Zurück
payoff Focus

Klimawandel als Chance

09.01.2020 9 Min.
  • Dieter Haas

Der Anstieg der Treibausgase ist eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit. Ihre Folgen beeinflussen auch die Finanzwelt und sollten bei Investitionsentscheidungen zwingend berücksichtigt werden.

Die Erwärmung der Erdatmosphäre hat in den vergangenen Jahren rapide zugenommen (siehe Grafik 1). Während frühere Klimaveränderungen hauptsächlich von der Natur verursacht wurden, ist die heutige massgeblich eine Folge menschlichen Handelns. Als Sünder gelten der stark steigende CO2-Ausstoss sowie weitere Treibhausgas-Emissionen. So erschwert u. a. der hohe Kohlenstoffdioxid-Gehalt das Entweichen der von der Erde abgestrahlten Wärme ins Weltall. Da die Verursacher bislang diese Kosten der Verschmutzung der Atmosphäre nicht oder nur zu einem sehr geringen Anteil tragen, hat sich die Lage in den vergangenen Jahren massiv verschlechtert. Politische Bemühungen im Rahmen diverser UN-Klimakonferenzen haben zwar die Bedeutung des Problems verdeutlicht. Entscheidende Durchbrüche gelangen bisher
aber nicht. Zu unverbindlich sind die bis dato fixierten Zielvorgaben. Zudem scheren immer wieder einzelne Staaten aus oder beteiligen sich nur halbherzig oder gar nicht am Prozess.

ABWEICHUNG DER GLOBALEN LUFTTEMPERATUR VOM DURCHSCHNITT 1961 BIS 1990 (REFERENZPERIODE)

Die grössten Klimasünder
Mit Abstand am meisten Schadstoffe verursachen die zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, kurz G20. Sie sind für 78% der Treibhausgase verantwortlich. Die Bemühungen zur Reduktion der auf nationaler Ebene formulierter Klimaschutzziele – bislang gelang es nicht, sich auf international festgelegte und völkerrechtlich verbindliche Klimaschutzziele zu einigen – fällt sehr unterschiedlich aus. In einigen Fällen konnten erste Erfolge verzeichnet werden, andere (u. a. Kanada, Südkorea, Indonesien, Südafrika, USA) verfehlten ihre Vorgaben und wieder andere (Saudi-Arabien, Argentinien, Türkei) haben bislang überhaupt keine Ziele fixiert.

Die Schweiz, deren Volkswirtschaft gemessen am BIP grösser ist als einige der G20 Staaten, konnte seit 1990 ihre Treibhausemissionen reduzieren. Es wurden aber nicht
in allen Bereichen die angestrebten Reduktionen erreicht. Generell reichen gemäss dem jüngst publizierten «Emission Gap Report» der UNO die bisher eingereichten nationalen Klimapläne der Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens bei Weitem nicht, um auf den notwendigen Reduktionspfad zu gelangen. Der bislang eingeschlagene nationale Weg leidet am Sankt-Florian-Prinzip, bei dem eine Gefahrenlage nicht wirklich gelöst wird, sondern auf andere verschoben wird, getreu dem Motto: «Keine Schneeflocke in der Lawine fühlt sich verantwortlich». Die Weltklimakonferenz von Madrid im Dezember letzten Jahres brachte keine wegweisenden Impulse. Der UN-Generalsekretär Guterres äusserte sich enttäuscht und bemängelte mit Verweis auf die Länder mit den höchsten CO2-Emissionen den politischen Willen in diesen Staaten. Ohne gemeinsame Anstrengungen rückt das Ziel bis 2050 klimaneutral zu werden in weite Ferne, was katastrophale Folgen nach sich zöge.

die grössten Verursacher von Treibhausgasen

Verantwortung der Anleger
Investoren können mit ihrem Verhalten sehr wohl Druck ausüben, damit Bewegung in die Sache kommt und Wirtschaft und Politik gezwungen werden, sich verstärkt mit dem Thema Klimawandel zu befassen. Würden die grössten Klimasünder konsequent gemieden, die dem kollektiven Gut der Atmosphäre, das jedem zur Verfügung steht, aber niemanden gehört, übermässig schädigen, dann liessen sich die negativen Nebenwirkungen der Wirtschaftsaktivität auf den Klimawandel schneller in den Griff bekommen. Für den Anleger stellen sich allerdings einige knifflige Entscheidungen. So muss er sich fragen, was als klimafreundliche Strategie zählt und welchen Einfluss die Transformation allenfalls auf die Rendite seines Portfolios hat.

