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payoff Von James Johnstone, Co-Head Emerging und Frontier Markets, Redwheel Opinion Leaders

Frontier-Märkte sind unbemerkt auf der Überholspur

01.07.2025 7 Min.
  • James Johnstone
    Co-Head Emerging und Frontier Markets
    Redwheel

Der MSCI Total-Return-Index ist wieder auf den Rekordstand von 2008 geklettert. Dies wird die Frontier Markets weiter stützen.

Wenn man wie üblich eine Erholung von 20 % nach einem Bärenmarkt zugrunde legt, begann der MSCI Frontier Markets Index seine Hausse im Jahr 2023. Vom 31. Mai 2023 bis zum 31. Mai 2025 hat der Index um 35,7 % zugelegt – das entspricht 16,5 % pro Jahr. Die Anleger haben die beeindruckende Performance dieser kleinen und oft übersehenen Anlageklasse vielleicht nicht bemerkt, weil der Preisindex seinen vorherigen Höchststand nicht wieder erreicht hat. 

MSCI Frontier Markets: Preis- vs. Total-Return-Index (TR)
Quelle: Bloomberg, 31. Mai 2025.

Der wachsende Abstand zwischen den beiden Index-Varianten zeigt, wie wichtig Dividenden für die Gesamtrendite sind. Der MSCI Frontier Markets Index bietet derzeit eine Dividendenrendite von 6 % – die höchste aller regionalen Aktienindizes. Dieser hohe Wert zeigt, wie günstig die Frontier-Märkte derzeit sind. Viele von bieten eine Dividendenrendite, die sogar das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) übersteigt. Dies ist ein seltenes Phänomen an den Aktienmärkten und deutet auf ungewöhnlich günstige Bewertungen hin.

Nicht nur die Dividenden, auch die Erträge und die Eigenkapitalrendite steigen

Die Gewinne der Unternehmen im MSCI Frontier Markets Index haben sich von dem Einbruch durch COVID-19 erholt und nähern sich den Höchstständen nach der grossen Finanzkrise 2008.

Frontier Markets Index EPS (in US-Dollar)
Quelle: Bloomberg, 31. Mai 2025. 

Folglich hat sich auch die Rentabilität stark erholt, die Eigenkapitalrendite liegt bei über 15 %.

Frontier Markets Index ROE (%)
Quelle: Bloomberg, 31. Mai 2025. 

Die Bewertungen sind günstig

Trotz des Aufwärtstrends bei den Erträgen und der Eigenkapitalrendite seit der COVID-19-Pandemie ist die Bewertung von Frontier-Markets-Aktien mit einem Multiplikator von nur dem Neunfachen der künftig erwarteten Gewinne sehr günstig.

Frontier Markets Index P/E
Quelle: Bloomberg, 31. Mai 2025. 

Es ist bemerkenswert, dass der MSCI Frontier Markets Index, während COVID-19 stark abgestraft wurde. Das KGV sank in den einstelligen Bereich – obwohl sowohl die Gewinne als auch die Eigenkapitalrendite (ROE) seit Ende 2020 um etwa 40 % gestiegen waren. Eine solch niedrige Bewertung gab es zuvor nur während der globalen Finanzkrise 2008 bis 2009, als die Gewinne und die Rentabilität im Vergleich zu den heutigen Niveaus noch deutlich niedriger waren. Selbst während der Pandemie waren die Bewertungen höher. Dies deutet darauf hin, dass eine Neubewertung der Frontier-Märkte zumindest in Richtung des langfristigen Durchschnitts vom 10,8-fachen der erwarteten Gewinne möglich ist.

Auch die Währungen bieten Aufwärtspotenzial

Eine der potenziellen Renditequellen, die Frontier-Märkte Anlegern bieten, ist das Aufwärtspotenzial ihrer Währungen. Seit der Weltwirtschaftskrise haben diese gegenüber dem US-Dollar um fast 50 % an Wert verloren. Jetzt aber schwächelt der Greenback. Die Währungen der Frontier-Märkte erreichten ihren Tiefpunkt im Jahr 2024 und erholen sich seit 2025 wieder. Wir glauben, dass sich der Trend der Währungsverluste in dem Masse umkehren könnte, wie die Reformen und Umstrukturierungen in den Ländern voranschreiten und Anleger vom US-Dollar weg diversifizieren. Ein Korb von Frontier-Markets-Währungen ist in diesem Jahr bis zum 31. Mai 2025 um knapp über 3% gestiegen.

Frontier Market Currency Index vs. US-Dollar
Quelle: UBS, 31. Mai 2025. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es mehrere Quellen für eine mögliche Outperformance der Frontier-Märkte gibt: niedrige Bewertungen, hohe Dividendenrenditen, positives Gewinnwachstum, eine sich beschleunigende Eigenkapitalrendite und eine durch Wirtschaftsreformen ausgelöste Währungsaufwertung gegenüber dem US-Dollar.

Reformen und Umstrukturierungen als Katalysatoren

Die fiskalischen Reformen und Umstrukturierungen in Ländern, die aufgrund des raschen Zinsanstiegs von knapp über 0 % auf knapp 5,5 % zwischen 2022 und 2023 unter Währungsabwertungen und Schuldenumstrukturierungen zu leiden hatten, sind ein wichtiger Faktor für höhere Bewertungen. Argentinien, Bangladesch, Ägypten, Kenia, Nigeria, Pakistan, Sri Lanka und die Türkei haben vergleichbare wirtschaftliche Notlagen erlitten wie die Schwellenländer, die von der Tequila-Krise 1994 und der Asien-Krise 1997 bis 1998 betroffen waren.

