«Gender Equality heisst auch bessere Performance.»
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Martin Raab
Mette Rotbøll, Mitgründerin von Think Yellow über betriebswirtschaftliche Effekte, wenn Männer und Frauen in Unternehmen gleichberechtigte Rollen haben, Milliardenlücken und Anlagekonzepte.
Frau Rotbøll, Gleichberechtigung von Mann und Frau – gerade in Managementpositionen – ist seit einiger Zeit in den Medien sehr präsent. Ist es inzwischen nicht etwas überhypt?
Danke für den Steilpass – absolut nicht. Es ist eigentlich eher verwunderlich, dass im Business Männer und Frauen immer noch einseitig repräsentiert sind. Gemäss vieler Studien leisten aber diverse Teams, also Männer und Frauen, allesamt überdurchschnittliche Ergebnisse gegenüber nichtdiversen Teams. Von «überhypt» kann also keine Rede sein.
Was bedeutet in diesem Kontext «Gender Lens» genau?
Betrachten wir die Welt durch eine «Geschlechter Linse», bekommen wir einen guten Eindruck, wo Geschlechtergleichheit herrscht und wo nicht. Gleichzeitig entdecken wir endlose Möglichkeiten, die für Wirtschaft und Gesellschaft sinnvoll sind.
Und wie kommt der Investmentaspekt dort hinzu?
Es gibt einige Aspekte, wo die Gender Lens angewendet werden kann. Als erstes zum Beispiel die Anlage in «Women owned businesses» (Startup Welt und Micro- Finance). Frauen sind als Gründerinnen in der Start-Up-Welt noch stark unterrepräsentiert. Die Weltbank-Tochter IFC schätzt die klaffende Lücke auf 320 Milliarden US-Dollar. Auch landen nur 6% des globalen Risikokapitals in frauengeführten Unternehmen. Des Weiteren gibt es viele Unternehmen, deren Produkte und Services helfen, Geschlechterungleichheit zu überwinden. Und zuletzt natürlich Anlagen in Unternehmen, die bereits Gender Equality praktizieren.
«Think Yellow zielt darauf ab, Anlagemöglichkeiten in solchen Unternehmen zu schaffen, die von der Umsetzung der Gender Equality profitieren.»
Es gibt also konkrete Effekte bei Unternehmen mit Gender Equality bei den Umsätzen und Kundenloyalität?
Ja, absolut! Wir bitten Investoren nicht ihre Erträge für Unternehmen zu opfern, die Gender Equality leben, sondern Think Yellow zielt darauf ab, Anlagemöglichkeiten in solche Unternehmen zu schaffen, die genau von der Umsetzung von Gender Equality profitieren. Research-Analysen, zum Beispiel von UBS oder McKinsey, zeigen ganz klar, dass es einen betriebswirtschaftlichen Effekt gibt, wenn Männer und Frauen in Unternehmen gleichberechtigte Rollen haben – diese sind deutlich profi tabler. Auch glauben wir, dass viele Unternehmen, die letztlich eine «Gender- Dividende» bezahlen, noch unentdeckt sind.
Sie sind Mitgründerin von Think Yellow, eine Gender Lens Investment Boutique. Wie kam es dazu?
Karina Storinggaard und ich haben Think Yellow vor einem Jahr gegründet. Karina war als Leserin von Jackie VanderBrugs Buch «Gender Lens Investing» von der Idee fasziniert und wollte dieses Thema für Investoren zugänglich machen. Nach einigen Runden bei Banken stand fest: Keine konnte ihr helfen – weder konzeptionell noch praktisch. Da war klar: Sie wollte das ändern. Wir hatten uns seit acht Jahren nicht mehr getroffen, doch nach wenigen Minuten unseres Treffens stand für mich fest: Da mache ich mit. Der Rest ist Geschichte.
Think Yellow hat inzwischen ja zwei prominente Partner für Gender Lens Finanzprodukte gewinnen können. Wieviel Überzeugungsarbeit war nötig, oder war es einfach?
Wir sind geehrt, mit Baloise und Julius Baer zusammenzuarbeiten. Vielleicht ist «einfach» nicht das richtige Wort, aber durch die fantastischen sechs Monate, die wir als Teilnehmer am F10 P2 Accelerator Program in Zürich verbrachten, erhielten wir die Gelegenheit, genug Verständnis und Interesse in beiden Organisationen zu wecken, um diese zwei inspirierenden Reisen zu beginnen. Dies umfasst C-Level-Unterstützung für das Thema.
Wie funktioniert ihr Investment- Prozess in der Praxis?
Think Yellow arbeitet eng mit erfahrenen Partnern zusammen, mit dem Ziel diversifi zerte, langfristig orientierte Value-Investments zu kreieren. Einer davon ist Equileap, welche über 3’000 Unternehmen nach ihrer Gender Equality Scorecard analyisert hat. Umweltaspekte zählen wir ebenfalls zu unserer Aktienselektion. Die investierbaren Ergebnisse sind unter anderem der Think Yellow Gender Equality Nordic Stars Basket, welcher 34 skandinavische Aktien enthält, die zu den 200 Unternehmen mit der besten Performance in der Equileap Datenbank gehören. Und mit «Yellow Equities» investieren Anleger im Rahmen der anteilgebundenen Lebensversicherung Baloise Fonds Plan genau in die Unternehmen, die sich für die Gleichstellung von Frau und Mann einsetzen.
Welche Entwicklungen bei «Gender Lens Investing» zeichnen sich derzeit ab?
Wir von Think Yellow sind als Early-Adopter davon überzeugt, dass dieser Anlage-Aspekt sich weiter verbreitert, das zeigen auch Umfragen. Insbesondere Frauen selbst und die als Millennials bezeichneten jungen Erwachsenen geben dem Thema starken Auftrieb. Auch institutionelle Investoren greifen das Thema vermehrt auf. Wir können einen enormen Einfluss auf die Welt von morgen nehmen – und sie verbessern!
Herzlichen Dank!
VITA
Mette Skjold Rotbøll ist eine Multi-Unternehmerin, ein aktives Vorstandsmitglied und verantwortungsbewusste Beraterin mit dem Verständnis, dass wirklich nachhaltige Lösungen langfristig sind und ökologische, gesellschaftliche und fi nanzielle Ziele verfolgen. Als Mitgründerin des Beratungsunternehmens Think Yellow GmbH für Gender-Lens-Investments und Gründerin des unabhängigen Vermögensberatungsunternehmens Vigil Wealth Management AG glaubt Mette an langfristige, auf Integrität, Einsicht und Wachsamkeit basierende Beziehungen. Mette absolvierte die Copenhagen Business School mit einem MSc. An der Universität St. Gallen (HSG) ist sie als Mentorin tätig und in der VR-ERFA aktiv. Mette wurde in Dänemark geboren, wuchs in Australien auf, absolvierte die Schule in Dänemark und in der Schweiz, wo sie seit 1993 lebt.
Karina Storinggaard ist die Mitgründerin Think Yellow GmbH und Managing Director von Shape Apps GmbH. Sie ist ehemalige Marketing-Leiterin von MTB-Schuhen und INTERSPORT International Corp. Karina absolvierte die Copenhagen Business School (CBS) mit einem MSc in Betriebswirtschaft, inkl. Studiengänge in Hongkong (HKUST) und an der Universität Bern.