Investieren in akuten Rezessionsrisiken
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Martin Rossner
Gründer und Geschäftsführer
ThirdYear Capital
Das Risiko der strukturellen Stagflation bleibt vorhanden – auch wenn kurzfristig eine weitere Abkühlung der Inflationsraten zu erwarten ist. Die US-Bankenkrise deckt die problematischen Folgen der geldpolitischen Straffung auf.
Die stark angestiegenen Zinsen am Kapitalmarkt sind mittlerweile deutlich höher als die angebotenen Zinsen auf Sichteinlagen der Banken. Bei einer anhaltenden hohen Inflation trägt die aktuelle Bankenkrise dazu bei, dass sich der Ausblick für reales Wachstum weiterhin verschlechtert, während die Liquiditätsbereitstellung der Notenbanken wieder zunimmt. Andauernde internationale Krisen erhöhen zusätzlich das Risiko von jahrelanger Stagflation in westlichen Volkswirtschaften. Bei einer Stagflation liegen die Anlagechancen hauptsächlich in realen Anlageklassen wie Gold und Rohstoffen. Diese konnten im letzten Jahrzehnt kaum Kapital anziehen und entsprechend niedrig ist die aktuelle Marktkapitalisierung von Rohstoff-Firmen und Gold im Vergleich zur Marktkapitalisierung des globalen Aktienmarkts mit Blick auf die Historie. Eine Rückkehr dieser realen Anlageklassen in die Allokation der globalen Anlageportfolios hätte auch bei kleineren Umschichtungen bereits das Potenzial, deutliche Kurssteigerungen zu erzeugen.
Auch Inflationsanleihen sind zunehmend attraktiv, da diese während der aktuellen Straffung – trotz hoher Inflationsraten – zum Teil die Renditen eines gesamten Jahrzehnts zurückgegeben haben. Das erzeugt ein erhebliches Renditepotential, sobald sich die extreme Volatilität in den Zinsmärkten etwas beruhigt.
Marktunabhängige Renditen suchen
Das klassische 60/40-Portfolio1, ausschliesslich bestehend aus den beiden Anlageklassen Aktien und Anleihen, hätte in stagflationären Perioden – historisch gesehen – kaum realen Werterhalt ermöglicht. Typische Charakteristika einer stagflationären Investmentumgebung, wie zum Beispiel in den 1970/80-er Jahren, sind eine starke Outperformance von Inflationsschutz-Investments wie Gold, Rohstoffe und Inflationsanleihen sowie das Risiko der Entstehung von Boom-Bust-Zyklen, die mit einer erhöhten Volatilität und Kursverlusten in Aktien und Anleihen einhergehen.
In diesem Umfeld gilt es umfangreiche Möglichkeiten zur Erzeugung möglichst marktunabhängiger Renditen zu suchen. Die Anlageklassen sollten um ein breites Spektrum an Inflationsschutzanlagen erweitert werden. Es gilt, Gold, Rohstoff-Approximationen und inflations-indexierte Staatsanleihen nicht nur als passive Beimischung zu nutzen, sondern sich aktiv zu positionieren, um einen realen Werterhalt zu erzielen. Die flexible Asset-Allokation und das risikogewichtete Investieren hilft die Abhängigkeit von einzelnen Anlageklassen zu senken. Das globale Anlageuniversum ermöglicht zusätzlich zu den verschiedenen Anlageklassen auch eine regionale Diversifikation. Denn obwohl das Stagflationsrisiko viele westliche Länder gleichzeitig betrifft, lassen sich Chancen ausserhalb von Europa und den USA finden. So gibt es zum einen Länder, wie zum Beispiel Japan, die nach jahrzehntelanger Deflation von inflationären Tendenzen profitieren und dadurch in ein volkswirtschaftliches Gleichgewicht gelangen. Zum anderen finden sich aber auch Länder, die die Inflation bereits erfolgreich bekämpft haben und deren Notenbanken in naher Zukunft wieder unterstützend auf die Konjunktur einwirken können. So zum Beispiel in China oder auch Brasilien. Dort treffen aktuell niedrige Bewertungen auf attraktive Zyklusphasen.
