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payoff Focus

Grün ist Trumpf

03.10.2019 8 Min.
  • Dieter Haas

Nachhaltige Anlagen haben in den letzten Monaten mächtig Auftrieb bekommen. So wurden an SIX Swiss Exchange zahlreiche neue ETFs gelistet. Immer mehr Anbieter setzen auf diesen Megatrend.

Nachhaltiges Wirtschaftswachstum ist darauf ausgerichtet, wirtschaftliche, soziale und umweltbezogene Aspekte gleichermassen zu berücksichtigen. Dadurch sollen auch den kommenden Generationen zentrale Lebensgrundlagen erhalten bleiben. Für die Unternehmenswelt bedeutet dies, dass nur solche Wettbewerber zukunftsfähig sind, die beispielsweise ihre Ressourcen sparsam einsetzen, Emissionen vermeiden und ihre soziale Verantwortung wahrnehmen. Studien zeigen, dass nachhaltige Anlageformen mindestens ähnliche Renditen erzielen können wie herkömmliche Anlagestrategien. Diese Aspekte sind zwar seit längerem bekannt, allerdings ist es erst in den letzten zwei Jahren zu einem eigentlichen Dammbruch bei Finanzanlagen gekommen. Einer der Auslöser war u. a. der Finanzdienstleister MSCI. Er lancierte im Herbst 2017 zahlreiche neue ESG-Indizes. Das Ganze wurde unterlegt mit Studien, die aufzeigen, dass nachhaltiges Investieren sich auch finanziell lohnen kann. Spezifische Indizes sind den klassischen Ansätzen zwar nicht turmhoch überlegen, wie die Tabelle 1 zeigt. Dennoch wiesen beispielsweise alle Industrie- und Schwellenländer umfassenden Welt-Nachhaltigkeitsindizes eine höhere Performance auf als der passive MSCI All Country World Index (ACWI). Je fokussierter das Thema Nachhaltigkeit umgesetzt wurde, desto höher fiel im Zeitraum Mai 2013 bis Dezember 2018 die Rendite aus. Leider gibt es bis dato an SIX Swiss Exchange noch keinen ETF auf den MSCI ACWI ESG Focus Index.

 

 

 

Ein Schweizer Nachhaltigkeits-Mohikaner
Der von wenigen grossen Unternehmen (Nestlé, Novartis, Roche) dominierte Schweizer Aktienmarkt ist nicht unbedingt ein ideales Tummelfeld für Nachhaltigkeitsindizes. Dennoch hat sich SIX Swiss Exchange vor rund zehn Jahren mit Erfolg an dieses Thema herangewagt und den SXI Swiss Sustainable Index kreiert (siehe Learning Curve in der payoff-Ausgabe vom Januar 2019). Der Index erzielte seit dem ersten Rückrechnungsdatum sowohl eine deutliche Outperformance zum Gesamtmarktindex SPI als auch eine leichte zum Performance-Index SMI Expanded. Trotz der überzeugenden Rendite hat leider bislang kein Emittent ein Produkt auf diesen Basiswert lanciert.

 

«Studien zeigen, dass nachhaltige Anlageformen mindestens ähnliche Renditen erzielen können wie herkömmliche Anlagestrategien.»

 

Steigendes Angebot
Wie beliebt das Thema derzeit ist, belegt die Tatsache, dass von den 146 Neukotierungen an SIX Swiss Exchange im laufenden Jahr (Stichtag: 04.09.2019) bislang 34 oder beinahe ein Viertel auf Nachhaltigkeits-Basiswerten beruhen. Dabei setzen fast alle auf einen ESG-Integrationsansatz. Als Basiswerte dienen fast immer Indizes von MSCI, einem US-ansässigen amerikanischen Finanzdienstleister.

