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payoff Trading Desk

Ein Bildschirm voller Narren

10.03.2021 2 Min.
  • Martin Raab

Spätestens seit Mitte Januar 2021 kennt mutmasslich jeder Privatanleger und Institutionelle Profi die Aktien von Gamestop und AMC sowie den Online-Broker Robin Hood – als Synonym für exzessive Kurskapriolen und einen fulminanten Absturz.

Der Traum tausender Kleinsparer über Nacht Millionär zu werden musste innert weniger Trades schmerzlich beerdigt werden. Die Revolution der Rambo-Trader gegen stereotypische Wall Street Bonzen ist gescheitert. Nachdem in Amerika das politische Business nicht lange fackelt, wurde nun vor wenigen Tagen zum medialen Kreuzverhör ins Repräsentantenhaus «geladen». Konkret im House Financial Services Committee erschienen u. a. virtuell Vladimir Tenev (CEO Robin Hood), Ken Griffin (CEO Citadel) und Keith Gill (34-jähriger Privatanleger, bekannt aus dem Reddit Board und mit Katzenposter im Hintergrund während des offiziellen Staatsverhörs). Die drei Finanzakteure und alle weiteren, zugeschalteten Personen konnten unterschiedlicher nicht sein und dem aufmerksamen Zuseher visualisiert sich schon während der ersten Minuten dieses Video-Verhörs eine unsichtbare Narrenkappe. Das Settlement innert zwei Tagen sei ein «unnötiges Risiko» lamentiert der jugendliche Robin Hood Boss und ergänzt mit der naiven Zugabe: «Liquidität ist eine grosse Sache bei Finanzdienstleistungen» und kann Domino-Effekte auslösen. Nebulös startet auch der CEO von Citadel und stochert im heissen Brei zum Thema «bezahlter Orderflow», lobt ihn aber keine fünf Minuten später als «Quelle für Innovation in der Finanzindustrie». Dann folgtParodie auf Parodie. Der humoristische Höhepunkt stammt von Robin Hood: Kundencenter gibt’s in vier Bundesstaaten aber die Hotline ist nicht zu empfehlen, wenn man ein akutes Trading-Problem hat. Man arbeitet aber so schnell wie möglich daran, diesen Missstand zu beheben. Sehr treffend feuert der 75-jährige Südstaaten-Abgeordnete David Scott die letzte Salve gegen die Finanz-Clowns: «Diese Episode zeigt ein ernsthaftes Problem auf, wenn Tweets und Social Media Posts mehr Einfluss auf Marktbewegungen haben als nüchterne, legitime Informationen». Der erleichternde Druck auf den Aus-Knopf des Videoplayers lässt zugleich imaginäre Fragezeichen erscheinen: Gibt’s die Narren im Finanzmarkt nur westlich des Atlantiks? Vielleicht ist die Passionszeit auch ein guter Moment, um das ein oder andere Thema im Finanzmarkt kritisch zu überdenken.

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