage zu passivieren und simpel dem Index zu folgen – bewusst unschlagbar günstiger Einheitsbrei statt individueller Starkoch. So sind bei Privatanlegern und unabhängigen Vermögensverwaltern ETFs inzwischen Teil des geläufigen Menüplans. Weltweit waren Vermögen in Höhe von USD 4.1 Bio. (per Ultimo Juni 2017) in ETFs investiert. Regional dominieren nach wie vor die USA, wo USD 2.9 Bio. in ETFs passiv verwaltet werden. In Europa sind in ETFs rund USD 680 Mrd. investiert. Asien hat mit USD 357 Mrd. noch Nachholbedarf. In der Schweiz sind (ebenfalls per Stand Juni 2017) inzwischen USD 103 Mrd. in ETFs investiert. Parallel ist das Produktangebot hierzulande stark am Wachsen: Über 1’200 ETFs sind bereits bei SIX Swiss Exchange kotiert. Die Mehrheit des Angebots an der Schweizer Börse umfasst Aktien-ETFs, allein die Anlageklasse «Aktienentwickelte Regionen» hat über 340 ETFs im Angebot. Stark im Kommen sind ETFs auf Anleihen, welche inzwischen 240 Produkte umfassen.

Breit abgestützte Meinungen
ETFs passen somit für eine Vielzahl an Geschmäckern. Umso interessanter sind die Rückmeldungen und die Zufriedenheit der Buy-Side. Hierfür wurden nun bereits schon im dritten Jahr breitgefächerte, wiederkehrende Fragen an das ETF- und indexingaffine Fachpublikum im Rahmen der «ETF Investor Satisfaction Survey» gestellt. Die Benamung der Umfrage wurde dieses Jahr von ETP & Index Investor Survey auf ETF Investor Satisfaction Survey geändert, um den Fokus zu präzisieren. Der Löwenanteil der rund 200 Rückmeldungen kommt dieses Mal nicht mehr aus dem Lager der Privatanleger (48.50%), sondern von professionellen Anlegern: Private Banker lieferten rund 26% der Feedbacks und unabhängige Vermögensverwalter 14.30%. Die übrigen Umfrageteilnehmer teilten sich auf Investmentbanking (4.30%), Fondsmanager (3.80%) und Pen-sionskasse (2.90%) auf. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine Belebung von Rückmeldungen zugunsten der Privatkundenberater. Insgesamt stammen exakt 51.50% der Umfrageergebnisse von professionellen Finanzmarkt-Teilnehmern.

Gewisse Sättigung bestätigt
Die Mehrheit der Befragten (57.62%) besitzt mehr als eine Million Franken bzw. verwaltet mehr als eine Million Franken für Kunden. 16.10% der Teilnehmer/innen administrieren sogar mehr als CHF 100 Mio. In Sachen Nutzungsdauer sind 37.29% der ETF-Anleger bereits seit fünf Jahren in und mit diesen Finanzprodukten investiert. 23.73% sind bereits seit zehn Jahren in ETFs aktiv. Mehrfach-Antworten waren in Sachen Anlageklasse möglich. Dort ist nach wie vor grosser Appetit auf Aktien-ETFs zu verspüren: 89.83% aller Rückmeldungen geben an, diese Anlageklasse mit ETFs abzubilden. Im Vorjahr waren es noch 80.00%. Rohstoff-ETFs sind ebenfalls beliebt, im Vorjahresvergleich leicht gestiegen (47.10% vs. 49.15%). Den generellen Mittelzuflüssen zum Trotz gab die befragte Buy-Side eine leicht reduzierte Nutzung von Anleihe-ETFs an (von 35.30% auf aktuell 32.20%). Klare Worte fanden die Umfrageteilnehmer/innen bei der geplanten Nutzung von ETFs in den nächsten zwölf Monaten. Wollten letztes Jahr noch 38.8% die Nutzung erhöhen, gaben dieses Mal nur 23.73% ein solches Vorhaben an. Eine gewisse Sättigung innerhalb der Schweizer Anlegerschaft bestätigt sich. 60.17% (statt 56.5% vormals) votierten für eine gleichbleibende Nutzung von ETFs. 16.10% legten eine reduzierte Verwendung offen, im letzten Jahr waren es noch 11.40%. Überraschend gut sind die Schweizer Investoren mit dem Trend-Thema «Factor Investing» vertraut. So gab die Mehrheit (60.17%) an, über entsprechende Fachkenntnisse und Informationen zu verfügen.

