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payoff Blockchain Report

Jahresausblick für 2023

24.01.2023 6 Min.
  • Pascal Hügli
    Redaktor

Das vergangene Jahr 2022 war ein Wechselbad der Gefühle für jeden Krypto-Liebhaber – Terra-Luna-Kollaps, Ethereum-Merge oder FTX-Debakel. Während die Gefühle auf und ab gingen, kannten die Krypto-Preise nur eine Richtung: nach unten.

Wer jedoch an das langfristige Potenzial dieser neuen Technologien glaubt, sollte den Kopf im neuen Jahr nicht hängen lassen. So stehen einige interessante Entwicklungen an, die Bitcoin und Co. technisch und in ihrer Akzeptanz voranbringen werden. Eine Auswahl in Bezug auf die bedeutendsten Themen sei in diesem Jahresausblick vorgestellt.

Stabile Kryptos auf Bitcoin: Lightning und Taro machen es möglich

Für viele ist Bitcoin ein Krypto-Auslaufmodell, bei dem keinerlei Innovation geschieht. Andere sind der Überzeugung, dass Bitcoin als digitales Gold durchaus seine Berechtigung hat, jedoch als Grundlage für ein vertrauensminimiertes Finanzsystem zu wenig flexibel ist. 

Es ist jedoch zu erwarten, dass sich diese Sichtweise 2023 revidieren wird. So dürften in diesem neuen Jahr Stablecoins erstmals auf Bitcoin laufen. Das heisst: Stabile Kryptowährungen – allen voran in US-Dollar – werden über das Lightning Netzwerk schnell, günstig und effizient versendet und empfangen werden können. Damit wird Bitcoin den heute oftmals für Stablecoin-Transaktionen verwendeten günstigeren Blockchains BNB und Tron den Rang ablaufen.

Erste Lösungen wie Stablestats oder Neutronpay sind bereits an den Start gegangen. Auch Strike operiert bereits in die Richtung. Spannend ist zudem Taro, eine Bitcoin-Innovation (basierend auf dem RGB-Konzept), welche das Abbilden und Transferieren von beliebigen Vermögenswerten auf Bitcoin und dem Lightning Netzwerk möglich macht. In wenigen Monaten also schon könnten wir USDT und andere Stablecoins über Bitcoin schicken und empfangen.

Stablecoins: Die Inflation bedingt ein Upgrade

Während es Stablecoin 2023 auf das Bitcoin-Lightning-Netzwerk schaffen werden, dürfte innerhalb des Stablecoin-Bereichs eine neue Art von Token die Runde machen: sogenannte CPI-Token. CPI steht für «Consumer Price Index», also Konsumgüterpreisindex. In einer Spezialausgabe von August 2021 haben wir diesen im Detail beleuchtet. 

CPI-Token sind also Token, welche den Konsumgüterpreisindex abbilden und so der Fiat-Inflation entgegenwirken sollen. Wer nämlich einfach Stablecoins hält und mit diesen keine Rendite zu erzielen versucht, sieht sich der Inflation vollends ausgesetzt. 

Genau hier setzen CPI-Token an. CPI-Token fungieren letztlich als renditebringende (risikohaftere) Stablecoins, bei denen sich die Rendite im Preisanstieg des Tokens widerspiegelt. Und es ist gut vorstellbar, dass diese 2023 etwas in den Fokus rücken werden. Auch wenn die Inflation in diesem neuen Jahr etwas sinken dürfte, so könnte sie dennoch für die absehbare Zeit verhältnismässig hoch bleiben (4-5%), vor allem dann, wenn die viel angekündigte Deglobalisierung tatsächlich eingesetzt hat.

Ethereum – Staking wird Mainstream

Jetzt, da der Merge geschafft ist, Vitalik und Co. die neue Roadmap präsentiert haben und einer fortschreitenden Zentralisierung auf Validatoren-Stufe bei Ethereum entgegengewirkt werden soll, liegt der Fokus für 2023 auf dem Shanghai-Update. Dieses soll die Abhebungen gestakter Ether ermöglichen und zwar in diesem neuen Jahr. Mit diesem Schritt dürften vor allem die Staking-Lösungen nochmals an Attraktivität gewinnen. Denn ist das Update erst beschlossene Sache, wird das Risiko des Ether-Staking drastisch sinken, da man keine Angst mehr haben muss, dass die Abhebungen überhaupt nie gelingen werden. Folglich werden viele bis anhin noch nicht gestakte Ether dann wohl gestakt werden. Davon dürften dezentrale Staking-Lösungen wie Lido oder Rocket Pool profitieren.

Im Vergleich zu anderen öffentlichen Blockchains sind bei Ethereum noch verhältnismässig wenige Coins gestakt. Quelle: Messari

Insbesondere Rocketpool sollte man im Auge behalten. Denn hier braucht man den RPL-Token, um Rocketpool-Nodes zu betreiben und eigenhändig zu staken. Sollte die Nachfrage nach Rocketpools als Staking-Lösung also steigen, dürfte sich das auch in RPL-Tokenpreis übersetzen. Natürlich können und wollen wir an dieser Stelle keine Anlageempfehlung geben. Wer das Rocketpool-System jedoch besser verstehen möchte, dem sei dieser Artikel auf Englisch empfohlen. 

