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Immobilien-Investments im Umfeld steigender Zinsen

03.10.2018 5 Min.
  • Nicolas Roth & Jacques Chillemi

Gesuchte Anlagealternativen: Im aktuellen Umfeld steigender Zinsen ist es für Immobilieninvestoren von grösster Bedeutung, ihr Engagement in Strategien zu diversifizieren, die weniger empfindlich auf Zinsen reagieren. Dabei wollen sie ihre risikoadjustierten Renditeziele zu erhöhen.

Nicolas Roth, Head of Alternative Investments bei Reyl REYL & Cie
Jacques Chillemi, Co-founder and Managing Partner, Hermance Capital Partners

Bei der Anlage in Immobilien haben institutionelle Investoren in der Vergangenheit renditestarke Strategien favorisiert. Diese konzentrieren sich auf strategisch positionierte, stabilisierte Assets, die vollständig vermietet und mit relativ geringer Verschuldung finanziert sind. Die Folge ist eine niedrigere Gesamtrendite, die sich zudem in einem inzwischen teuren Markt befindet, in dem das Potenzial für Kapitalzuwachs begrenzt ist.

Angesichts der zunehmenden Wahrscheinlichkeit eines Zinsanstiegs sowie verschiedener Feinheiten und Komplexitäten des privaten Immobilienmarktes kann dieser nicht mehr als reiner sicherer Himmel angesehen werden. Eine Neupositionierung privater Immobilienportfolios sollte der zunehmenden potenziellen Allokation auf Value-Add (VA)-Strategien Rechnung tragen.

In der Vergangenheit haben institutionelle Investoren risikoärmere Strategien bevorzugt und grosse Allokationen von Kernvermögen aufgebaut. Diese renditeschwächeren, stabilisierten Vermögenswerte sind in der Regel vollständig geleast und werden mit einem relativ geringen Leverage (<50%) finanziert. Diese als «Core» bezeichneten Anlagen erfordern keine wesentlichen Verbesserungen oder Renovierungen, sondern nur Betriebskosten. Die Zukunftsaussichten sind für diese Art von Ansatz nicht sehr günstig. Diese Kernvermögenswerte sind dem Zinsänderungsrisiko am stärksten ausgesetzt, da sich die Zinssätze direkt auf den Wert der ertragsstarken Immobilienwerte auswirken. Ein Anstieg der Zinssätze könnte das Cashflow-Profil einer Kernanlage negativ beeinflussen.  Anlagestrategien, die ausschliesslich auf der Erzielung aktueller Renditen durch Mieteinnahmen basieren, stellen daher ein erhebliches Risiko dar, da der Vermögenswert stark von den Finanzierungsbedingungen abhängig ist.

Turnaround, Neupositionierung oder Sanierung

Das aktuelle makroökonomische Umfeld erfordert bei den Kernanlagen ein wahrscheinlich höheres Abwärtsrisiko als in einem typischen Jahr des Zyklus. Viele Anleger nutzen die Vorteile des niedrigen Zinsniveaus durch eine Finanzierung mit Festzinsen. Sie könnten einem erheblichen Refinanzierungsrisiko ausgesetzt sein. Häufig sind Immobilien gescheitert, weil sie bei Fälligkeit der Kredite stark gehebelt und schwer zu refinanzieren waren – nicht etwa wegen der monatlichen Schuldenverpflichtungen.