«51.50% der Umfrageergebnisse stammen von professionellen Finanzmarkt-Teilnehmern.»

Einfach war gestern
Bei den ETFs charakterisierenden Attributen konnte einzig die Aussage «Einfacher zu handeln» von 58.80% aller letztjäh-rigen Umfrage-Teilnehmer auf 61.02% zulegen. Die übrigen Charaktereigenschaften wurden eher gemässigter vergeben. Dem Argument, ETFs seien «Besser zu verstehen», stimmten nur noch 15.23% statt 23.50% zu. Ein weiterer Beleg für die zunehmende Unübersichtlichkeit des Produktangebots – nicht nur in der Schweiz. Auch im europäischen Ausland steht der rasante Anstieg des Produktspektrums einer wachsenden Fokussierung auf bekannte Konzepte und klar nachvollzieh-bare Indexangebote gegenüber. So bemängeln 48.31% aller Umfrageteilnehmer der «ETF Investor Satisfaction Survey» explizit das zu grosse, unübersichtliche Angebot an ETFs. Im letzten Jahr lamentierten nur 44.7% über diesen Makel. Po-sitive Fortschritte macht offenbar die Verteilung und Bereit-stellung von Underlying-Informationen. So bemängelten nur noch 15.15% statt 24.7% fehlende Informationen zum jeweiligen Index. Auch gab es viele individuelle Rückmeldungen. Ein Umfrageteilnehmer sieht die Gefahr, dass ETFs die Marktme-chanismen aushebeln. «Einerseits sind die Volumina riesig, mit steigender Tendenz, und so wird das Interesse für Anlagen in Einzeltitel geringer. Ebenso sieht man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr, d.h. die Menükarte ist unübersichtlich gespickt mit Jumbo-Portionen, sprich Faktorprodukte / Smart-Beta, sodass einem à la longue der Appetit vergehen kann», so die Rückmeldung eines High-Net Worth Individuals. Ein aktiver Anleger bemängelt «die zum Teil zu hohen Spreads für kurzfristige Trading-Geschichten mit ETFs». Hier empfiehlt es sich, auf der Börsenwebsite oder bei Informationsportalen wie payoff.ch vorab die Spreads absolut und auch im Peer- Group-Vergleich anzusehen. Unterdessen legte übergreifend die Wichtigkeit von Elementen wie Tracking Error oder NAV vs. gehandelter Preis zu.

Votum der Anlegerschaft…
Das Filetstück der «ETF Investor Satisfaction Survey» ist selbst-verständlich die jährliche Bewertung von Produktanbietern sowie Indexprovidern. Es wurden vier Qualitätskriterien de-finiert, zu welchen die Umfrageteilnehmer eine Einschätzung geben sollten: Innovationskraft, Produktqualität, Servicezu-friedenheit und Attraktivität der Gebührenstruktur. Innerhalb dieser Rubriken konnte die Einteilung in «sehr stark» (sechs Punkte) bis «sehr schlecht» (ein Punkt) von den Umfrageteil-nehmern vorgenommen werden. Pro Rubrik sind maximal sechs Punkte erzielbar. Multipliziert mit den vier genannten Kriterien ergibt sich eine maximale Gesamtsumme von 24 Punkten. Über alle Ränge hinweg wurden dieses Mal tenden-ziell bessere Bewertungen sowohl für ETF-Anbieter als auch Index-Provider vergeben. Die besten Werte bei allen vier Qua-litätskriterien erreichte dieses Jahr iShares, die ETF-Marke von BlackRock. Damit wurde der Vorjahresgewinner Vanguard auf den zweiten Platz verdrängt. Auffällig ist, dass die Kriterien In-novationskraft und Produktqualität bei iShares dem absoluten Maximum von 6.0 sehr nahe kamen. Den dritten Rang bei der diesjährigen Umfrage erreichte UBS ETF. Bei der ETF-Division der Grossbank scheint aus Optik der Anlegerschaft alles erst-klassig zu sein, ausser der Gebührenstruktur. 