 

 

Lohnende Informationsquellen
Für Investoren, die sich vertieft mit der immer wichtigeren Thematik Nachhaltigkeit auseinandersetzen wollen, sei das von der UBS in Zusammenarbeit mit PRI und MSCI verfasst Handbuch «Sustainable Investing» empfohlen. Es gibt auf 294 Seiten einen hervorragenden Überblick. Sehr hilfreich sind des Weiteren die Researchunterlagen des Indexanbieters MSCI. Daneben bieten diverse andere Emittenten sowie spezialisierte Nachhaltigkeitsfirmen wie RobecoSam oder Arabesque lehrreiches Informationsmaterial.

 

 

Nachhaltige Investmentansätze
Gemäss der Schweizer Marktstudie Nachhaltige Anlagen 2019 von Swiss Sustainable Finance waren in der Schweiz per Ende 2018 bereits CHF 716.6 Milliarden nachhaltig angelegt. Sie verteilen sich auf verschiedene Konzepte. Der volumenmässig dominierende und mit am stärksten wachsende ist der ESG-Integrationsansatz. ESG ist die englische Abkürzung für «Environment, Social and Governance» oder zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Sehr beliebt sind ferner das Ausschlussverfahren (Ausschluss bestimmter Unternehmen oder Industrien wie z. B. Waffenhersteller), das normbasierte Screening (Überprüfung von Institutionen nach ihrer Konformität mit bestimmten internationalen Standards und Normen), das ESG Engagement und die ESG-Stimmrechtsausübung. Bei den zwei letztgenannten wird darauf geachtet, wie stark die Stimmrechte der Aktionäre genutzt werden, um ethisch-nachhaltige Anliegen durchzusetzen. Relativ an Bedeutung verloren haben in den vergangenen Jahren das Best-in-Class-Prinzip (Auswahl derjenigen Unternehmen, die die besten Nachhaltigkeitsleistungen ihrer Branche erbringen), nachhaltige Themenfonds (z. B. Wasser, Energieeffizienz u. a.) und Impact Investing (Berücksichtigung von ökologischen und unternehmensethischen Faktoren). Beim beliebten ESG-Integrationsansatz geht es darum, nachhaltige Faktoren bei der Auswahl von Unternehmen mit zu berücksichtigen. Er ist der Versuch einer Symbiose der klassischen finanziellen Renditeüberlegungen mit Nachhaltigkeitskriterien. Je stärker die letzteren berücksichtigt werden, desto nachhaltiger ist die getroffene Auswahl.

 

«Ende 2018 waren in der Schweiz bereits CHF 716.6 Milliarden nachhaltig angelegt.»

 

Ausgewählte ETFs
Im Folgenden sollen einige der an SIX Swiss Exchange kotierten ETFs kurz vorgestellt werden. Bei der Auswahl handelt es sich um eine Momentaufnahme, da der Markt im Fluss ist und immer wieder neue Produkte aufgelegt werden. Während globale, nachhaltige ETFs wie SAWD, SUWS oder FLXG im Optimalfall nur eine leichte Outperformance zum Weltaktienindex erzielen (Grafik 2), schneiden Themenzertifikate, im richtigen Moment eingesetzt, deutlich besser ab. Der bereits im Dezember 2007 an SIX Swiss Exchange kotierte ETF INRG profitierte im laufenden Jahr von den in den vier ersten Monaten gestiegenen Energiepreisen. Der ETF strebt die Nachbildung der Wertentwicklung eines Index an, der aus den 30 grössten Unternehmen weltweit besteht, die im Sektor der sauberen Energie tätig sind.

 

 

Je spezifischer ein ETF auf einen Nachhaltigkeitsaspekt ausgerichtet ist, desto grösser die Chancen, einen Mehrwert zu erzielen. Das zeigt die Grafik 3. Während die global ausgerichteten ETFs AWESGT und AWSRIS wegen der eingebauten CHF-Währungsabsicherung in den vergangenen Monaten nicht ganz mit dem MSCI Weltaktienindex mithielten, konnte der ungehedgte ETF WSRUSA diesen seit Januar 2018 leicht übertreffen. Der physisch replizierte ETF basiert auf dem MSCI World Socially Responsible 5% Issuer Capped Index. Dieser berücksichtigt in seiner knapp 400 Titel umfassenden Auswahl lediglich Unternehmen, die im Vergleich mit der Konkurrenz aus ihrem Sektor über ein hohes Rating in den Bereichen Umweltschutz, soziale Verantwortung und Unternehmensführung (ESG) verfügen.

