Zurück
payoff Focus

«Hole in One» für sportliche Anleger

01.06.2015 8 Min.

Während Negativzinsen und heissgelaufener Aktienmärkte sind Real Assets eine gute Alternative. Ein Aussergewöhnliches Investment sind Golfplätze. Wo könnte diese Art von Geldanlage Lukrativer sein als in den USA? Erste Privatanleger sondieren die Renditechancen ohne Handicap.

Montagvormittag im Südwesten Floridas. Während die ersten Damen und Herren ihre schweren Golfbags auf den obligatorischen Clubcars verstauen, betritt Raymond Demby den Platz nur mit federleichtem Laptop und Digitalkamera. Seine Mission ist heute nicht, mit möglichst wenigen Schlägen die 18 Löcher zu absolvieren, sondern den gesamten Golfclub monetär zu bewerten. Demby ist Leiter der Analyseabteilung für Freizeitanlagen von Marcus & Millichap, einem der grössten US-Immobilienvermittler für Commercial Real Estate. Als Teil der Leisure Investment Properties Group erstellt Demby mit dem aktuellen Eigentümer das Exposé für den Golfclub.

Talsohle durchschritten

«5% aller Golfclubs in den USA werden pro Jahr zum Verkauf gestellt. Somit bieten sich vielfältige Chancen für ein aussergewöhnliches Investment», erklärt Golfclubmakler Demby. Die Preise für Golfplätze sind im Gegensatz zu den Rekordjahren 2006/2007 nach wie vor im Keller. Dennoch ist inzwischen eine Marktbelebung spürbar. So hat sich der durchschnittliche Marktpreis für US-Golfclubs im Jahresvergleich 2013/2014 um bis zu 15% verteuert. Die Motive der Verkäufer sind dabei vielfältig: Altersgründe, Eigentümerstreit, Missmanagement oder Investorengruppen, die das Portfolio umkrempeln. Im Gegensatz zu Europa ist Golf in Nordamerika ein lukrativer Breitensport. Jährlich sorgen rund 25 Millionen Spieler auf den 15’372 Golfplätzen für einen Umsatz von USD 43 Mrd. Gigantische Summen aus heimischer Optik. Die Schweiz kommt derzeit auf 90‘000 Spieler, in Deutschland jagen 600‘000 Golfer regelmässig über das Green.

Teenager, Familien und Pensionäre

Nach sehr schwierigen Zeiten während der Finanzkrise erholt sich der Golfsport in den USA zunehmend. Für die nächsten Jahre haben Marktanalysten drei Top-Trends identifiziert: Nationale Golforganisationen haben Nachwuchsförderprogramme lanciert, um mehr Teenager und junge Erwachsene an den Sport heranführen. Erste Zahlen stimmen positiv für die angestrebte Verjüngungskur. Ferner bauen viele Clubs ihr Angebot für Familien aus: Zum Golfplatz werden Schwimmbäder mit Erlebnisrutschen und Tennis-Courts integriert. Des Weiteren werden in den nächsten zehn Jahren jeden Tag (!) rund 10‘000 Amerikaner der Baby-Boomer-Generation (Jahrgänge 1945-65) aus dem aktiven Berufsleben ausscheiden und zu Rentnern. Zwar bleiben viele Pensionäre in Teilzeitbeschäftigung, doch Zeit und Geld für Sport und Hobbys ist ebenfalls vorhanden. Die neuen Impulse für mehr Nachfrage stimmen positiv.

Konsolidierung

Die Konsolidierung bei Spieleranzahl und Platzrunden scheint in den USA inzwischen erreicht zu sein. «Öffentliche Golfplätze wie auch Privatclubs verlassen gerade das Tal. Zwar werden wahrscheinlich weniger Millennials als gewünscht zu Vollblutgolfern konvertieren, doch spielen bestehende Golfer wieder mehr Runden. Zusätzlich haben wir eine gesunde Marktbereinigung. Rund 150 Golfplätze schliessen pro Jahr und werden oft zu Immobilienprojekten umgewandelt», fasst Raymond Demby seine kürzlich erstellte Marktstudie zusammen.  Erik Larsen, ehemaliger Präsident der American Society of Golf Course Architects ist skeptischer. «Der Golfsport bleibt in einer Seitwärtsphase und es gibt in Summe mehr Golfplätze als Nachfrage. Entsprechend wird die Erholung eher gemächlich weiter gehen.» Er hat sich inzwischen darauf spezialisiert, ehemalige Golfplätze in Neubaugebiete für Wohnzwecke umzuwandeln. «Wichtig ist, dass es keine Grundbuchpflicht gibt, es als Golfplatz zu belassen» erklärt Larsen. In einigen Fällen haben Golfplätze diese Bürde und scheiden damit für eine Umzonung aus.

