Globale Asset-Allokation: Einblicke für September
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Yoram Lustig, Head of Multi-Asset Solutions
1. Marktausblick
Obwohl sich die Anzeichen für einen nachlassenden Inflationsdruck in einigen Ländern mehren, dürften die Zentralbanken ihre Geldpolitik weiter straffen, da die Inflation auf absehbare Zeit kaum auf den angestrebten Zielwert sinken dürfte. So bekräftigte etwa die US-Notenbank (Fed) im letzten Monat nachdrücklich, sie werde auf Straffungskurs bleiben, da sie der Inflationsbekämpfung Priorität gegenüber dem Wirtschaftswachstum einräumt. Trotz der Aussicht auf ein schwächeres Wachstum wird zudem erwartet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinserhöhungen beschleunigt, um den energiebedingten Inflationsdruck einzudämmen, während die Bank of Japan (BoJ) weiter abwarten will.Verschiedene Schwellenländer sind derweil gezwungen, ihre Reserven anzuzapfen, um ihre Währungen gegen den steigenden US-Dollar und die höheren Importkosten zu wappnen. Indessen versucht China weiterhin, das Wachstum durch Stützungsmassnahmen sukzessive anzukurbeln, während das Land weiter gegen die Ausbreitung des Coronavirus kämpft. Zu den wesentlichen Risiken für die globalen Märkte zählen derzeit geldpolitische Fehler, die anhaltende Inflation, das Risiko einer stärkeren Verlangsamung des globalen Wachstums, der chinesische Balanceakt zwischen Eindämmung der Pandemie und Wachstum der Wirtschaft sowie geopolitische Spannungen.
2. Positionierung des Portfolios
Wir verfolgen nach wie vor einen moderat vorsichtigen Risikoansatz und sind weiterhin in Aktien untergewichtet und in Anleihen übergewichtet. In einem Umfeld, in dem Wirtschaftswachstum und Unternehmensgewinne schwächeln, sind die Bedingungen für die Aktienmärkte weiterhin herausfordernd. Zugleich könnten die Anleihenmärkte durch die anhaltende Inflation und steigenden Zinsen belastet werden. Wir sind in Substanz- und Wachstumsaktien in etwa gleich stark gewichtet. Während zyklische Werte durch das verlangsamte Wachstum unter Druck stehen, werden Wachstumsaktien durch die höheren Zinsen belastet. An den Festzinsmärkten haben wir unser Engagement in Staatsanleihen der Eurozone angehoben. In Erwartung einer Wirtschaftsverlangsamung oder Rezession similar to entspricht unsere Durationspositionierung nun in etwa der Duration in der Benchmark.
3. Marktthemen
Zentralbanken können täuschen
Kaum überraschend fand Fed-Chef Jerome Powell im Anschluss an die jährliche Konferenz in Jackson Hole sehr deutliche Worte und bekräftigte, dass die Notenbank um jeden Preis gegen die Inflation ankämpfen wird. Damit machten die Währungshüter, die vor einem Jahr noch darauf verwiesen hatten, dass die „Inflation vergänglich“ sei, eine Rolle rückwärts. Doch wie im letzten Jahr, als die Fed die wachsende Gefahr anhaltender inflationärer Kräfte falsch bewertete und zu wenig unternahm, könnte sie in Sachen Inflationsentwicklung auch jetzt falschliegen. Während der anhaltende Druck auf die Lieferketten infolge der Pandemie und des russisch-ukrainischen Konflikts im letzten Jahr den Inflationsdruck verschärft hatten, gehen die wichtigsten Einstandskosten beispielsweise für Öl, Holz oder Kupfer, nun wieder spürbar zurück. Zudem deuten die jüngsten Beschäftigungsdaten auf höhere Erwerbsquoten hin, die den angespannten Arbeitsmarkt entlasten und den Druck auf die Löhne verringern könnten. Andere „hartnäckigere“ Inflationskomponenten wie die Mieten bzw. Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum steigen zwar weiter an, doch hat sich das Tempo in den letzten Monaten abgeschwächt. Sicherlich ist es unwahrscheinlich, dass die Teuerungsrate in absehbarer Zeit auf den 2 %-Zielwert der Fed zurückkehrt. Jedoch könnte die Inflation viel schneller sinken, als es die Straffung der Fed vermuten lässt. Daher fragen sich die Märkte, ob im nächsten Jahr möglicherweise wieder Zinssenkungen ins Spiel kommen.
Der Stand der Dinge am US-Häusermarkt
Der pandemiebedingte Nachfrageschub am Häusermarkt, die extrem niedrigen Hypothekenzinsen und das knappe Angebot waren eine perfekte Mischung, die den US-Wohnimmobilienmarkt befeuerte und die Preise seit Ausbruch der Pandemie um mehr als 40 % in die Höhe schnellen liess. Die restriktivere Haltung der US-Notenbank hat das Blatt gewendet und für einen deutlichen Anstieg der Hypothekenzinsen gesorgt. So ist etwa der Festzins bei einer Laufzeit von 30 Jahren seit Anfang 2021 von weniger als 3 % auf 6 % gestiegen. Die höheren Finanzierungskosten haben die Nachfrage nach Wohnimmobilien zuletzt erstickt, was zu einem deutlichen Rückgang der Preise und Verkaufszahlen führte und einige Hypothekenbanken bereits gezwungen hat, Personal abzubauen. Trotz der teils überzogenen Bewertungen von Wohnimmobilien, vor allem in einigen besonders beliebten Regionen, könnte es irreführend sein, Parallelen zur Hypothekenkrise im Jahr 2008 zu ziehen, die den gesamten Immobilienmarkt nach unten gerissen hatte. Denn die Kreditnehmer sind heute finanziell viel besser aufgestellt als damals. Tatsächlich schrecken die höheren Finanzierungskosten, die den jüngsten Preisrückgang mehr als aufzehren, viele potenzielle Käufer, insbesondere Erstkäufer, ab, da dadurch ein Immobilienerwerb für viele unerschwinglich geworden ist. Indessen könnte die Schwäche am Wohnungsmarkt auf andere Bereiche durchschlagen, beispielsweise auf die Ausgaben im Baugewerbe, den Markt für Hypothekarkredite sowie die allgemeinen Verbraucherausgaben.