Zurück
payoff Focus

Künstliche Intelligenz: Aus einem Hype wird Realität

05.09.2019 9 Min.
  • Serge Nussbaumer, Chefredaktor

Künstliche Intelligenz (KI) gilt als Schlüsseltechnologie, die Wirtschaft und Gesellschaft radikal umkrempeln wird. Der Siegeszug von «lernenden Maschinen» hat bereits begonnen. Das Marktpotenzial ist riesig. Auch für Anleger eröffnen sich Chancen. Welche KI-Investments sich auszahlen könnten.

Kaum ein Science-Fiction-Film kommt ohne sie aus. Ob als zwielichtiger Helfer («I Robot»), als furchterregende Killermaschine («Terminator»), als hintertriebenes Computerhirn («2001: Odyssee im Weltraum») oder als liebenswürdiger Freak, wie der goldglänzende Droide C-3PO aus den Star-Wars-Filmen. Geht es nach Hollywood, bekommt der Mensch in Zukunft Konkurrenz in Form von «denkenden» Maschinen. Deren Intelligenz, so die Vision der Drehbuchautoren, ist dem menschlichen Geist meistens haushoch überlegen.

 

Tiefgreifender Wandel durch KI
Auch wenn vieles, von dem, was in den Science-Fiction-Streifen gezeigt wird, heute noch Utopie ist, steht eines fest: Künstliche Intelligenz (KI), im Englischen als Artificial Intelligence (AI) bezeichnet, ist eine Schlüsseltechnologie, deren Bedeutung man gar nicht hoch genug einschätzen kann. Oder wie es Till Budde, Präsident des deutschen Digitalverbandes Bitkom ausdrückt: «Artificial Intelligence ist eine Basisinnovation, die Wirtschaft und Gesellschaft tiefgreifend verändern wird.» AI-Systeme, so Budde, würden in die Steuerung von Industrieanlagen einziehen, in die medizinische Diagnostik, die Betreuung von Versicherungsverträgen, die Bewilligung von Kreditanträgen, die Anlageberatung, in die Tätigkeit von Rechtsanwälten oder in die Sicherung der öffentlichen Ordnung. Das sind nur einige wenige Beispiele. Fest steht auch: Das globale Rennen um die Technologieführerschaft in diesem Bereich hat bereits begonnen.

 

«Künstliche Intelligenz beschreibt IT-Anwendungen, deren Ziel es ist, menschenähnliches, intelligentes Verhalten zu zeigen.»

 

Wahrnehmen, Verstehen, Handeln, Lernen
Doch was ist unter Künstlicher Intelligenz eigentlich zu verstehen? Künstliche Intelligenz beschreibt IT-Anwendungen, deren Ziel es ist, menschenähnliches, intelligentes Verhalten zu zeigen. Dazu sind vier Schlüsselfähigkeiten notwendig: Wahrnehmen, Verstehen, Handeln und Lernen. Wahrnehmen und Handeln basieren auf dem Grundprinzip aller EDV-Systeme: Eingabe – Verarbeitung – Ausgabe. Das wirklich Neue ist das Lernen und Verstehen. Heutigen KI-Systemen ist gemein, dass sie auch in der Verarbeitungskomponente trainiert werden und somit lernen können bessere Ergebnisse zu erzielen als herkömmliche Verfahren, die nur auf starren, klar definierten und fest programmierten Regelwerken basieren. Von der schwachen KI spricht man, wenn es darum geht, den Menschen intelligent beim Erreichen seiner Ziele zu unterstützen – also um smarte Mensch-Maschine-Interaktion. Die starke KI ist dagegen auch philosophisch relevant. Sie zielt auf eine Imitation des Menschen ab.

