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Inflation im Fokus der Zentralbanken

14.07.2022 4 Min.
  • Karine Patron, Vermögensverwalterin

In den westlichen Industrieländern war die Inflation während zehn Jahren von der Bildfläche verschwunden.

Die Zentralbanken versuchten verzweifelt, sie wieder zum Leben zu erwecken, um das angestrebte Inflationsziel von jährlich 2 % zu erreichen. Dann haben die Pandemie und der Krieg in der Ukraine alles verändert.

In den USA wurden im April und Mai Preissteigerungen von 8,3% bzw. 8,6% gegenüber dem Vorjahr verzeichnet und nun 9,1 %; dermassen hoch war die Teuerung seit 1980 nicht mehr. In Europa ist die Situation mit einer Inflationsrate von 8,1% im Mai kaum besser.

Mit der postpandemischen Erholung lebte die Inflation wieder auf. Kurz gesagt waren die Unternehmen nicht in der Lage, die rasch zunehmende Nachfrage zu befriedigen. Darüber hinaus sind die weltweiten Lieferketten immer noch gestört, sodass es zu Materialengpässen kommt, was die Preise ebenfalls nach oben treibt. Diese Trends wurden durch den Krieg in der Ukraine, der die Preise von Erdöl, Erdgas und zahlreichen Nahrungsmitteln explodieren liess, weiter verschärft. Nicht zuletzt wurden in bestimmten Regionen Chinas aufgrund der äusserst restriktiven Politik der Regierung Xi Jinping erneute Lockdowns angeordnet.

Für das laufende Jahr ist daher von einer globalen Inflation von 6% auszugehen. Das ist deutlich mehr als die 4%, mit denen wir im Januar gerechnet hatten. Aber das war vor dem Krieg.

Die hohe Inflation bedeutet einen Kaufkraftverlust für die Konsumenten und führt dazu, dass die weltweiten Wachstumsperspektiven nach unten korrigiert werden. Das weltweite BIP-Wachstum dürfte im laufenden Jahr knapp über 2% liegen, während im Januar noch ein Anstieg von über 4% erwartet worden war.

Die Schweiz als Ausnahmefall

Die Schweiz ist einmal mehr die Ausnahme in diesem düsteren Bild. In unserem Land ist die Inflation im Mai auf 2,9 % angestiegen, hauptsächlich aufgrund der höheren Heizöl- und Treibstoffpreise. Diese vergleichsweise geringe Teuerung verdanken wir einem entscheidenden Trumpf, dem starken Schweizer Franken.

Der starke Franken macht den Schweizer Exportunternehmen das Leben schwer, da ihre Produkte für ausländische Kunden teurer werden. Er hat aber auch den grossen Vorteil, dass der Import von ausländischen Produkten billiger wird. Unsere Währung schützt uns also vor der sogenannten «importierten» Inflation. Im Weiteren wird in der Schweiz auch nicht mit einem Einbruch des Wachstums gerechnet, sondern nur mit einer moderaten Verlangsamung gegenüber dem Vorjahr auf rund 2,5 %.

Was tun gegen die Inflation, die unsere Portfolios unter Druck setzt?

Eine Zinserhöhung kann dazu beitragen, die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Das versucht die US-Notenbank Fed, die am vergangenen 15. Juni ihre Leitzinsen deutlich angehoben hat. Das Vereinigte Königreich tat es ihr gleich, und die Europäische Zentralbank wird ebenfalls nachziehen.

Das Problem besteht darin, dass eine Verteuerung des Geldes auch das globale Wirtschaftswachstum beeinträchtigt, das sich nicht in Höchstform befindet, wie wir gesehen haben. Für die Zentralbanken ist es eine schwierige Gradwanderung: Die Inflation unter Kontrolle zu bringen, ohne das Wachstum abzuwürgen und die Wirtschaft in eine Rezession zu stürzen. Die Experten sprechen von einer «weichen Landung» der Wirtschaft.

Am vergangenen 16. Juni handelte auch unsere Nationalbank, indem sie ihre Leitzinsen von -0,75 % auf -0,25 % anhob. Allerdings muss die SNB eine zusätzliche Schwierigkeit meistern: Der Schweizer Franken gewinnt durch die Anhebung der Leitzinsen zusätzlich an Wert, was sich nachteilig auf die Exporte auswirkt und damit die Wirtschaftstätigkeit beeinträchtigt.

Zum aktuellen Zeitpunkt haben bereits mehrere Länder entschieden, die am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen mit Hilfsprogrammen wie während der Covid-19-Pandemie zu unterstützen, um die Auswirkungen der Inflation zu dämpfen.
 
Abb. 1. Inflation in den USA, der Europäischen Union und der Schweiz seit 2015

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