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payoff Learning Curve

Doppelte Chancen: Long-/Short-Zertifikate

05.02.2014 4 Min.
  • Dieter Haas

Das inverse Setzen auf zwei konkurrierende Basiswerte eröffnet neue Chancen – abseits klassischer Anlagestrategien. Long-/Short-Zertifikate bieten hierbei doppelte Chancen. Bis dato ist diese Produktvariante bei vielen Anlegern aber noch unbekannt.

Erfolgreicher Exot in der Schweizer Landschaft

Ein erfolgreiches Beispiel ist das im August 2012 lancierte L/S-Zertifikat EFGCKO auf das Paar Exxon (Long) / Apple Computer (Short). Ein Jahr lang funktionierte diese Kombination ganz im Sinne des Erfinders. Seit einigen Monaten hat sich allerdings das Blatt gewendet. Bis zum Verfall im August 2014 könnte der aufgelaufene Gewinn gänzlich verloren gehen. Ändern die Rahmenbedingungen wie im Beispiel EFGCKO, dann müssten investierte Anleger die Konsequenzen ziehen und rasch zum Verkauf schreiten. Diese Schwankungen in der relativen Entwicklung zweier Basiswerte sind für den Produkttyp typisch. Je länger die Laufzeit, desto schwieriger wird die Einschätzung. Damit das Ganze bis zum Verfall ein Erfolg wird, müssen Markterwartung der Basiswerte und Laufzeit exakt übereinstimmen. Für endliche Long-/Short-Zertifikate empfiehlt sich maximal eine Laufzeit von rund einem Jahr.

Bisher fehlen die Anleger

Trotz der interessanten Gestaltungsmöglichkeiten hält sich das Interesse nach diesem Produkttyp hierzulande in Grenzen. Das musste jüngst auch die ZKB zur Kenntnis nehmen. Deren vielversprechendes Produkt Facebook(Long) / Twitter (Short) mit dem ursprünglich geplanten Kürzel SOCIAL vermochte nicht genügend Investoren anzulocken. Dabei wären die Eckdaten durchaus vorteilhaft gewesen. Die Euphorie um den jüngst erfolgten Börsengang von Twitter bescherte der Aktie am ersten Handelstag im Vergleich zum Ausgabepreis einen kometenhaften Kurssprung um 73%. Im Gegensatz zu Facebook, welches im dritten Quartal seinen Umsatz überraschend um 60% auf mehr als USD 2 Mrd. steigern konnte und einen Nettogewinn von USD 425 Mio. aufwies, schreibt das weit kleinere Twitter allerdings nach wie vor rote Zahlen. Experten erachten denn auch das Börsenniveau von Twitter als weit überrissen und rechnen mit einer divergierenden Kursentwicklung der beiden Aktien. Folgerichtig laufen die Konsensus-Schätzungen der vom Finanzdienstleister Bloomberg erfassten Analysten auf zwölf Monate diametral auseinander. Trotz bester Voraussetzungen vermochten sich die Anleger leider nicht für das offerierte Produkt zu erwärmen.

Endlos laufende Long-/Short-Zertifikate

Ausnahmen bestätigen die Regel. Es gibt Situationen, bei denen eine Divergenz länger andauert und eine Fixierung der Laufzeit sich als hinderlich erweist. Dazu zählt das im Juli 2007 ausgegebene, in Deutschland kotierte Long-/Short-Zertifikat SG03N1 auf die Rohölsorten Brent und West Texas Intermediate (WTI). Es entwickelt sich seit der Emission konstant in die gewünschte Richtung. Der zwischenzeitliche Angebotsüberhang und wegen fehlender Pipelinekapazitäten eingeschränkte Exportmöglichkeiten führten zu einer zunehmenden Differenz der beiden wichtigsten Ölsorten. Das, langfristig betrachet, atypisch hohe Agio von Brent zu WTI dürfte mittlerweile jedoch seinen Höhepunkt erreicht haben. Ein Aufspringen auf den fahrenden Zug lohnt vermutlich nicht mehr. Der Anbieter hat jedoch auch ein passendes Produkt für eine inskünftig konvergierende Entwicklung.

Möglichkeiten des Produkttyps für SMI-Titel

Vielversprechende Long-/Short-Kombinationen liessen sich auch auf SMI-Titel konstruieren. Gemäss dem Konsensus der vom Finanzdienstleister Bloomberg erfassten Analystenempfehlungen wären Transocean (Long) und Geberit (Short), auf ein Jahr gesehen, ein gewinnträchtiges Paar.
Bei einer Koppelung des Basiswertes an den Index (Beispiel: Long Transocean / Short SMI) würden die möglichen Ertragspotenziale geringer ausfallen, sofern die Erwartungen sich als richtig erweisen.

Vorteile versus Nachteile

Long-/Short-Zertifikate ermöglichen die Erzielung attraktiver Erträge unabhängig von der absoluten Entwicklung der Aktienmärkte. Diese marktneutrale Strategie ist von bekannten Hedgefonds, insbesondere dem Ur-Hedgefonds von A.W. Jones, abgekupfert. Die Strategie eignet sich daher für Anleger mit einer prononcierten Meinung zur relativen Entwicklung. Nachteilig ist der Verzicht auf Dividendenausschüttungen. Bei einer Fehleinschätzung kann zudem ein Kapitalverlust auch bei steigenden Kursen eintreten. Handelsstrategien à la «trial and error» können bei L/S-Zertifikaten sehr schnell fatal enden. Der letzte Aspekt mag mit ein Grund sein für die Skepsis gegenüber diesem Produkttyp. Relative Wetten auf einzelne Aktien sprechen hierzulande bislang leider nur eine kleine Käuferschicht an. Möglicherweise mischt aber schon bald der eine oder andere aufgeklärte Anleger Long-/Short-Zertifikate dem Portfolio bei.

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