Eine Besonderheit auf der Risikoskala ist die Value-Add (VA)-Strategie. Bei dieser Strategie geht es darum, Vermögenswerte zu erwerben, die ein Potenzial für einen Turnaround, eine Neupositionierung oder eine Sanierung aufweisen, um ihren Wert und ihre Rendite zu steigern. Dieser dynamische Ansatz besteht darin, in vielversprechende Themen wie Demografie, Urbanisierung oder globalen Trends wie dem Wachstum des E-Commerce zu investieren. Einige dieser Themen sind nicht über einen «Core»-Ansatz zugänglich, der per Definition eine passive Strategie ist. Daher suchen zu diesem Zeitpunkt des Zinszyklus eine Reihe von Anlegern mit einem starken Engagement in Kernstrategien nach Möglichkeiten, die Zinsrisikokomponente zu mindern. Investoren in Immobilien sollten eine Diversifizierung nach Vermögenswerten und Regionen, aber auch Wertschöpfungsstrategien in Betracht ziehen, indem sie sich verstärkt auf VA-Strategien konzentrieren. Die Wertschöpfung in VA ist doppelt: eine aktuelle Rendite und eine Wertsteigerung nach den durchgeführten Optimierungsarbeiten. Er schafft auch ein Engagement in einer anderen Vermögenstypologie und bietet damit die angestrebten Diversifikationsvorteile.

SBB als gutes Beispiel

Die Wahrscheinlichkeit, in einem Abwärtsszenario Geld zu verlieren, ist für Value-Add-Strategien weniger wichtig. Investoren haben die Möglichkeit, den Vermögenswert neu zu positionieren und zu aktualisieren, um Marktbewegungen auszugleichen. Es schützt den Anleger eindeutig nicht vor allgemeinen negativen Renditebewegungen, aber ein qualifizierter Value-Add-Investor wird Wege finden, die Vermögenswerte zu optimieren und zu verbessern.

Die Schweizerische Bundesbahn (SBB) ist ein perfektes Beispiel für die Umsetzung einer VA-Strategie. Sie verfügen über ein sehr grosses und diversifiziertes Immobilienportfolio in der ganzen Schweiz und haben eine komplexe Strategie mit hoher Wertschöpfung entwickelt. Die SBB strukturiert die Bahnhöfe laufend um und verwandelt sie in Reisebüros und Einzelhandelsgeschäfte, darunter Buchhandlungen, Beauty-Shops und Bäckereien. Das Unternehmen hat es geschafft, den Verkehr innerhalb des Bahnhofs zu schaffen, der nicht direkt mit den Pendlern verbunden ist, indem es ungenutzte Flächen in eine Reihe von Einzelhandelsgeschäften und anderen Einrichtungen verwandelt, Mietverträge effektiver verwaltet und gleichzeitig einen effizienten und sicheren Zugang zum Eisenbahnnetz gewährleistet.

Relative Unterbewertung

Die Anleger sollten sich bewusst sein, dass die Value-Add-Strategien im Vergleich zu den Kernanlagen eine Reihe neuer Risiken birgt. In der Regel ist mehr Verschuldung erforderlich und die Neupositionierung eines Vermögenswertes erfordert Entwicklungs- und Renovierungsarbeiten, die mit eigenen Ausführungsrisiken verbunden sind. Offensichtlich führt eine gut durchgeführte Sanierung oder eine verbesserte Bewirtschaftung einer Immobilie oft zu einer «Neubewertung» der Immobilienqualität durch den Markt, zu steigenden Mieten und damit zu steigenden Einnahmen für den Eigentümer.

Im aktuellen Umfeld steigender Zinsen ist es für Immobilieninvestoren von grösster Bedeutung, ihr Engagement in Strategien zu diversifizieren, die weniger empfindlich auf Zinsen reagieren. Die Strategie der Wahl scheint die Wertschöpfung zu sein, da sie Diversifikation schafft, das Sachwert-Exposure aufrechterhält und das Portfolio teilweise vor einer möglichen Zinserhöhung schützt. Der Zeitpunkt scheint günstig, um das Immobilienengagement durch eine VA-Strategie aufzubauen. Eine Reihe von Beobachtern glauben, dass Total-Return-Assets wie Value-Add-Immobilienmöglichkeiten relativ unterbewertet sind und eine attraktive Investitionsmöglichkeit für die kommenden Jahre darstellen. VA scheint daher eine Strategie der Wahl zu sein, da sie eine Diversifikation ermöglicht, gleichzeitig das Engagement in Immobilienanlagen aufrechterhält und zusätzlichen Schutz vor Zinserhöhungen bietet.

 

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