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payoff Trading Desk

Hellofresh: Ein feiner Appetizer aus Frankreich

30.03.2022 4 Min.
  • Wolfgang Hagl

Nachdem Exane BNP Paribas den Kochboxenlieferanten hochgestuft hat, hebt die DAX-Aktie regelrecht ab. Hellofresh könnte am Anfang einer längeren Aufwärtsbewegung stehen.

Es gibt Analystenstudien, die verpuffen im Wirbel der Märkte. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Börsen – so wie mehrmals in den vergangenen Wochen – unter Druck stehen. Der gestrige Dienstag war dagegen wie gemacht für eine starke Reaktion auf neues Researchmaterial. Die Hoffnung auf eine Annäherung zwischen Russland und der Ukraine sorgte für allgemeine Kauflaune. Inmitten dieser Stimmungslage hat Exane BNP Paribas einen positiven Kommentar zu den Online-Essenslieferanten abgegeben. Die Franzosen legen ihre skeptische Haltung gegenüber diesem Sektor ein Stück weit ab. Diese sei nicht länger «unmodisch». Will heissen, die während der ersten Phase der Pandemie heiss gehandelte Aktien aus diesem Bereich sind mittlerweile bei vielen Investoren in Ungnade gefallen. In der Tat erlebte der Sektor in den vergangenen Monaten eine heftige Korrektur. Laut Exane liegen die Erwartungen mittlerweile tief.

Zu den vom Researchhaus hoch gestuften Werten zählen Delivery Hero und Hellofresh. Während die Analysten erstgenannte E-Commerce-Aktie nun mit «Neutral» anstelle von bisher «Underperform» beurteilen, löst beim Kochboxenlieferanten ein «Outperform»-Rating die neutrale Einschätzung ab. Mit diesen Veränderungen hat Exane die beiden Aktien gestern an die DAX-Spitze befördert: Delivery Hero verteuerte sich im Xetra-Handel um 15.8%, Hellofresh legte um gut ein Zehntel zu. Die Diskrepanz überrascht insofern nicht, da Delivery Hero im bisherigen Jahresverlauf um rund 60% und damit deutlich stärker als Hellofresh (-40%) eingeborchen war. Neben der generellen Skepsis gegen dem Sektor lastete die Prognose des Managements auf dem Berliner Lieferdienst. Delivery Hero stellt für 2022 höhere operative Verluste als bisher von den Märkten erwartet in Aussicht.

Wachstum vor Profit

Dagegen schreibt Hellofresh schwarze Zahlen – wenngleich die Investitionen in Lagerkapazitäten, Produkte, neue Märkte und Personalaufbau auf dem Gewinn lasten. 2021 hat der Lieferant für Kochboxen aller Art ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum von 61.5% auf EUR 5.99 Mrd. verbucht. Das operative Ergebnis (Stufe Ebitda) konnten die Berliner nur um 4.4% auf EUR 527.6 Mio. steigern. Auch im laufenden Jahr geht für das Management Wachstum vor Profitabilität. CEO Dominik Richter möchte die Erlöse zwischen 20% und 26% ausdehnen. Gleichzeitig rechnet er mit einem Ebitda in der Spanne von EUR 500 bis 580 Mio. Damit würde das Ergebnis im besten Fall um knapp ein Zehntel zunehmen.

Neben der geografischen Expansion – Hellofresh ist schon jetzt in 17 Ländern auf vier Kontinenten aktiv – setzt das Management auf die sukzessive Erweiterung des Angebots. Das Kernprodukt sind als Abonnement verschickte Boxen, die neben sämtlichen Zutaten das Rezept für das bestellte Menü enthalten. 2021 hat der Food-Dienstleister nahezu eine Mrd. Mahlzeiten ausgeliefert. In einigen Ländern bietet Hellofresh mittlerweile auch Fertiggerichte an. Ausserdem ergänzen Snacks, Desserts und Grundnahrungsmittel die «Speisekarte». Ende 2021 zählte Hellofresh 7.22 Mio. Kunden, mehr als die Hälfte davon nutzte den Dienst in den USA.

Obwohl der Konzern viel investiert und Anfang Jahr ein bis zu EUR 250 Mio. schweres Aktienrückkaufprogramm angestossen hat, ist die Kasse nach dem Corona-Boom gut gefüllt. Per Sylvester 2021 betrug der Cashbestand EUR 827.1 Mio. Auch die Eigenkapitalquote von 40% spricht für die Solidität des 2011 gegründeten Unternehmens.

Anlagekonklusion:

Trader, die auf den Geschmack gekommen sind, könnten mit dem Mini-Future Long SG6CGK auf weiter steigende Kurse bei Hellofresh setzen. Das von der Société Générale seit kurzem auf Swiss DOTS gehandelte Papier zeigt aktuell einen Hebel von rund 4. Mit EUR 35.49 liegt die Stoppschwelle knapp ein Fünftel unter dem Basiswertkurs. Dieser Abstand ändert nichts daran, dass es sich hier – trotz der neuen Begeisterung aus Frankreich – um eine sehr spekulative Rebound-Wette handelt. Zu den zentralen Risiken für die DAX-Aktie zählt die Inflation. Übermässig steigende Kosten könnten Hellofresh bei der Prognose einen Strich durch die Rechnung machen.

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