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Gedanken zur aktuellen Lage an den Finanzmärkten

15.04.2020 4 Min.
  • Philipp Burckhardt, Credit Analyst und Portfolio Manager

Die Finanzmärkte befinden sich gegenwärtig in höchst volatilen Zeiten. Besonders im Anleihenmarkt sind Preisbewegungen auszumachen, wie man sie seit Jahren nicht mehr beobachten konnte.

Diese sind getrieben durch einen Liquiditätsengpass, dem die Zentralbanken mit (Anleihe-)Kaufprogrammen entgegenzuwirken versuchen. Werden in diesem Umfeld Kundengelder beispielsweise bei Fonds abgezogen, hat dies prekäre Folgen für die Performance der Investmentvehikel, da der Preisfindungsmechanismus am Markt nur bedingt funktioniert und die Transaktion erst mit grossen Preisabschlägen zustande kommt. Nettoabflüsse konnte man besonders in Exchange Traded Funds (ETF) beobachten, welche ihr Versprechen, Liquidität zum Indexpreis anbieten zu können, nur bedingt einhalten konnten. Gegenparteien sind in dieser Situation rar, vor allem da Banken strenge Anforderungen in Bezug auf die Regulierung zu erfüllen haben und der Risikoappetit ebendieser folgerichtig merklich beeinträchtigt ist. Insofern verwundert es nicht, dass Investoren ein Bargeldpolster durch den Verkauf der sichersten Anlageklasse, der Staatsanleihe, aufbauen. Verkäufe von Staatsanleihen mit der besten Liquidität im Markt, waren demzufolge der wohl bedeutendste Treiber, warum die Zinsen im März innerhalb weniger Tage so sprunghaft ansteigen.

Waren früher üblicherweise die Zins- und Kreditrisiken negativ korreliert, ist dies in der aktuellen Situation nicht mehr der Fall; mit Folgen für die Investoren, welche mit Verlusten auf beiden Seiten konfrontiert sind. Hinzu kommt, dass der SARON stärker als normal vom Leitzins der SNB abweicht, da er aktuell von technischen Faktoren beeinflusst wird, welche mit der Erhöhung der Freibetragsgrenze für Banken von 25 auf 30 zusammenhängen. Die Banken zahlen Negativzinsen also neu erst ab dem 30-fachen der Mindestreserve, die sie bei der SNB halten müssen. Dies bedeutet für Banken eine wesentliche Entlastung und führt dazu, dass inländische Sichtguthaben kaum mehr mit Negativzinsen belastet werden. Gleichzeitig bezweckt es, dass eine Umschichtung innerhalb der Banken stattfindet und – zumindest temporär – das vordere Ende der Zinskurve nach oben ausschert. Dies sollte sich jedoch unseres Erachtens in den kommenden Tagen oder Wochen wieder normalisieren und es kann hier wohl ein Vergleich mit der letzten Freibetragserhöhung vom November 2019 gezogen werden: Schon damals hatte sich das vordere Ende der Zinskurve nach oben bewegt, nach einer gewissen Zeit jedoch wieder stabilisiert und zum Leitzins konvergiert.

Die SNB hat in der letzten Lagebeurteilung auch klargestellt, nicht weiter an der Zinsschraube drehen zu wollen; dies trotz des aktuell beträchtlichen negativen externen Schocks. Die Hürde scheint hier sehr hoch, nicht zuletzt, da tiefere Zinsen der Profitabilität der Banken schaden würden. Gerade in dieser Zeit haben Kreditinstitute eine besonders wichtige Rolle für die Stimulierung der Wirtschaft zu erfüllen und dem wird das Verhalten der SNB gerecht: Einerseits sind sie Liquiditätsanbieter und versorgen Unternehmen mit dem notwendigen Bargeld, und andererseits wird von Kreditinstituten eine gewisse Flexibilität den Firmen gegenüber erwartet, sollten diese aufgrund der aktuellen Lage in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Insofern nimmt die SNB die Verantwortung wahr, einer Aufwertung des Schweizer Frankens aktuell lieber durch Interventionen im Devisenmarkt entgegenzuwirken. Es ist allerdings zu bezweifeln, dass die SNB dies auf Dauer weiterführen kann, vor allem, wenn man die Grösse ihrer Bilanz und die aktuellen Sichtguthaben, welche einen guten Indikator für Interventionen darstellen, vergleicht. Die Aversion der SNB gegenüber Deviseninterventionen sollte dementsprechend auch mit der Grösse der eigenen Bilanz zunehmen. Es ist in dieser Zeit durchaus zu erwarten, dass der Schweizer Franken als sicherer Hafen gesucht wird und weiter stark bewertet bleiben wird. Sollte sich die Lage in absehbarer Zeit nicht bessern, steigt in unseren Augen die Wahrscheinlichkeit, dass ein weiterer Zinsschritt schlussendlich doch nicht ganz auszuschliessen ist.

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