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payoff Interviews

«Die Welt verändert sich rasant. Es reicht nicht mehr aus, sich im Portfoliokontext nur auf klassische Indizes zu fokussieren.»

15.11.2019 6 Min.
  • Serge Nussbaumer, Chefredaktor

Roman Przibylla, Head of Public Distribution Investment Solutions bei Vontobel über die neu lancierte Plattform investerest, deren Mehrwert und als Zückerchen das Strategie-Zertifikat Trade Conflict Winners.

Herr Przibylla, Vontobel hat vor wenigen Tagen die neue Plattform investerest.com lanciert. Welchen Mehrwert bietet diese für Privatanleger?
Mit investerest ermöglichen wir erstmals einer breiten Anlegerschaft Zugang zu professionell verwalteten Anlagestrategien von Investment Managern und unabhängigen Vermögensverwaltern. Der neue Marktplatz bietet darüber hinaus eine vielfältige Auswahl an Themen-Zertifikaten auf Mega-Trends wie 5G, Cyber-Security, E-Sports und Mobile Gaming sowie auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Anleger haben die Möglichkeit, aus einer Vielzahl von Anlagelösungen, die für sie passenden Produkte auszuwählen. Die neue Plattform schliesst somit die Lücke zwischen Anlegern und Investment Managern und trägt gleichzeitig dem «Community- Ansatz» Rechnung. Während Anleger die einzelnen Anlagestrategien bewerten können, haben Investment Manager die Möglichkeit, das aktuelle Marktgeschehen zu kommentieren und die Auswirkungen auf ihre Strategie transparent darzustellen sowie für die breite Anlegerschaft zu öffnen.

Themen-Zertifikate sind bei Ihnen voll im Fokus. Wie kommt’s und woher nehmen Sie all die Ideen?
Das stimmt. So schnelllebig wie die Welt heute ist, reicht es meiner Meinung eben nicht mehr aus, sich im Portfoliokontext nur auf klassische Indizes wie einen SMI oder S&P 500 zu fokussieren. Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel geben: Im Jahr 2004 war das wertvollste Unternehmen der Welt General Electric, gefolgt von ExxonMobil, Microsoft und Pfizer. Die Top 10 Unternehmen kamen aus dem Technologie-Sektor, der Energiebranche sowie den Finanzdienstleitern wie CitiGroup, AIG oder Bank of America. Heute sieht das Bild deutlich anders aus. Die Welt dreht sich weiter und das immer rasanter. An der Spitze stehen heute Microsoft, Apple und Amazon. Die Top 10 werden von Technologie-Unternehmen aus den USA und Asien dominiert. Energie-Unternehmen und Finanzdienstleister sucht man dort fast vergeblich. Wer diesen Trend frühzeitig erkannt und in Aktien dieser Unternehmen investiert hat, blickt heute sicherlich mit Freude auf sein Depot. Und genau das versuchen wir, täglich für Anleger zu machen. Aus einer Vielzahl an unterschiedlichen Quellen, wie unser eigenes Research oder die Zusammenarbeit mit externen Experten, erkennen wir frühzeitig diese Trends und entwickeln daraus entsprechende Anlagelösungen für Anleger. Die beste Quelle für diese Ideen sind und bleiben aber die intensive Bindung, die wir als Bank seit Jahren zu unseren Kunden pflegen. Wir hören unseren Kunden zu und entwickeln aus ihren Bedürfnissen viele gute Themen-Zertifikate, und das in nur wenigen Wochen.

Welche Idee liegt dem, am 4. November librierten, neuen Strategie-Zertifikat zugrunde, das auf dem Vontobel Trade Conflict Winners Emerging Markets Index basiert?
Was als Handelskonflikt zwischen den USA und China in den Medien Präsenz findet, ist weitaus mehr als das. Es ist ein Kampf um eine neue Weltordnung. Ein Kampf um die nächste digitale Supermacht. Genau diesen Titel trägt auch eine Studie, die wir gemeinsam mit der Eur-
asia Group vor wenigen Wochen herausgegeben haben. Diese blickt über den jetzigen Handelsstreit hinaus auf dessen Wurzeln und analysiert die Implikationen für die Weltwirtschaft. So belastend die Handelsspannungen global sind, so gibt es auch Länder, Regionen und Sektoren, die von den Machtverschiebungen profitieren könnten. Denn am Ende des Tages könnten weder China noch die USA zu den Gewinnern gehören, sondern ausgewählte Schwellenländer. Warum ist das so? Niedrige Arbeitskosten sprechen für eine Auslagerung von Produktions-
ketten nach Südostasien. Gleichzeitig hat sich das Geschäftsklima dort kontinuierlich verbessert. Länder wie Vietnam, Indonesien, Thailand, Bangladesch, Taiwan, Malaysia und Mexiko werden von US-Strafzöllen auf chinesische Waren – zumindest zu Beginn – am meisten profitieren. So haben seit dem Anfang der chinesisch-amerikanischen Handelsspannungen die ausländischen Direktinvestitionen in Vietnam, Indonesien und Thailand bereits Rekordhöhen erreicht. Lateinamerikas Wirtschaft dagegen dürfte von einer wachsenden Nachfrage aus den USA stimuliert werden. Damit Anleger an diesen Verschiebungen partizipieren können, haben wir dieses Zertifikat entwickelt, das auf die Länder und Sektoren setzt, die zu den Profiteuren gehören könnten.