 

«Immer mehr Anbieter setzen auf den Megatrend Nachhaltigkeit.»

 

Themenspezifische Indexfamilie
Mit Hilfe der, von der Zürcher Kantonalbank angebotenen, MeinIndex Nachhaltigkeitsfamilie kann der Anleger via endlos laufende Tracker-Zertifikate mit einem nachhaltigen Ansatz ganz spezifisch in einzelne Themen wie Solar, Wind, Energieerzeugung, Energieeffizienz, Wasser, Ressourcen und Mobilität investieren. Dabei dient das «nachhaltige Anlageuniversum» der ZKB als Grundlage für die Titelauswahl der Themenindizes. Die Unternehmen werden dabei in einem mehrstufigen Prozess mit Positiv- und Ausschlusskriterien ausgewählt. Die Aktien der einzelnen Themenuniversen müssen einem quantitativen Analysemodell, welches die vier Bereiche Bewertung, Profitabilität, Bilanzqualität und Momentum einbezieht, genügen, um letztlich für den Index in Frage zu kommen.

 

Nach mehr als achtjähriger Geschichte lassen sich inzwischen Trends erkennen. Nur zwei der sieben global umgesetzten Themen entwickelten sich renditemässig überzeugend: Es sind dies TRWASO und TRRESO. Das Tracker-Zertifikat TRWASO basiert auf dem ZKB MeinIndex Sustainable Wasser aus dem nachhaltigen Anlageuniversum der ZKB, dessen Titelauswahl aus verschiedenen Bereichen entlang der Wasserwertschöpfungskette stammen. Es werden nur Unternehmen berücksichtigt, die einen markanten Teil des Umsatzes im Wassergeschäft erwirtschaften. In der 28 Titel umfassenden Auswahl fanden mit Geberit, Georg Fischer und Sika auch drei Schweizer Unternehmen Unterschlupf. Das sich ebenfalls sehr erfreulich entwickelnde Tracker-Zertifikat TRRESO bildet die Kursentwicklung des ZKB MeinIndex Nachhaltigkeit Ressourcen ab. Dieser setzt sich aktuell aus 24 Titeln zusammen, die bezüglich einer nachhaltigen Ressourcenbewirtschaftung innovative Lösungen in Form von Produkten und Dienstleistungen bereitstellen. Hier wurden mit Belimo, Geberit, Georg Fischer und Vetropack sogar vier Schweizer Unternehmen in der Auswahl berücksichtigt.

 

 

 

Grosse Performance-Unterschiede
Die Tabellen 3 und 4 vergleichen die Performance in CHF über verschiedene Perioden der an SIX Swiss kotierten ETPs, die sich das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben haben. Renditemässig erkennt man grosse Unterschiede. Das Label Nachhaltigkeit allein reicht somit nicht aus, um einen Mehrwert zu erzielen. Anleger kommen nicht umhin, die Ingredienzen der entsprechenden Ansätze eingehend zu studieren. Am einfachsten sind diesbezüglich Weltaktien-ETFs auf ESG-Basis. Sie bieten auf lange Sicht die Gewähr, performancemässig mindestens mit dem Weltaktienindex mitzuhalten. Dank des grünen Touch liegt in der Regel zudem etwas mehr Rendite drin als mit ETFs auf klassische globale Indizes.

 

 

 

 

Empfehlenswerte ETPs
Aus dem bestehenden ETP-Angebot von SIX Swiss Exchange sollten private Anleger das Dreigestirn, bestehend aus den zwei ETFs WSRUSA und INRG sowie dem Tracker-Zertifikat TRWASO, zumindest auf ihre Watch-Liste nehmen. Daneben lohnt es sich, die Neukotierungen an SIX Swiss Exchange aufmerksam zu verfolgen. Längerfristig besitzt TRWASO das grösste Potential, allerdings sind seine Schwankungen höher als diejenigen von INRG und WSRUSA

 

 

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