«Die Erwärmung der Erdatmosphäre hat in den vergangenen Jahren rapide zugenommen.»

Thema Klimawandel zu befassen. Würden die grössten Klimasünder konsequent gemieden, die dem kollektiven Gut der Atmosphäre, das jedem zur Verfügung steht, aber niemanden gehört, übermässig schädigen, dann liessen sich die negativen Nebenwirkungen der Wirtschaftsaktivität auf den Klimawandel schneller in den Griff bekommen. Für den Anleger stellen sich allerdings einige knifflige Entscheidungen. So muss er sich fragen, was als klimafreundliche Strategie zählt und welchen Einfluss die Transformation allenfalls auf die Rendite seines Portfolios hat.

Selektion und Performance
Ein umweltbewusster Investor hat zwei Möglichkeiten, um sein Portfolio auf die Belange des Klimawandels auszurichten. Der eine Weg heisst Risikominderung. Hier wird bewusst auf Aktien von Unternehmen verzichtet, die zu den Hauptverursachern des Klimawandels zählen bzw. davon negativ tangiert sind. Dazu zählen Öl- und Gasunternehmen oder generell umweltverschmutzende Industrien. Der andere Weg betrachtet den Klimawandel als Chance. In diesem Fall gilt es, nach Opportunitäten Ausschau zu halten und auf Aktien von Unternehmen zu setzen, die zu den Profiteuren einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zählen werden. Der zweite Weg ist gemäss Bill Gates der erfolgversprechendere. Der Mitbegründer von Microsoft sagte jüngst in einem Interview mit der Financial Times: «It is much better to invest in ventures working
on innovations to cut greenhouse gases than urging investors to divest from fossil fuels».

Verzicht der SNB auf Führungsrolle
Damit auf breiter Front ein Gesinnungswandel eintritt, braucht es ein Vorangehen von Entscheidungsträgern. Hier stehen Meinungsmacher der Finanzbranche in der Pflicht. Dazu zählen grosse Pensionskassen oder unsere Währungshüter. Diese sind mittlerweile zu den grössten Eigentümern von Aktien aufgestiegen. Leider konnten sich die Verantwortlichen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) in einem kürzlich gehaltenen Referat nicht dazu durchringen, Klimarisiken in ihren anlagepolitischen Entscheidungen prioritär zu behandeln. Mit ihrer Haltung liegt die SNB auf der Linie von Otmar Issing, einem ehemaligen Direktionsmitglied der EZB und aktuell Präsident des Center for Financial Studies. Er argumentiert, dass eine grüne Geldpolitik weit ausserhalb des Mandates einer Notenbank sei. Bei ihren Aktienanlagen verfolgt die SNB bekanntlich einen passiven und neutralen Ansatz. Von diesem Grundsatz weicht sie zur Vermeidung tatsächlicher oder mutmasslicher Interessenkonflikte ab und verzichtet
auf Investitionen in Aktien systemrelevanter Banken sowie mittel- und grosskapitalisierter Banken von Industrieländern. Des Weiteren hält die SNB keine Beteiligung an Schweizer Unternehmen. ESG-Kriterien werden in die Bewirtschaftung des Aktienportfolios anhand einer selektiven Ausschlusspolitik einbezogen. So verzichtet die SNB seit 2013 auf Investitionen in Unternehmen, deren Produkte oder Produktionsverfahren in grober Weise gegen ethische Prinzipien verstossen. Auf eine aktivere Bewirtschaftung auf dem Gebiet der Umwelt wird bislang jedoch verzichtet. Sie würde gemäss den zuständigen Verantwortlichen die Anlagemöglichkeiten stark einschränken. Zudem stellt sich die SNB auf den Standpunkt, dass es nicht klar sei, ob eine auf ESG-Kriterien basierende Investitionsstrategie bessere risikoadjustierte Renditen abwerfen würde. Eine absolute Garantie gibt es zwar nicht für die Überlegenheit klimafreundlicher Indizes. Diverse andere Untersuchungen als die von der SNB angeführte Publikation kommen allerdings zum Schluss, dass in der überwiegenden Anzahl der Fälle mit klimafreundlichen Strategien ein besseres Rendite-Risiko-Verhältnis erzielt werden kann.

