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payoff Opinion Leaders

Hochverzinsliche Anleihen mit kurzer Duration und Bankdarlehen sind überzeugende Kandidaten

03.08.2022 7 Min.
  • Brian Kloss, Portfolio Manager

  • Renditen von Anleihen steigen
  • Durchschnittliche Kreditqualität des Hochzinssektors hat sich verbessert
  • Renditen 10-jähriger Staatsanleihen in Ländern wie Peru, Mexiko, Brasilien, Indonesien, Malaysia und Kolumbien stark angestiegen

Die steigende Inflation hat eine Welle der geldpolitischen Straffung ausgelöst, nicht nur in den USA, sondern weltweit. Aggressive geldpolitische Straffung, anhaltende Unterbrechungen der Lieferketten, wachsende Rezessionssorgen und der Russland-Ukraine-Konflikt erwiesen sich als Giftcocktail für die Risikostimmung, da sowohl Aktien als auch Anleihen im bisherigen Jahresverlauf immer tiefer in die roten Zahlen rutschten. Doch wenn man das Glas halb voll sieht, werden festverzinsliche Anlagen endlich ihrem Namen gerecht. Anleihen haben begonnen, attraktive Erträge zu erwirtschaften, wobei die Anfangsrenditen in einem breiten Spektrum von festverzinslichen Anlageklassen deutlich höher sind als zu Jahresbeginn. Durch den Ausverkauf in der ersten Jahreshälfte hat sich auch der Anteil der Anleihen mit einer Rendite von über 3 % auf der Grundlage der Bloomberg Multiverse-Benchmark erhöht, was einer Versechsfachung gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Eine vorherrschende Sorge ist natürlich, dass die Anleiherenditen wieder steigen könnten, da die Zentralbanken angesichts der hartnäckigen Inflation und des Anstiegs der Inflationserwartungen bereits aggressivere Massnahmen ins Auge fassen. Gegenwärtig hat der Markt bereits einen aggressiven Zinserhöhungszyklus eingepreist, wobei bis Januar nächsten Jahres insgesamt 13 Zinserhöhungen um 25 Basispunkte erwartet werden. Wenn dies zutrifft, wird der Leitzins auf 3,375 % steigen, was mit der Prognose des mittleren Mitglieds des Offenmarktausschusses für Ende 2022 übereinstimmt. Dies ist jedoch alles andere als sicher und könnte ein bewegliches Ziel sein, da sich die makroökonomischen Bedingungen weiterentwickeln.

Festverzinsliche Anlagen erscheinen uns im Vergleich zu ihren Pendants auf der Aktienseite inzwischen auch wettbewerbsfähiger. Noch vor einem Jahr erklärten die Anleger mit einer seltsamen Mischung aus Zuversicht und Resignation, dass es keine andere Alternative zu Aktien gäbe. Doch dieses Argument ist nach dem rapiden, zinsbedingten Ausverkauf an den Anleihemärkten nicht mehr stichhaltig. Der Abstand zwischen der Gewinnrendite des S&P 500 und der Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe sowie der Rendite des Bloomberg US Aggregate Bond Index hat sich trotz des Rückgangs der Aktienkurse erheblich verringert. Dies deutet darauf hin, dass die Anleiherenditen deutlich schneller gestiegen sind als die Aktiengewinnrendite. Während die Bewertungen am Aktienmarkt mit dem Anstieg der Realzinsen deutlich gesunken sind, bedeuten die höheren risikofreien Renditen von US-Staatsanleihen, dass Aktien auf relativer Basis möglicherweise gar nicht so billig sind. Schliesslich ist da noch der Wettbewerb. Nach zwei Jahren bemerkenswerter Aktienmarktgewinne und rekordverdächtig niedriger Anleiherenditen sind festverzinsliche Wertpapiere sowohl in Bezug auf die Rendite als auch auf die Erträge wettbewerbsfähiger und attraktiver geworden. Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen und des Bloomberg US Aggregate Bond Index ist mehr als doppelt so hoch wie die Dividendenrendite des S&P 500. In Verbindung mit der im Vergleich zu Aktien geringeren historischen Volatilität sind Anleihen wieder zu einer interessanten „Alternative“ für Anleger geworden, die stetige Erträge bei geringerer Volatilität erzielen wollen.

Vorsichtiges Durationsengagement notwendig, da die Zentralbanken das gleiche hawkishe Lied singen

Dennoch ist der Markt für festverzinsliche Wertpapiere kein Monolith. Der Anleihemarkt ist im Vergleich zum Aktienmarkt viel grösser und umfangreicher, wobei die verschiedenen festverzinslichen Anlageklassen ihre eigenen einzigartigen Merkmale und Risiken aufweisen, einschliesslich der Sensibilität gegenüber Zinssätzen. Unternehmensanleihen und variabel verzinsliche Bankdarlehen haben eine niedrige Duration und sind in der Vergangenheit negativ mit den USA korreliert.