«Die beste Quelle für diese Ideen sind und bleiben aber die intensive Bindung, die wir als Bank seit Jahren zu unseren Kunden pflegen.»

Wie sieht der Selektionsprozess der Titelauswahl aus?
Der Ausgangspunkt des Selektionsprozesses sind Aktien aus den Schwellenländern, den sogenannten Emerging Markets, die an einer Börse kotiert sind. Jede dieser Aktien wird anhand von mehr als 100 Faktoren bewertet, die in sechs sich ergänzenden Kategorien unterteilt sind. Diese Kategorien sind zum Beispiel «Valuation», «Growth», «Momentum» oder auch «Safety». Je besser eine Aktie in diesem Bewertungsmodell abschneidet, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Outperformance gegenüber den anderen Schwellenländer-
Aktien. Im Anschluss wurden die Aktien aus den voraussichtlich profitierenden Ländern des Konflikts zwischen USA und China zu mindestens zwei Drittel selektiert. Mexiko und Indonesien sollen dabei nun die grösste Anfangsgewichtung im Index haben. Hinzu kommen weitere mögliche Profiteure wie Thailand, Taiwan, Brasilien und Malaysia. Die Indexwährung ist US-Dollar und der Index umfasst bei Emission mindestens 15 Titel aus elf verschiedenen Sektoren und zehn verschiedenen Ländern.


Wie häufig wird die Zusammensetzung des Index verändert?
Der Index wird mindestens halbjährlich angepasst. Die Netto-Dividenden werden nach Abzug länderspezifischer Quellensteuern reinvestiert. Was unterscheidet das Zertifikat von einem breit diversifizierten Emerging-Markets-Zertifikat? Warum sollten sich Anleger für dieses Zertifikat entscheiden? Wie eingangs erwähnt, verändert sich die Welt in der wir leben immer weiter. Auch Anleger sollten ihre bestehenden Positionen im Portfolio hinterfragen und sich Gedanken machen, ob die Zusammensetzung eines klassischen Index wie beispielweise des MSCI Emerging Markets auch noch in den kommenden Jahren sinnvoll ist. Der Vontobel Trade Conflict Winners Emerging Markets Index ist eine zeitgemässe Alternative zu einem klassischen Emerging-Markets-Zertifikat oder ETF. Der MSCI Emerging Markets hat einen grossen Anteil von 33% an chinesischen Aktien. China könnte der Studie zufolge aber einer der Verlierer werden, auch wenn es zu einer tiefen Rezession in China wahrscheinlich nicht kommen wird. Sollten sich die Handelsspannungen jedoch weiter hinziehen, wovon auszugehen ist, dürften, ähnlich wie Vietnam in der Vergangenheit, Länder wie Malaysia, Indonesien, Thailand, Mexiko und Brasilien von der Verschiebung der Produktionsketten sowie Verkürzung der Handelsketten profitieren. Dies zeigt sich auch in einem Backtesting, das wir gemacht haben. Selbstverständlich ist die Vergangenheit kein Indikator für die Entwicklung in der Zukunft. Aber laut dieser Simulation hätte sich der Vontobel Trade Conflict Winners Emerging Markets Index in seiner heutigen Zusammensetzung ab Mitte 2018, als sich der Handelskonflikt verschärfte, vom MSCI Emerging Markets abgesetzt und diesen deutlich übertroffen. Während der MSCI Emerging Markets in diesem Jahr knapp 7% zugelegt hat, hätte der Vontobel Trade Conflict Winners Emerging Markets Index etwas mehr als das Doppelte an Wert gewonnen.

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