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payoff Opinion Leaders

Führen ESG-Faktoren in Japan zu einer Rückkehr ins aktive Investment?

29.01.2020 7 Min.
  • Archibald Ciganer, Portfolio Manager

Mit der zunehmenden Fokussierung auf ESG erscheinen die Chancen passiver Anlagestrategien limitiert.

  • In Japan sind passive und ETF-Anlagestrategien weit verbreitet, insbesondere bei ausländischen Investoren. Doch sie erscheinen zunehmend ineffektiv in einem Markt, der sich signifikant verändert.
  • Japanische Unternehmen übernehmen rasch ESG-Best-Practices. Für Investoren, die auf dieser Grundlage selektiv vorgehen wollen, ist ein passiver Ansatz potenziell einschränkend.
  • Wir glauben, dass erfolgreiches Investieren einen Anlageprozess erfordert, der aktiv versucht, nachhaltige Unternehmen zu identifizieren, die auf der richtigen Seite des Wandels positioniert sind.

Mit der Reifung des Aktienmarktzyklus, hat sich ein wachsender Konflikt in Bezug auf die Positionierung der Investoren in Japan bemerkbar gemacht. Im Mittelpunkt steht der zunehmende Fokus auf die ESG-Faktoren Umwelt, Soziales und Governance. Investoren wollen mehr über die Unternehmen und ihre ESG-Qualifikationen verstehen. Dies ist besonders bei ausländischen Investoren in Japan der Fall, wo passive Anlagevehikel und Exchange Traded Funds (ETF) dominieren. Auf einem Markt, der von dynamischen Veränderungen und Disruption geprägt ist, wird die Gewinnerzielung und das Handeln auf der Grundlage von ESG-Erkenntnissen potenziell durch das Vorherrschen passiver Investitionen eingeschränkt.

Passive Strategien könnten der ESG-Herausforderung nicht gerecht werden

Es ist gut dokumentiert, wie der japanische Aktienmarkt nach den Exzessen der Wirtschaftsblase der 1980er Jahre in den darauffolgenden zwei Jahrzehnten die Gunst der Anleger verloren hatte. Ein klarer Trend, der im letzten Jahrzehnt zu beobachten ist: Eine gross angelegte Verlagerung zu passiven Anlagestrategien, die mit einem starken Rückgang der aktiven Investitionen sowie eines verstärkten Sell-Side Research einhergeht. Der Rückgang der Verfügbarkeit von lokalem Research ist verbunden mit einer Periode signifikanter säkularer Veränderung. Diese betrifft nicht nur Japan, sondern umfasst einen globalen Wandel, der sich über die Wirtschaft, den Finanzmarkt, die Politik und gesellschaftliche Dimensionen erstreckt. Zwar sind Investoren nicht isoliert von Japan, doch fordern sie zunehmend Einblicke in möglicherweise erhöhte ESG-Risiken (und -Möglichkeiten) unterschiedlicher Unternehmen. Passiv orientierte Investoren, die mehr über positive Veränderungen im Verhalten der Unternehmen oder deren Aktivitäten erfahren oder beeinflussen wollen, könnten beeinträchtigt sein, sich aktiv mit ihrem Portfolio auseinanderzusetzen. In der Zwischenzeit geht die Fähigkeit verloren, fortschrittliche Unternehmen zu selektieren mit starken oder sich verbessernden ESG-Standards. Denn traditionelles passives Investieren kann nicht zwischen gut oder schlecht geführten Unternehmen auf Basis von ESG-Faktoren unterscheiden.

Änderungen von Richtlinien und Vorschriften erhöhen den ESG-Imperativ

Wir glauben, dass erfolgreiches Investieren einen Anlageprozess erfordert, der aktiv die nachhaltigen Unternehmen ermittelt und identifiziert, welche auf der richtigen Seite des Wandels stehen. Dies gilt besonders für Japan – ein Markt, der sich stark verändert. Die dortige Unternehmenslandschaft entwickelt sich ebenso schnell wie Firmen, die ESG-Best-Practices übernehmen, insbesondere unter dem Einfluss von Regierungsinitiativen und den Forderungen der lokalen Pensionskassen. Eine der wichtigsten Errungenschaften Premierminister Shinzo Abes ist «Abenomics» – eine wirtschaftliche Revitalisierungsstrategie, die zu einer Verbesserung in den Standards japanischer Unternehmensführung geführt hat. Dies hat die Betonung höherer Renditen für die Aktionäre in den Vordergrund gerückt. Beispielsweise wurden neue Stewardship-Codes schnell und entschlossen implementiert, mit spürbaren Veränderungen im Unternehmensklima.

Veränderung impliziert aktives Management und selektives Investieren, sowohl zur Optimierung der Erträge als auch zur Steuerung der Risiken, die sich abzeichnen, wenn sich Unternehmen auf der falschen Seite des Wandels wiederfinden. Dies gilt heute mehr denn je in Bezug auf ESG-Überlegungen. Hier sind wir der Meinung, dass sie nur durch ein aktives Engagement, unterstützt durch eine persönliche Interaktion mit der Unternehmensleitung, vollständig verstanden werden können.

