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payoff Opinion Leaders

Innovation wirkt langfristig deflationär

18.06.2021 4 Min.
  • Matt Moberg, Portfolio Manager des Franklin Innovation Fund

Die Inflation, die wir derzeit erleben, dürfte höchstwahrscheinlich eine vorübergehende Erscheinung sein. Der aktuelle Rückenwind für die Inflation dürfte gegen Ende des Jahres abflauen, wenn Lieferketten so aufgestellt sind, dass Produktion und Angebot endlich die Nachfrage bedienen können.

Eventuelle Zinssteigerungen sind aus unserer Sicht positiv. Denn der Grund für steigende Zinsen ist oft der Wettbewerb um Kapital. Kapital sollte aus unserer Sicht an vielen Stellen eingesetzt werden, allerdings nicht unbedingt in einige dieser brandneuen Märkte, die sich gerade erst entwickeln und in die zu viel investiert wird. Der zweite Aspekt: Wir glauben nach wie vor, dass wir uns langfristig in einem deflationären Umfeld befinden, und zwar aufgrund von Innovationen. Letztes Jahr gab es zahlreiche Produktivitätsgewinne. Es wurden 7 % mehr Paketeinheiten versandt, und das mit 2,5 & weniger Mitarbeitenden.Genau das ist Produktivität. In den USA beobachten wir zahlreiche Bewegungen: Umzüge in Vororte oder kostengünstigere Staaten usw. Immobilienpreise insgesamt steigen, doch was in Wahrheit passiert, ist, dass Menschen in günstigere Regionen umziehen – und diese Bewegung wird deflationär wirken.

Ausserdem gibt es Vermögensgegenstände, die auf ganz neue Weise genutzt werden. So erleben wir zum Beispiel mit Airbnb oder VRBO, dass man in einer Stadt mehr Hotelzimmer schaffen kann, ohne überhaupt Kapital einzusetzen. Gleiches gilt für Mitfahrdienste wie Uber oder Lyft: Da steigt die Nutzungsrate einer nationalen oder internationalen Autoflotte tatsächlich in einem bedeutsamen Ausmaß an, ohne dass es so zu Engpässen beispielsweise in der Autovermietung kommen könnte. Ein LKW-Fahrer ist eine gute Analogie. Ein 30-jähriger LKW-Fahrer heute erlebt höhere Löhne, aktuell Engpässe in den Häfen, während die Wirtschaft wieder geöffnet wird – und das Geschäft für diesen LKW-Fahrer läuft gerade richtig gut. Aber langfristig gesehen, über einen Zeitraum von zehn Jahren, nehme ich an, dass sich LKW-Fahrer trotzdem Sorgen darüber machen, was durch automatisiertes Fahren und Technologie aus ihrem Job wird.

Es gibt also eine kurzfristige und eine langfristige Perspektive. Auf lange Sicht betrachtet halten wir das Technologieniveau noch immer für sehr deflationär, erkennen aber an, dass wir uns gegenwärtig – durch die Stimulierungsmaßnahmen und die aktuelle Wiederöffnungsphase – in einer Inflationsphase befinden.
Gegenwärtig sehen wir viel Innovation im disruptiven Handel, in der Genomforschung, bei intelligenten Maschinen – sprich der Anwendung von KI [künstlicher Intelligenz] auf unser physisches Leben –, im Finanzwesen und bei exponentiellen Daten. Das interessante an diesen „Plattformen“ ist, dass sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten „einschlagen“ werden. Die „Plattformen“ zeigen, wie viel Veränderung derzeit über die ganze Wirtschaft verteilt stattfindet: Der Onlinehandel hat just den Wendepunkt in positive Zahlen überschritten, Zahlungssysteme sind gerade dabei, diesen Punkt zu erreichen. Das Coronavirus hat die Impfstoffforschung vorangetrieben, und dort beruht vieles auf der Gensequenzierung und Genomik.

Wir befinden uns momentan in einer Phase beispielloser Veränderungen. Unserer Meinung nach ist das gut vergleichbar mit dem, was vor über 100 Jahren während der Zweiten Industriellen Revolution geschah: so viele Veränderungen über die gesamte Wirtschaft hinweg, mit ganz neuen Marktführern, und mit Unternehmen, die fünfmal so groß sind wie je zuvor – mit den entsprechenden Gewinnen dahinter.

Wird der Onlinehandel weiter wachsen? Wird es weitere Fortschritte in der Genomik geben? Wird es weitere Fortschritte bei Elektroautos und automatisiertem Fahren geben? Unser Research ergibt, dass es dort noch immer vorwärts geht, dass diese Bereiche unsere Wirtschaft verändern werden. Und das eröffnet viele verschiedene Anlagemöglichkeiten. Wenn wir drei, fünf, zehn Jahre vorausblicken, sind wir wirklich sehr, sehr positiv gestimmt.

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1Quelle: Barron’s, „Why the Post-Pandemic Future Could Be Bright: Productivity Gains Could Be Here to Stay“ von Matthew C. Klein, 8. Januar 2021.

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