

«Trader’s Idea»: EUR/USD – Im Bann der Fed-Entscheidung
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Wolfgang Hagl
Heute Abend trifft die US-Notenbank ihren nächsten geldpolitischen Beschluss. Im Vorfeld hat der Dollar relativ zum Euro etwas nachgegeben. Bleibt das Fed auf dem rigorosen Straffungskurs, könnte das FX-Duo EUR/USD erneut unter Druck geraten.
Anleger blicken heute gespannt nach Washington D.C. Am Sitz der US-Notenbank geht die zweitägige Sitzung des Federal Open Market Committee (FOMC) zu Ende. Um 19:00 Uhr unserer Zeit wird das Gremium seinen Beschluss publizieren. Es gilt als eine ausgemachte Sache, dass mit Mittelpunkt dieser Mitteilung ein weiterer Jumbo-Zinsschritt steht. Das Fed dürfte die Federal Funds Rate um 75 Basispunkte auf die neue Zielspanne von 3.75% bis 4.00% erhöhen. Damit würde der Leitsatz das vierte Mal nacheinander in dieser Grössenordnung nach oben gehen. Für einen dementsprechenden Schritt sieht das von der CME Group errechnete Fed Watch Tool eine Wahrscheinlichkeit von mehr als neun Zehnteln.
EZB legt Zurückhaltung ab
Trotz der Aussicht auf weiter kräftig steigende Zinsen ist die Aufwertungswelle beim US-Dollar zuletzt etwas abgeebbt. Beim Devisengespann EUR/USD kommt diese Tatsache in einer kurzfristigen Gegenbewegung zum Ausdruck. Ende September war die Einheitswährung relativ zum Greenback auf das tiefste Niveau seit Mitte 2002 gefallen. Gegenüber diesem «Low» konnte der Euro rund 3.6% gut machen. Ein Stück ist die Kurserholung auf die Geldpolitik der EZB zurückzuführen. Nach längerem Zögern hat die Europäische Zentralbank den Kampf gegen die Inflation mit Vehemenz aufgenommen. In den vergangenen drei Monaten schraubte sie den Leitzins um insgesamt 200 Basispunkte nach oben. An der nächsten Sitzung im Dezember dürfte der EZB-Rat nachlegen – es steht eine weitere Erhöhung um 50 bis 75 Basispunkte im Raum. Dieses Szenario wird von den jüngsten Inflationsdaten untermauert: Im Oktober lagen die Verbraucherpreise in der Eurozone um 10.7% über dem Vorjahresniveau. Ökonomen hatten im Schnitt «nur» mit einem Preisauftrieb von 10.2% gerechnet.
In den USA wird der Consumer Price Index (CPI) für den abgelaufenen Monat erst in der kommenden Woche publiziert. Im September hatte der CPI das Vorjahresniveau um 8.2% übertroffen. Das Fed hält bei seinen Analysen neben diesem Satz die Kerninflation besonders im Auge. Hier bleiben die Ausgaben für Nahrungsmittel und Energie aussen vor. Für den September signalisierte der PCE-Kernindex eine Jahresteuerung von 5.1%, nach 4.9% im August. Analysten hatten im Schnitt mit einer Steigerung von 5.2% gerechnet. Ob diese marginale Abweichung reicht, um im FOMC für ein Umdenken zu sorgen, ist freilich vollkommen offen.
Fokus auf Dezember-Meeting
Ohnehin ist heute Abend die grosse Frage, welche Signale das Fed mit Blick auf die letzte Sitzung des Jahres am 14. Dezember sendet. Aktuell besteht ein gewisser Patt, was den dann anstehenden Beschluss anbelangt. Laut dem CME Fed Watch Tool liegt die Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Zinsschritt von 75 Basispunkten bei 49.2%. Zu 44.7% implizieren die Terminmärkte eine moderatere Erhöhung um 0.5 Prozentpunkte. So oder so kann von einem Ende des laufenden Erhöhungszyklus nicht die Rede sein. Vielmehr ist es durchaus möglich, dass die Federal Funds Rate bis Mitte 2013 zum ersten Mal seit 2006 die 5%-Marke erreich. Natürlich kann Fed-Präsident Jerome Powell an der heutigen Medienkonferenz das hawkishe Szenario etwas abschwächen. Viel Spielraum für eine moderatere Tonart hat der wohl wichtigste Währungshüter der Welt angesichts einer galoppierenden Inflation allerdings nicht.
Anlagekonklusion:
Zu diesem Bild passt eine aktuelle Erhebung von Reuters. Die Nachrichtenagentur hat um den Monatswechsel mehr als 40 FX-Spezialisten nach ihrer Einschätzung gefragt. Davon die Hälfte rechnet damit, dass der US-Dollar seine jüngsten Höchststände wieder erreicht. Weitere 18% erwarten Avancen über dieses Nivau hinaus. Bei weniger als einem Drittel der Experten sieht das Szenario einen weiteren Rückgang des Dollarkurses vor. Bekommt die Mehrheit Recht, würde sich der jüngste Ausbruch des Gespanns EUR/USD über den Abwärtstrend als Fehlsignal entpuppen. Dafür spricht auch, dass die Einheitswährung an der 100-Tage-Linie abgeprallt ist und zudem die Rückkehr über die Paritätsmarke verpasst hat. Im Vorfeld der Fed-Sitzung verzeichnete der Short Mini-Future MEUAYV relativ hohe Handelsumsätze. Das Vontobel-Produkt münzt fallende Notierungen bei EUR/USD mit einem Hebel von aktuell knapp 16 in Gewinne um. Auf der Long-Seite führt der Mini-Future MEUA7V das Volumen-Ranking der auf dem wichtigsten FX-Gespann basierenden Hebelprodukte für die vergangenen fünf Tage an. Bei dem ebenfalls von der Bank Vontobel emittierten Papier beläuft sich der Hebel auf 16.7. Für beide Varianten gilt: Geht das zugrunde liegende Trading-Kalkül nicht auf, drohen überproportionale Verluste.