Empfehlenswerte ETFs und Tracker-Zertifikate für Investoren die dem Thema Klimawandel und Nachhaltigkeit ein grösseres Gewicht beimessen möchten — ein Muss in unserer Zeit — sollten sich vor allem an themenorientierte Ansätze halten. Dank ihrer Fokussierung erzielen sie auf lange Sicht in der Regel eine höhere Outperformance als globale, nachhaltige Konzepte. Dabei handelt es sich oft nur bedingt um nachhaltige Anlagen. Im Fachjargon werden sie als «greenwashing» gebrandmarkt. Zu den positiven Beispielen unter den an SIX Swiss Exchange kotierten ETFs zählt INRG. Der passive Fonds strebt die Nachbildung der Wertentwicklung eines Index an, der aus den 30 weltweit grössten Unternehmen besteht, die im Sektor der sauberen Energie tätig sind. Sehr preiswert ist der ETF XZW0 der Deutschen Bank. Er bietet ein diversifiziertes Engagement in Large- und Mid-Cap-Aktien, die im Vergleich zu ihren Mitbewerbern bessere ESG-Eigenschaften und eine geringere Kohlenstoffemission aufweisen.

ausgewählte an der SIX Swiss Exchange kotierte ETFs

«Themenorientierte, nachhaltige Ansätze erzielen auf lange Sicht in der Regel eine höhere Outperformance als globale Konzepte.»

Mit der von der ZKB angebotenen MeinIndex Nachhaltigkeitsfamilie kann der Anleger spezifisch in einzelne Themen wie Solar, Wind, Energieerzeugung, Energieeffizienz, Wasser, Ressourcen und Mobilität investieren. Dabei dient das «nachhaltige Anlageuniversum» der ZKB als Grundlage für die Titelauswahl der Themenindizes. Alle selektierten Unternehmen durchlaufen einen mehrstufigen Prozess mit Positiv- und Ausschlusskriterien. Die Aktien der einzelnen Themenuniversen müssen einem quantitativen Analysemodell, welches die vier Bereiche Bewertung, Profitabilität, Bilanzqualität und Momentum einbezieht, genügen, um letztlich für den Index in Frage zu kommen. Im Jahr 2019 warteten alle in der Tabelle aufgeführten Tracker-Zertifikate der ZKB mit Ausnahme von TRMOBO mit einer überdurchschnittlichen Performance
auf. Sehr beliebt und häufig unter den monatlich meistgehandelten Anlageprodukten zu finden ist das Tracker-Zertifikat DISUJS auf den Sustainable Technology Disrupters
Basket von J. Safra Sarasin. Das Ziel der Strategie ist es, in Aktien von Unternehmen zu investieren, welche entweder aufkommende und umwälzende Technologie Trends vorantreiben oder davon profitieren (diese Entwicklung wird häufig unter dem Begriff «disruptive Technologien» zusammengefasst). Für die Auswahl werden nur Aktien berücksichtigt, die gemäss den Richtlinien des Sustainable Investment Research der Bank als nachhaltig eingestuft werden.

«Anleger können den Wandel hin zu einer emissionsfreien Welt durch ihr Verhalten aktiv unterstützen.»

ausgewählte an der Six Swiss Exchange kotierte Tracker Zertifikate

Abschliessende Bemerkungen
Der Wandel hin zu einer emissionsfreien Welt ist in vollem Gange. Er hat sich in einigen Bereichen als Innovationstreiber erwiesen und wird von einer zunehmenden Zahl an Firmen mittlerweile als Chance aufgefasst. Anleger können diesen Prozess durch ihr Verhalten aktiv unterstützen und dafür sorgen, dass die Geschwindigkeit der zu treffenden Massnahmen erhöht wird. Es ist diesbezüglich höchste Zeit, ja schon fast zu spät. Nachhaltige Anlagen sind ein absolutes Muss! Abstriche in punkto Rendite müssen dabei keine in Kauf genommen werden, ganz im Gegenteil!

Kursentwicklung und Empfehlung

Weitere News aus der Rubrik

Unsere Rubriken