US-Rezessionsrisiko – flexible Asset-Allokation von VorteilEine historische Analyse zeigt, dass es der US-Notenbank Fed bisher kaum gelungen ist, das Lohnwachstum und die Arbeitsnachfrage zu senken, ohne gleichzeitig einen schmerzhaften Anstieg der Arbeitslosigkeit zu erzeugen. Die nachhaltige Bekämpfung der Inflation erfordert in der Regel einen zyklischen Abschwung. Aktuell können vermehrt Warnzeichen einer klassischen, späten Straffungsphase identifiziert werden. Die Notenbank bekommt aufgrund einer hartnäckigen Inflation und dem robusten Arbeitsmarkt kaum Spielraum, um auf die einsetzende Wirtschaftsschwäche unterstützend zu reagieren. Sinkende Unternehmensgewinne führen schlussendlich mit einer typischen Verzögerung von 12 bis 18 Monate zu Entlassungen. So sind diese beispielsweise im Baugewerbe für private Neubauten in den USA auf breiter Basis denkbar und wären entsprechend ab dem dritten Quartal zu erwarten. Das Risiko einer zyklischen Rezession steigt. Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen aus den USA zeigen sich aber weiterhin sehr robust. Eine mögliche Erklärung für die „Übergangsphase“ von der Reduktion der offenen Stellen bis hin zum Anstieg der Arbeitslosigkeit liefert die sogenannte Beveridge-Kurve. Die Kurve ist bei besonders hoher Arbeitsnachfrage in der Ausgangslage steil, sodass eine Reduktion der Arbeitsnachfrage nicht direkt mit einer steigenden Arbeitslosigkeit einhergeht. In der Theorie würde das ein „Soft-Landing“- Szenario ermöglichen.
Signale des Arbeitsmarktes nicht überbewerten
Eine Studie des Peterson Institute zeigt jedoch, dass in sieben von neun Fällen sinkender Vakanzen die Arbeitslosenquote bereits sechs Monate später deutlich angestiegen ist. Plausibler ist demnach, dass wir uns in einer Übergangsphase befinden und die Arbeitslosenquote verzögert reagiert. Dies verstärkt beispielsweise eine ähnlich steile Beveridge-Kurve von 2000, auch war der Arbeitsmarkt in ähnlicher Weise aus dem Gleichgewicht geraten. Sechs Monate nachdem die offenen Stellen ihren Abschwung bereits begonnen haben, zeigte sich die Arbeitslosenquote damals noch robust. Später stieg die Arbeitslosigkeit an und verursachte eine Rezession. Das besonders hohe Ausgangsniveau der offenen Stellen im Vergleich zur Arbeitslosigkeit stellt eine mögliche Parallele zur aktuellen Situation dar. Anleger sollten die Signale des Arbeitsmarktes, welcher ein nachlaufender Indikator ist, daher nicht überbewerten. Es braucht jetzt eine systematische Strategie, die bereits auf einen Wechsel von der Zyklusphase der „inflationären Straffung“ in die „frühe Rezession“ vorbereitet. Für Aktien, die stark mit dem Wirtschaftswachstum korrelieren, ist die aktuelle Phase bis zum Einsetzen der Beschäftigungsschwäche – trotz nachlassender Zinsschritte – besonders riskant. Sie müssen aufgrund der anhaltend restriktiven Geldpolitik eine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer zyklischen Rezession einpreisen. Westliche Aktienmärkte in der Gesamtheit werden unter anderem auch aufgrund der Spillover-Effekte einer möglichen US-Rezession untergewichtet, wobei bestimmte Sektoren als Inflationsschutz weiterhin geeignet sein können. Eine besonders flexible Asset-Allokation ist in dieser Investmentumgebung von Vorteil, um auf taktischer Basis auch von fallenden Aktienmärkten und fallenden Zinsen bei kurzlaufenden Staatsanleihen profitieren zu können.
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Über ThirdYear Capital
Die Third Year GmbH ist bankenunabhängiger Anbieter „quantamentaler“ Makro-Strategie und Fondsberater des ART Global Macro (UCITS) Fonds, die in der Schweiz von Agathon Capital vertreten werden. Das Team vereint langjährige Global Macro-Research und Investment Erfahrung bei einem führenden alternativen Asset Manager mit akademischer Präzision. Die Firma nutzt Daten und Technologien, um ein tiefes Verständnis der Volkswirtschaft systematisch und in Echtzeit auf liquide Anlageklassen anzuwenden. Das Unternehmen mit Sitz in München begann im Jahr 2015 mit der Strategie-Entwicklung und der Publikation ökonomischer Analysen. Seitdem wurde die systematische Anwendung der Strategie stetig optimiert. Weitere Informationen unter www.third-year.com