… führt zu Umwälzungen
Das weitere Mittelfeld umfasst sehr eng beieinanderliegende Bewertungen. PowerShares ist in der Gunst der abstimmenden Anleger aufgestiegen und liegt mit Amundi und ComStage jetzt auf fast identischen Levels – in Sachen Gebühren hat Amundi allerdings die Nase vorne. ETF Securities, einem stark rohstofforientierten Emittenten, wird innerhalb des weiteren Mittelfelds eine hohe Produktqualität attestiert. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen ist bei den zwei ausländischen ETF-Giganten zu verzeichnen: State Street mit der Marke SPDR und die Deutsche Asset Management mit Xtrackers pendeln mit 20.2 bzw. 20.0 fast auf demselben Level. Den Amerikanern wird die bessere Gebührenstruktur zugebilligt. Die Zürcher Kantonalbank blitzt mit einer hohen Produktqualität bei ihren Edelmetall-ETFs bei der Umfrage, kann aber unter dem Strich – bedingt durch das produktseitige Nischenangebot – wiederum nur im unteren Mittelfeld landen. Ein ähnliches Bild bei GAM, welches die Markenrechte für Julius Bär Funds hält und Edelmetall-ETFs anbietet. WisdomTree und VanEck sind dieses Mal auf den hinteren Plätzen gelandet. Das Thema Gebühren bei erstgenanntem ETF-Anbieter wurde als vergleichsweise mässig bewertet und war schon im letzten Jahr bei Wisdom-Tree die Rubrik mit den tiefsten Werten. Insgesamt zeigt sich klar, dass es unter den in der Schweiz tätigen ETF-Anbietern eine kleine Spitzengruppe mit erstklassigen Bewertungen gibt, ein breites Mittelfeld (wo isolierte Qualitätskriterien abgedeckt werden) und wenige Nischenplayer.

«Das Top-Trio besteht aus iShares, Vanguard und UBS ETF, gefolgt von Amundi, ETF Securities, SPDR und Deutsche Asset Management.»

 

Stabwechsel bei besten Indexprovidern
Traditionell ein weiterer Teil der Umfrage bezieht sich auf die Index-Anbieter und deren Qualitäten. Dort kamen dieses Jahr die meisten Zuwächse über alle Kriterien hinweg beim Indexprovider FTSE Russell zustande. Das in London behei-matete Unternehmen gehört der London Stock Exchange und sein Indexspektrum dient u.a. Vanguard-ETFs als Basiswert. Auf den zweiten Platz gedrängt wurde S&P Dow Jones Indi-ces, der Vorjahrsprimus. Der Newcomer im Schweizer Markt, SMI Indices als Teil von SIX Swiss Exchange, wurde von den Umfrageteilnehmern als einer der Anbieter mit der höch-sten Produktqualität angesehen. Die übrigen Indexprovider lieferten sich wiederum ein enges Rennen. STOXX als Teil der Deutschen Börse, MSCI und auch Solactive pendeln mit den Total-Werten in sehr ähnlichen Terrains. Nasdaq OMX Indizes hinkten in der Zufriedenheitsanalyse hinterher. Zum Abschluss ein klares Votum pro ETFs. Auf die Frage, ob man diese Produkte seinen Freunden und Bekannten als Finanz-instrument empfehlen würde, antworteten 96.61% mit «Ja». Angesichts dieser hohen Empfehlungsrate würde, ausgedrückt in Restaurant kritiken von Michelin und Gault-Millau, die Anla-geform ETFs drei Sterne oder vier Mützen erhalten. 

«96.61% ist die Empfehlungsrate für ETFs. Das Äquivalent von Restaurantkritiken wären drei Sterne oder vier Mützen.»

 

Weitere News aus der Rubrik

Unsere Rubriken