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payoff Interviews

Frauen sind ein interessantes Segment, weil sie eher empfänglich sind für professionelle Beratung.

05.03.2020 5 Min.
  • Serge Nussbaumer, Chefredaktor

Dagmar Stava, Portfoliomanagerin bei Aquila AG, über mögliche Unterschiede im Anlage- und Beratungsverhalten zwischen Frauen und Männer, wie die Aquila mehr Frauen als Kundinnen gewinnen will und wo sie aktuell ihr Kapital investieren würde.

Frauen tun sich bei der Geldanlage schwer. Realität oder doch nur ein Vorurteil?
Frauen nehmen sich gerne länger Zeit, wägen mehrere Faktoren ab und handeln weniger impulsiv. Schaut man sich verschiedene Studienergebnisse an, sind Frauen weniger übermütig und wechseln weniger häufig ihre Anlagestrategie. Geht es ganz allgemein um Finanzwissen, haben Frauen noch Aufholbedarf. Frauen tun sich nicht schwerer, sie haben schlichtweg eine andere Herangehensweise.

Wie ist aktuell der prozentuale Kundenmix bei der Aquila? Wieviele Frauen und Männer?
Wie bei den meisten Vermögensverwaltern machen in der Aquila Gruppe Männer immer noch den grösseren Anteil der Kundschaft aus. Für viele unserer, in einer Partnerschaft lebenden Kunden, verwalten wir jedoch ein gemeinsames Wertschriftendepot. Hier ziehen wir, wenn immer möglich, beide Partner in die Anlagediskussionen mit ein. Dies wird von vielen Kundinnen extrem geschätzt, da bei vielen Banken automatisch davon ausgegangen wird, dass der Mann der Ansprechpartner für sämtliche Belange in Bezug auf die Vermögensverwaltung ist − selbst bei einem gemeinsamen Depot.

Frauen werden in naher Zukunft einen Grossteil des weltweiten Vermögens besitzen. Muss sich vor diesem Hintergrund die Finanzbranche verändern? Wenn ja, wie?
Bereits heute besitzen Frauen rund 40% der globalen Vermögen. Die Finanzbranche ist stetig gefordert, sich ändernden Markt- und Kundenbedürfnissen anzupassen. Im Kern geht es aber darum, dass wir unsere Kunden bestmöglich in ihren Investitionsentscheiden unterstützen können – unabhängig vom Geschlecht.

«Bereits heute besitzen Frauen rund 40% der globalen Vermögen.»

Sind bei Ihnen, respektive Ihren Partnern, derzeit Bestrebungen im Gange mehr Frauen als Kunden zu gewinnen?
Frauen sind für uns und unsere Partner ein interessantes Kundensegment. Entsprechend versuchen wir mit gezielten Aktivitäten Frauen anzusprechen und als Kunden zu gewinnen. Die Erfahrung hat aber auch gezeigt, dass viele Kundinnen lieber von einer Frau betreut und beraten werden. Leider ist der Anteil an Vermögensverwalterinnen in unserer Gruppe immer noch relativ klein, Tendenz aber steigend.

Wie gehen Sie es an?
Wir versuchen vor allem über unser vorhandenes Kundennetzwerk und Empfehlungen bestehender Kundinnen und Kunden zu wachsen. Zusätzlich engagieren sich einige unserer Partnerinnen in unterschiedlichen Organisationen, welche den Austausch zu finanziellen Themen bei Frauen fördern. Als Vermögensverwalter haben wir zudem die Möglichkeit unsere Kunden noch individueller und umfassender zu beraten. Bei Themen wie Nachhaltigkeit aber auch Wohltätigkeit (in Form von z. B. gemeinnützigen Stiftungen) sehen wir speziell bei weiblicher Kundschaft grosses Interesse sich zu informieren und auszutauschen.

Gibt es Ihrer Meinung nach einen Unterschied bei Anlageentscheiden zwischen Frauen und Männer?
Frauen wägen Risiken anders ab und wählen häufiger eine langfristige Anlageperspektive. Männer handeln verspielter, da zählt auch gerne mal der «fun factor» eine Rolle. Letztlich ist aber immer eine differenzierte Betrachtung von Vorteil. Es gibt risikobereite Männer, wie es auch risikobereite Frauen gibt. Gute Anlageberatung orientiert sich nicht am Geschlecht, sondern geht auf die individuellen Bedürfnisse ein. 

Wenn ja, müssten dann nicht auch die heutigen Anlageberater und Relationship Manager anders beraten?
Frauen sind ein interessantes Segment, weil sie eher empfänglich sind für professionelle Beratung. Männer tendieren eher zu übersteigertem Selbstwertgefühl und stehen professioneller Beratung kritischer gegenüber. Das sollte ein guter Anlageberater und Relationship Manager zumindest im Hinterkopf haben.

Studien besagen, dass Frauen die besseren Investoren sind. Die jährliche Performance ist im Vergleich um rund 40 Basispunkte besser. Worauf lässt sich dies Ihrer Meinung nach zurückführen?
Das Schöne ist, dass man für fast alles eine passende Studie findet, welche die eigenen Argumente untermauert. Es ist aus meiner Sicht schwer zu beurteilen, worauf der Unterschied zurück zu führen ist und ob die Performance-Unterschiede sich auch über verschiedene Zyklen gleich verhalten.

 

«Wie so oft, liefert die Vielfalt das bessere Ergebnis.»

 

Müssten somit die Finanzinstitute nicht nur noch Damen im Asset Management anstellen?

Nein, man sollte Kandidaten und Kandidatinnen einstellen, welche die Jobanforderungen am besten erfüllen. Wie so oft, liefert die Vielfalt das bessere Ergebnis. Wenn Sie CHF 100’000 frei verfügbar hätten, wie würden Sie dieses Kapital heute investieren? Da sich der Anlagenotstand auch 2020 nicht verbessern wird, bleibe ich bei meiner strategisch positiven Einschätzung für Aktien. Kurzfristig erwarte ich aber wieder mehr Volatilität und würde Rücksetzer an den Märkten nutzen, um Positionen aufzubauen. Ergänzend und zur Diversifikation gehört Gold aus meiner Sicht ins Depot.

Zum Abschluss, welchen Rat können Sie bestehenden und zukünftigen Anlegerinnen (mit-) geben?
Häufiger über Geld und Anlagen sprechen und neugierig an das Thema herangehen. Ich habe das Gefühl, dass sich Frauen selten trauen über Anlagen zu sprechen und sich bei diesem Gesprächsthema – bewusst oder unbewusst − zurücknehmen. Ich wünsche mir mehr Mut bei diesem Thema.

 

Herzlichen Dank!

 

Dagmar Stava startete ihre berufliche Laufbahn als Assistentin im Private Banking und der Vermögensverwaltung bei der Finter Bank Zürich. 2009 wechselte sie ins Asset Management Team der Aquila AG und betreut seither internationale Vermögensverwaltungskunden. Dagmar Stava besitzt das Maturitätszeugnis und hat im Jahr 2008 die Ausbildung zur Diplomierten Finanzberaterin IAF absolviert.

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