In vielen Fällen hat der Internationale Währungsfonds (IWF) finanzielle Unterstützung im Austausch für orthodoxe Wirtschaftsprogramme gewährt. Dazu gehören ausgeglichene Haushalte, die Abschaffung von Preiskontrollen und Subventionen, sowie Privatisierung und Handelsliberalisierung. Der IWF fördert auch den freien Kapitalverkehr, um ausländische Investoren davon zu überzeugen, die Vorteile der schwachen Währungen zu nutzen und Kapital einzusetzen, um das Wachstum anzukurbeln. Das führt zu einem Anstieg der ausländischen Direkt- und Portfolioinvestitionen. Erfolgreiche Reformen tragen dazu bei, die Kapitalkosten zu senken, Investitionen zu fördern und das Wachstum wiederherzustellen. Argentinien ist das beste Beispiel: Das Land hat unter Präsident Javier Milei von einer erfolgreichen wirtschaftlichen Umstrukturierung profitiert.

MSCI Argentina Index
Quelle: Bloomberg, 31. Mai 2025. 

Seit seinem Tiefpunkt im März 2020 hat sich der MSCI Argentina Index bis Ende Mai 2025 mehr als verneunfacht. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (Compound Annual Growth Rate, CAGR) von 60,3 %.

Rotation von US- zu internationalen Aktienmärkten

Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump im Januar 2025 hat sich der US-Aktienmarkt schlechter entwickelt als die internationalen Märkte, da der US-Dollar gegenüber ausländischen Währungen an Wert verloren hat.

Die Wende in der relativen Performance begann mit der Einführung von Handelszöllen, die den USA wirtschaftlich mehr schaden könnten als den Ländern, aus denen sie importieren. Darüber hinaus veranlasste das geplante „One Big Beautiful Bill“-Gesetz die Ratingagentur Moody’s zu einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA, da es das hohe Haushaltsdefizit der USA vergrössern und die Schuldenlast im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung erhöhen wird. Abschnitt 899 des Gesetzentwurfs droht ausserdem mit zusätzlichen Steuern für ausländische Unternehmen. Diese könnten sie davon abhalten, in den USA zu investieren. Das alles führt zu einer Diversifizierung weg von US-Anlagen. Darüber hinaus wird der US-Aktienmarkt mit einem erheblichen Aufschlag gegenüber den internationalen Märkten bewertet. Das heizt die Suche nach günstigeren und möglicherweise weniger risikoreichen ausländischen Märkten weiter an.

Die Länder, die am stärksten von Einfuhrzöllen bedroht sind, sind diejenigen mit einem hohen Anteil an Ausfuhren in die USA. Obwohl die EU-Mitgliedstaaten und Vietnam als potenziell anfällig für hohe US-Importzölle gelten, sind die Abgaben auf Produkte aus den Frontier-Märkten insgesamt mit 10 % immer noch relativ niedrig. Dennoch bleibt die Ungewissheit über die Höhe der Zölle, die letztendlich erhoben werden könnten.

Handel in % des BIP vs. davon Handel mit den USA in %
Quelle: UBS, 31. Mai 2025.

Drei etablierte Wachstumspfade

Drei etablierte wirtschaftliche Entwicklungspfade sprechen für ein Investment in Aktien aus Frontier-Märkten: Erstens sind die Länder aufgrund ihrer erheblichen natürlichen Ressourcen oft von zentraler Bedeutung für die globale Rohstoffproduktion. Die anhaltende Nachfrage nach von ihnen produzierten Rohstoffen wird das Wirtschaftswachstum weiter antreiben. Zweitens entwickeln sich Länder aus dieser Gruppe in der sich wandelnden Produktionslandschaft zu den neuen Werkhallen der Welt. Günstige demografische Trends und Kostenvorteile dürften das industrielle Wachstum befeuern. Drittens sollte es die Entwicklung der Reise- und Tourismusinfrastruktur den Frontier-Ländern ermöglichen, einen wachsenden Anteil der internationalen Reisenachfrage zu erobern. Diese Expansion wird die lokalen Tourismusunternehmen stützen und zugleich die breitere wirtschaftliche Entwicklung fördern. Wir sind der Ansicht, dass diese drei starken Trends Aktien aus den Frontier-Märkten zu einer überzeugenden Gelegenheit für Anleger machen, die Zugang zu dynamischem Wachstum und mehr Diversifizierung suchen.

Wege zum Wachstum je nach Markt
Quelle: Redwheel, 31. Dezember 2024. Ghana und Panama sind als MSCI-Standalone-Marktindizes kategorisiert.

Attraktive Diversifizierungsvorteile

Der letzte unterschätzte Vorzug der Frontier-Märkte ist ihre geringe Korrelation zu anderen Aktienindizes: Der MSCI Frontier Markets Index weist die niedrigste Korrelation zu allen anderen regionalen MSCI-Indizes auf. Das verbessert die Diversifizierung innerhalb eines globalen Aktienportfolios.

Quelle: Bloomberg, 31. Mai 2025. 

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