Da die Zentralbanken einen strafferen Kurs verfolgen, sind hochverzinsliche Anleihen mit kurzer Duration und Bankdarlehen überzeugende Kandidaten, um die Zinsrisiken in den Portfolios zu mindern. In der Vergangenheit haben diese Anlageklassen in Zeiten, in denen die Rendite des 10-jährigen US-Schatzpapiers um mehr als 100 Basispunkte gestiegen ist, besser abgeschnitten als andere festverzinsliche Segmente.

Interessanterweise hat die Pandemie auch dazu geführt, dass sich die durchschnittliche Kreditqualität des Hochzinssektors verbessert hat. Die schwerwiegenden wirtschaftlichen Belastungen von COVID hatten schwächere Emittenten aus dem Kreditmarkt gespült, während qualitativ hochwertigere Kredite, die treffend als „gefallene Engel“ bezeichnet werden, in das High-Yield-Universum gezogen wurden, nachdem sie ihren Investment-Grade-Glanz verloren hatten. Dementsprechend sind höher bewertete BB-Schuldtitel unserer Einschätzung nach in diesem Jahr auf mehr als 50 % des US-Hochzinsmarktes angewachsen, gegenüber 36 % im Jahr 2007 (basierend auf Daten von Bloomberg und Barclays).

Die niedrigeren Ausfallquoten in den Sektoren Leveraged Loans und US-Hochzinsanleihen haben ebenfalls zu einer positiven Entwicklung beigetragen. JP Morgan prognostiziert für beide Märkte eine Ausfallquote von jeweils 1,25 % im Jahr 2022, was deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt von rund 3 % liegt.  Dennoch sollten die Anleger auf steigende Kreditrisiken achten, da sich das Wachstum abschwächt und die Geldpolitik zunehmend restriktiver wird. Eine umsichtige Kreditauswahl wird für die langfristige Performance von grosser Bedeutung sein.

Höher verzinste Schwellenländeranleihen schlagen Industrieländer

Jenseits der US-Küste bieten die Schwellenländer (EM) weiterhin interessante Renditechancen. Zum einen haben die Zentralbanken auf dieser Seite der Welt weit vor den Zentralbanken der Industrieländer begonnen, die Zinsen ernsthaft anzuheben, um die Inflation einzudämmen und den Abwertungsdruck auf ihre Währungen abzuwehren. Infolgedessen sind die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen in Ländern wie Peru, Mexiko, Brasilien, Indonesien, Malaysia und Kolumbien stark angestiegen und liegen deutlich über den Renditen von Anleihen der Industrieländer, was allerdings auch auf höhere Kreditrisiken zurückzuführen sein könnte. Die grosse reale Renditedifferenz zwischen den Zinssätzen der Schwellenländer und der Industrieländer – die grösste seit mehr als einem Jahrzehnt – sowie die weltweit unersättliche Nachfrage nach Erträgen könnten das Interesse der Anleger an höher verzinsten Schwellenländeranleihen weiter anheizen.

Während die Zentralbanken der Industrieländer ihren Straffungskurs fortsetzen, wird von der People’s Bank of China erwartet, dass sie die Geldpolitik weiter akkommodiert, um die Gesamtnachfrage in einer Wirtschaft anzukurbeln, in der die Inflation weniger ein Problem darstellt. Ein günstiges makroökonomisches Umfeld in China kann für andere Schwellenländer, deren Schicksal in der Regel mit dem Wachstum der Drachenwirtschaft verbunden ist, eine gute Nachricht sein. Die Region ist jedoch nicht ohne Risiken. Da Lebensmittel etwa 30-40 % des Warenkorbs der Verbraucher in den Schwellenländern ausmachen, droht in der Region ein hohes Mass an Ernährungsunsicherheit, da die Preise für die wichtigsten Zutaten in die Höhe schiessen, während die Lieferketten unterbrochen sind, die Nachfrage steigt und die Krise zwischen Russland und der Ukraine andauert. Start- und Stopp-Interventionen der Regierungen auf den Exportmärkten zur Aufstockung der Lebensmittelvorräte haben die Knappheit ebenfalls verschärft. Wie die Geschichte zeigt, sind anhaltend steigende Lebensmittelpreise in der Regel ein Vorbote politischer Unruhen in bestimmten Ländern der Region, was das politische Risiko im Zusammenhang mit Schwellenländeranleihen nur noch erhöht. Natürlich sind die Auswirkungen steigender Lebensmittelpreise auf die Schwellenländer nicht einheitlich und werden weitgehend von idiosynkratischen Faktoren und einer von Land zu Land unterschiedlichen Regierungspolitik bestimmt.

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