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payoff Interviews

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die neue Technologie zum neuen Standard wird.

02.07.2020 5 Min.
  • Serge Nussbaumer, Chefredaktor

Guido Bühler, CEO der SEBA Bank, zur Blockchain, deren Einsatzgebiete und Vorteile und zur Frage wohin die Reise der SEBA Bank führen wird.

Viele der Leser wissen im Generellen um was es sich bei einer Blockchain handelt. Dennoch bitte ich Sie zu Beginn um eine kurze Einführung. Was ist die Blockchain und wofür ist die Blockchain gut?
Eine Blockchain ist eine dezentralisierte Datenbank. Die Transaktionen und Informationen werden nicht auf einem zentralen Rechner, sondern auf sehr vielen Rechnern parallel gehalten. Sie sind dadurch unveränderbar, manipulationssicher und rückverfolgbar. Die Daten sind also extrem sicher aufgehoben. Während normalerweise digitale Güter, wie MP3-Dateien oder Filme mit herkömmlicher Technologie beliebig oft kopiert werden können, ist dies bei Blockchain-Anwendungen nicht möglich. Digitale Assets, die auf Blockchain basieren, beispielsweise ein Bitcoin oder eine blockchain-basierte digitale Aktie, können nicht zweimal existieren. Zusätzlich können Transaktionen peer-to-peer ausgeführt werden. Dadurch fallen Vermittler und Kosten weg.

Wird aus Ihrer Sicht die Blockchain der grosse Game Changer sein? Sprich in Zukunft wird so viel wie möglich über die Blockchain abgewickelt werden?
Die Blockchain-Technologie ermöglicht eine Evolution vom Internet der Informationen zum Internet der Werte. In der Vergangenheit diente das Internet hauptsächlich dazu, Informationen zugänglich zu machen und auszutauschen. Nun wird es um eine Schicht erweitert. Auf der Blockchain können Vermögenswerte digital und ohne Vermittler transferiert werden. Dies ist definitiv ein Game Changer. Dies ändert sich nicht über Nacht. Technologien durchlaufen verschiedene Phasen. Dies kann beispielhaft an der Geschichte des Verbrennungsmotors gezeigt werden: Sobald eine effizientere und bessere Technologie auf dem Markt erscheint, beispielsweise der Elektromotor, gibt es zwar einen kurzen Entwicklungsschub der auslaufenden Technologie, weil man diese effizienter zu machen versucht. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis die neue Technologie zum neuen Standard wird. Dasselbe passiert mit dem Legacy-System der Finanzindustrie.

«Die New Economy ist transparent, sicher und high-perfoming.»

Wo sehen Sie aktuell die Haupteinsatzgebiete für eine Blockchain?
Im Moment vor allem im Finanzsystem. Es wird viel effizienter und transparenter werden. Zudem können sich in Zukunft Wertanlagen wie Immobilien, Kunst oder Aktien in einzelne Token herunterskalieren lassen und erhalten so Zugang zu neuen Märkten. Digital Assets bedeuten schliesslich, dass die Preise fairer werden. Das ist schon heute unsere Politik: Unser Pricing ist fair und transparent. Alles andere wird in der New Economy nicht überleben.

… und in Zukunft?
Überall, wo Daten, Transaktionen oder generell Informationen kohärent, manipulationssicher und nachverfolgbar aufbewahrt werden müssen, wird sich die Blockchain-Technologie durchsetzen: Strommarkt, Supply Chains, Health Care Daten, Wahlen und vieles mehr.

Es gibt zum Beispiel eine Bitcoin- und eine Ethereum-Blockchain. Gibt es da Unterschiede und wo liegen die?
Es existieren verschiedene Arten von Blockchains. Ein Unterscheidungsmerkmal ist unter anderem, ob die Transaktionen für alle öffentlich einsehbar sind oder ob sie von privaten Firmen oder Konsortien benutzt werden, wo nur ausgewählte Teilnehmer mitmachen dürfen. Auch gibt es Unterschiede in der zugrundeliegenden Technologie, welche Auswirkungen hat auf den Charakter der Dezentralität oder die Art und Weise wie Konsens gefunden wird. Ethereum ist im Unterschied zu Bitcoin nicht nur eine Kryptowährung, sondern auch eine Plattform, auf der Parteien mit sogenannten Smart Contracts Verträge abschliessen können.

Die SEBA wirbt mit dem Slogan «The Bank for the New Economy». Wie definieren Sie die «New Economy»?
Die New Economy ist transparent, sicher und high-perfoming. Das sind auch unsere Leitsätze.

Was heisst das für die klassischen Banken? Und wird es Unterschiede in der Entwicklung geben zwischen den Grossen, Mittleren und Kleinen?
Ich nehme wieder den Vergleich mit der Autoindustrie: Zuerst wurden die Pioniere der Elektroautoindustrie ignoriert, dann wurden sie belächelt und für eine gewisse Zeit bekämpft. Jetzt wollen alle Elektroautos bauen. Der Vorsprung an Know-how bleibt aber beim First Mover. Im Moment kann beobachtet werden, dass sich viele Banken mit dem Thema Blockchain und Digital Assets auseinandersetzen. Über strategische Neuausrichtungen halten sie sich jedoch bedeckt.

Was ist dabei die Rolle der SEBA?
Wir sind der First Mover und ein Brückenbauer zwischen dem alten und dem neuen Banking. Das bedeutet, dass wir mit klassischen Banken zusammenarbeiten und unsere Expertise einbringen.

In den letzten Wochen haben Sie die Zusammenarbeit mit dem US-Tokenisierer Tokensoft und die SEBAversity angekündigt. Ist die Weltherrschaft das Ziel oder wohin geht die Reise?
Eine Weltherrschaft widerspricht unseren oben genannten Leitmotiven. Unsere Experten-Teams arbeiten mit grossem Einsatz und Begeisterung an konkreten Projekten und wir haben noch viele Ideen auf Lager. Erst kürzlich haben wir unser Produktangebot um strukturierte Anlage- instrumente erweitert. Konkret haben wir ein Dual Currency Zertifikat lanciert, mit dem man einfach über die eigene Hausbank in den Kryptomarkt einsteigen kann und von der hohen Schwankungsbreite von Bitcoin profitiert.
Des Weiteren ist die SEBAversity erfolgreich gestartet: unsere Bildungsplattform, die wir zusammen mit der Universität Zürich, der Hochschule Luzern und dem Frankfurt School Blockchain Center ins Leben gerufen haben. SEBAversity richtet sich sowohl an Privatpersonen als auch an Unternehmen, die ihre Mitarbeiter schulen lassen wollen. Die Kurse finden online und offline statt. Dabei wird praxisorientiertes Expertenwissen aus unserer Bank mit akademischer Forschung kombiniert.

Aus Sicht der SEBA, was wäre Ihr Hauptwunsch?
Die Finanzwelt transparenter, sicherer und performanter zu machen.

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