DeFi: FTX-Debakel verleiht Flügel

Was die DeFi-Token anbelangt, so waren die vergangenen zwei Jahre ein Desaster. Ganz grundsätzlich ist der Autor dieser Zeilen verschiedenen DeFi-Token (die Betonung liegt auf den Token, nicht den Protokollen) gegenüber kritisch eingestellt, da ihnen oftmals die Grundlage fehlt, den durch die Protokolle generierten Wert einzufangen. Im Englischen spricht man hier von «Value Creation versus Value Capture».

Und gewiss hat auch der Bärenmarkt von 2022 den DeFi-Token stark zugesetzt, doch selbst im vorangegangen Bullenmarkt haben die meisten von ihnen im Vergleich zu Ether weitaus schlechter abgeschnitten. Den Grund haben wir in einer Ausgabe von September 2021 dargelegt.

Was die DeFi-Protokolle angeht, so dürfte sich 2023 als das Jahr entpuppen, in dem sich die Spreu vom Weizen trennt. Was meinen wir damit? Das FTX-Fiasko hat unmissverständlich klar gemacht, warum es DeFi-Protokolle braucht: Zentralisierte System sind und bleiben anfällig. Die Entwicklung hin zu code-basierten Finanzprotokollen ist die richtige. 

Aber die Sache ist eben doch nicht ganz so einfach. So haben die vielen DeFi-Hacks von 2022 gezeigt, dass Smart-Contract-Code anfällig ist und wir noch nicht da sind, wo wir hinwollen. Doch waren an diesen Hacks nicht nur Code-Fehler Schuld, sondern auch der Umstand, dass sich viele DeFi-Applikationen als dezentral ausgegeben haben, es in Tat und Wahrheit aber nicht waren. Eine wichtige Erkenntnis ist: Wo DeFi draufsteht, ist nicht automatisch DeFi drin.

Es ist also zu hoffen, dass sich über das Jahr 2023 die echten DeFi-Protokolle herauskristallisieren werden und die Industrie überall dort ansetzt, wo es noch Handlungsbedarf gibt: bessere non-custodial Wallets (Kontoabstraktion oder im Englischen Account Abstraction), dezentralisierte Börsen mit höherer Liquidität und besserer Perfomance, wirklich dezentralisierte Stablecoins; dezentrale Möglichkeiten, Fiat und Krypto zu tauschen; mehr kryptografische Garantien oder Fokus auf sogenannte «Light Clients», die es Nutzern ermöglichen, Laptops und Handys direkt mit öffentlichen Blockchains zu verbinden, ohne dass diese über zentral gehostete Netzwerkknoten von Drittanbietern gehen müssen. 

NFTs: Alle springen auf 

Es soll gesagt sein: NFTs bergen 2023 die grösste Chance, die Blockchain-Technologie im Bereich von Markenförderung und Konsumentenloyalität tatsächlich Mainstream werden zu lassen. Denn wie oft haben wir in der Krypto-Welt die Institutionen heraufbeschworen? Nun sind sie da. Zwar nicht jene, die wir erwartet haben, aber doch grosse Namen: Starbucks, Nike, Coca-Cola, NFL, Adidas, Dolce Gabbana und viele weitere – sie alle wollen in der einen oder anderen Form auf NFTs setzen.

Auch die grössten Social-Media-Plattformen sind ebenfalls drauf und dran, NFTs in ihre Plattformen einzubauen. Quelle: Delphi Digital

Die Ankunft dieser grossen Akteure und deren Initiativen für 2023 werden klar machen: Die Ära von NFTs als «Investitionsvehikel» wird weitgehend vorbei sein (abgesehen vom NFT-Kunstmarkt). Doch wird damit die Ära der NFTs als digitale «Verbrauchsgüter» erst recht eingeläutet werden. Mehr und mehr Künstler, Prominente und Sportmarken werden NFTs einführen. Die technische Infrastruktur, um eine solche Entwicklung zu unterstützen, verbessert sich denn auch rapide. No-Code-Plattformen, Token-Gating-Lösungen und Werkzeuge für dynamische NFTs entstehen gerade.

Und gut möglich, dass NFTs in Zukunft auch zum bevorzugten Wrapper und Medium für Social Money und Fan Token werden. Solche könnten dann sogar in einem nächsten Bullenmarkt doch nochmals für horrende Gewinne sorgen und die NFT-Investment-Ära abermals kurz aufleben lassen, denn die Regulierung wird in dieser Hinsicht ganz sicher noch hinterherhinken. Wir können uns also schon auf das «Human IPO», den menschlichen Börsengang unserer Celebrities freuen…

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