 

Wichtige Einflussfaktoren

Dennoch lässt sich bei Golfclubs nur wenig pauschalisieren. Jeder Platz ist verschieden, auch betriebswirtschaftlich. So gibt es öffentliche Anlagen, die von häufiger bis sehr hoher Frequentierung, aber geringen Platz-Gebühren geprägt sind und strikt privat gehaltene Members-Only-Clubs, wo elitäre Mitglieder hohe Einzelgebühren pro Jahr abführen, aber weniger Rundenerlöse anfallen. Ein weiterer Entscheidungsfaktor beim Golfinvestment ist die Geografie. Schon aus rein klimatischen Gründen führen Florida (1’042) und Kalifornien (916) die Tabelle der Bundesstaaten mit den meisten Golfplätzen an. In Florida ist Hochsaison von Dezember bis März, wenn die sonnenhungrigen Gäste aus dem kalten Norden Amerikas und aus Europa hordenweise einfallen. Den Rest der Saison ist eher gemütliches Spielen angesagt. Gleichwohl ist die Anlage ganzjährig zu unterhalten und das Personal zu bezahlen. Anders stellt sich die Situation bei Golfplätzen in den Carolinas oder dem Mittleren Westen der USA dar. Diese sind nur halbjährig (April bis Oktober) geöffnet und operativ wie auch personell nur Saisonbetriebe. Das entspannt den Kostenblock, aber es gibt auch nur wenige Einnahmen im Winter – ausser von der Gastronomie des Clubhauses.

Die Grossen kaufen wieder

Aus kommerzieller Sicht rücken Golfplätze zunehmend auf den Radar von Investoren. Signalwirkung in der Investorengemeinde hatte u.a. die Akquisition von 50 Golfclubs im Paket durch die börsenkotierte ClubCorp Holdings letztes Jahr. Der Weltmarktführer für private Sport- und Country-Clubs hat den Golfplatzbetreiber Sequoia für USD 265 Mio. übernommen und anschliessend alle Anlagen modernisiert. Offenbar ist die gewagte Strategie aufgegangen. Nach der Auffrischungskur wurden jeweils mehr Mitglieder für den jeweiligen Club begeistert. Die Umsätze von ClubCorps Golfanlagen stiegen um +17%. Auch Arcis Equity Partners, ein spezialisierter Golfinvestor, kaufte letztes Jahr 46 Golfplätze mit einem Buchwert von USD 555 Mio. für USD 300 Mio. Solche Deals sind Morgenluft für alternative Anleger. Derzeit wirft ein gut gemanagter Golfplatz wieder bis zu 30% Gewinnmarge ab, im Durchschnitt sind rund 20% Rendite pro Jahr möglich. Als stabiles Backup für Anleger dient bei Akquisitionen neben den aktuellen Cashflows aus dem Spielbetrieb, Gastronomie und ProShop selbstverständlich das Grundstück des Golfareals. Sollte – warum auch immer – eines Tages der Club nicht mehr rentieren oder der Eigentümer mehr Rendite in einem Immobilienprojekt sehen, kann das Land verkauft oder der Golfplatz zum Neubaugebiet umgewandelt werden. Einige Investoren kaufen inzwischen auch ganz bewusst defizitäre Golfplätze zu absoluten Schnäppchenpreisen und machen aus dem Areal ein Wohnhäuserprojekt – nicht selten mit hohem Gewinn.

Auch Privatanleger sondieren Angebote

In den Zeiten von Tiefstzinsen und haussierenden Aktienmärkten spielen auch zunehmend Anleger aus Europa und Asien mit dem Gedanken, Teile ihrer Wertschriften-Depots in reale Werte zu konvertieren. So tauchen in Kalifornien inzwischen im Monatsrhythmus Chinesen auf, die beherzt bei Golfplätzen zugreifen. Schon ab einer Million Franken sind interessante Golfplätze im Angebot. Auch aus Europa gibt es erste Interessenten. Die Europäer schliessen sich gerne mit Verwandten oder Freunden zusammen und führen im wahrsten Sinne des Wortes einen «Club-Deal» durch. So auch drei befreundete Unternehmer aus Bayern. Das Münchener Trio ist seit zwei Jahren Golfplatzeigentümer in Florida und überlegt sich jetzt, in den US-Gliedstaaten North Carolina oder Georgia einen zweiten Club zu erwerben. Der operative Betrieb wurde outgesourct, man kommt dreimal im Jahr persönlich zur Inspektion vorbei. «Wir haben etwas Geld zusammengelegt und sind zufrieden, was daraus geworden ist.

Clubdeals statt Einzelengagemen

«Keine Bank hätte uns so ein Risiko-Rendite-Profil anbieten können», ist sich Tobias sicher. Ihre vollständigen Namen wollen die drei Herren besser nicht in der Finanzpresse lesen. «Wissen Sie, das deutsche Finanzamt ist bei Auslandssachverhalten extrem paranoid.» Ganz ohne Wahnvorstellungen hat unterdessen der Golfplatzmakler Demby seine Bewertungstour abgeschlossen. «Dieser Platz hier hat gute operative Zahlen und wird mit einem Multiple von 1.43 vom Bruttoumsatz bewertet. Sprich für 1’700’000 Dollar erhält der Käufer rund 250’000 Dollar Ertrag jedes Jahr, plus Anlagen und Clubhaus sowie einen halben Quadratkilometer entwickeltes Land, das nur acht Kilometer von der malerischen Golfküste der Tampa Bay entfernt ist», lobt Raymond Demby. «Ein Golfplatz ist in der Regel ein Jahr auf dem Markt bis zum endgültigen Weiterverkauf. Wir schaffen es, in sechs Monaten neue Eigentümer zu finden. Dieser hier ist aber wahrscheinlich schneller weg», mutmasst Demby. Vielleicht kauft wieder ein Europäer. Negativzinsen können manchmal auch ein Segen sein.

Weitere News aus der Rubrik

Unsere Rubriken