Im Gegensatz dazu beinhaltet passives Management von Natur aus eine kostengünstige Lösung, die in jedem Unternehmen anhand eines bestimmten Indexes realisiert wird. Daraus resultiert die Einbeziehung von Unternehmen, die manche verwerflich finden könnten und die in Aktivitäten und Praktiken investieren, die im Widerspruch zu bestimmten Unternehmenswerten stehen. In einer Welt, die zunehmend auf ESG-Faktoren und die Beurteilung über langfristige Nachhaltigkeit (von Geschäftsmodellen und -abläufen) fokussiert ist, scheint dieser Mangel an Selektivität unvollständig. Dies ist insbesondere in einem Markt wie Japan der Fall, wo sich die Standards der Unternehmensführung (Corporate Governance) schneller entwickeln als auf jedem anderen bedeutenden etablierten Markt.

Investoren legen immer mehr Wert auf eine positive ESG-Bilanz

Im Gespräch mit unseren Kunden, insbesondere grösseren institutionellen Anlegern, haben wir im letzten Jahr zunehmend dezidierte und komplexe Anforderungen an die ESG-Integration bzw. die Anwendung entsprechender Ausschlusskriterien erörtert. Besonders wichtig scheint den Anlegern das Engagement der einzelnen Unternehmen sowie ein Screening des Portfolios hinsichtlich bestimmter Ausschlusskriterien (z. B. Geschäfte mit Waffen oder Tabakprodukten) zu sein. In den meisten Fällen fordern unsere Kunden, dass ESG-Faktoren neben der Analyse traditioneller Finanzdatenpunkte in den Anlageentscheidungsprozess eingebettet werden müssen.

Dies ist nicht nur wichtig für unsere Anlageverfahren, sondern auch in Bezug darauf, wie sich die Anlagechancen an den japanischen Aktienmärkten dadurch verschieben werden. Aufgrund der schnellen Umsetzung von ESG-Standards durch die Betriebe des Landes und wegen des stärkeren Fokus der Investoren auf eine positive Einflussnahme bei gesellschaftsrelevanten Unternehmensentscheidungen wäre es unsers Erachtens falsch, lediglich einen vorübergehenden Trend zu vermuten.

Der Weg hin zur bestmöglichen Erfüllung von ESG-Kriterien ist auf Kurs – vor allem in Japan

In den letzten Jahren haben vor allem Verbesserungen bei der Unternehmensführung zu steigenden Aktionärsrenditen geführt. In der nächsten Phase der Reformagenda des japanischen Premiers Shinzō Abe liegt nun der Fokus auf der Förderung der Vielfalt am Arbeitsplatz. Auch dieses Ziel wird offensichtlich entschieden in die Praxis umgesetzt.

Die Vielfalt am Arbeitsplatz (und insbesondere der Frauenanteil in den oberen Führungsetagen) wird von einer Regierung, die die stärkere Beteiligung von Frauen in der Berufswelt als Lösung für den demografischen Rückgang in Japan sieht, ausdrücklich in den Mittelpunkt gestellt. Wir werden diese Themen auch künftig mit den japanischen Unternehmen diskutieren, um diesen Aspekt des Wandels – und seine Auswirkungen auf die Finanzperformance – für jedes einzelne Unternehmen und jede einzelne Aktie zu verstehen und einschätzen zu können.

Weitere Einblicke in dedizierte ESG-Ressourcen und Investitionsprozesse

In den letzten Jahren wurden enorme Fortschritte in der japanischen Unternehmensführung erzielt. Wir glauben, dass sich der Fokus auf Verbesserung weiter beschleunigen wird. Dies schafft Chancen und Risiken für die Unternehmen. Diese hängen davon ab, wie die Firmen auf das Tempo des Wandels reagieren oder ob sie zurückbleiben. Aktive Management-Ansätze können die nötige Flexibilität gewährleisten, potentielle Gewinner und Verlierer zu identifizieren und diese im  Portfolio zu verwalten. Bei T. Rowe Price werden unsere Firmeneinbindungsprogramme immer von unserem fundamentalen Research angetrieben und durch lokale Marktkenntnis unterstützt. In den letzten Jahren wurde unsere Research-Plattform durch erhebliche Investitionen in unser engagiertes ESG-Researchteam gestärkt. Dieses bietet proprietäre Analyse, die wir in unsere Investitionsentscheidungen einbeziehen, ermöglicht uns ein tieferes Verständnis für mögliche ESG-Risiken oder -Chancen in unserem Anlageuniversum und identifiziert Möglichkeiten für das Engagement bei den Unternehmen in unserem Portfolio. Kombiniert mit dem fundierten Fachwissen unseres neunköpfigen japanischen Aktienresearch-Teams versetzt uns das in die Lage, aktiv auf die sich entwickelnde Investitionsbedürfnisse unserer Kunden zu reagieren.

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