 

 

Intelligente Maschinen sind keine Utopie mehr
Der Künstlichen Intelligenz wurde schon in den 1950er-Jahren der Durchbruch vorausgesagt. Dass es nicht dazu kam, lag an den fehlenden technologischen Voraussetzungen. Diese sind heute gegeben: Immer leistungsfähigere Prozessoren, komplexe Algorithmen, eine Fülle an Daten (Big Data) und deren immer schnellere Verarbeitung sowie eine umfassende Vernetzung der Anwendungen (Internet of Things) bilden den Acker, auf dem KI prächtig gedeihen kann. So lernen Algorithmen im Online-Buchhandel, dass es bestimmte Klassen von Büchern gibt, die von bestimmten Gruppen von Kunden gekauft werden, ohne dass irgendwo im Vorfeld definiert worden wäre, was zum Beispiel ein junger Familienvater am liebsten liest. Autonome Fahrzeuge können schlicht dadurch lernen, dass Menschen sie eine Zeitlang steuern.

 

«Weltweit planen neun von 10 Führungskräften KI in den nächsten drei Jahren in der Produktion einzusetzen.»

 

Die KI-Welle rollt
Künstliche Intelligenz kommt heute bereits in zahlreichen Anwendungen zum Einsatz, insbesondere bei Technologiefirmen (z. B. Alexa, Siri, Google-Übersetzer), aber auch in der Autoproduktion (z. B. Tesla Autopilot) oder im Fintech-Sektor (z. B. Robo-Advisory). Doch das ist erst der Anfang. So ergab eine Studie der Boston Consulting Group (BCG), dass weltweit neun von zehn Führungskräften planen, KI in den nächsten drei Jahren in der Produktion einzusetzen. Allein in Deutschland, so haben die BCG-Experten berechnet, könnte der Einsatz von KI in der Produktion der Industrieunternehmen zu einer zusätzlichen Wertschöpfung von EUR 60 Milliarden führen.

 

Eine Programm von «unschätzbarem Wert»
Dass KI schwer im Kommen ist, zeigt auch, dass der renommierte Gottlieb-Duttweiler-Preis in diesem Jahr erstmals nicht an einen Menschen, sondern an eine künstliche Intelligenz vergeben wurde. Die Rede ist von IBMs Watson. Das Gottlieb-Duttweiler-Institut (GDI), ein weltweit angesehener Think Tank mit Sitz in Rüschlikon bei Zürich, würdigt damit die Fortschritte in diesem Technologiebereich. Watson sei auf dem Gebiet der KI die leistungsfähigste Computerplattform der Welt, begründete das GDI seine Wahl. Er erbringe Leistungen von unschätzbarem Wert, insbesondere auf den Gebieten des Gesundheitswesens, der Mobilität und des Handels.

 

 

Enormes Potenzial – auch für Anleger
Das Marktpotenzial und Wachstumstempo für Künstliche Intelligenz wird von den meisten Branchenkennern als gewaltig eingestuft. So untersuchte das Marktforschungsinstitut Tractica in einer umfangreichen Studie die Anwendungsmöglichkeiten von KI. Die Experten prognostizieren, dass der jährliche Umsatz allein mit KI-Software von USD 9.5 Milliarden im Jahr 2018 auf voraussichtlich USD 118.6 Milliarden im Jahr 2025 nach oben schiessen wird. Aus einem Hype wird Realität, so das Fazit der Untersuchung. Es gibt Unternehmen, die sich prominent zur KI bekennen: So haben Amazon, Alphabet, Facebook, IBM und Microsoft im September 2016 eine «Partnership on AI» verkündet. Die Marktkapitalisierung dieser und anderer mit KI arbeitenden Unternehmen ist auch ein Ausdruck der Bedeutung der jeweiligen Algorithmen und des zur Verfügung stehenden Datenpools. Diese Datenbestände wachsen und sind dabei hoch aktuell – vor allem durch Anwendung von entsprechend wirksamen Algorithmen.

 

Künstliche Intelligenz für das Depot
Angesichts des enormen Potenzials, das in dem Thema steckt, ist es nicht überraschend, dass KI auch an der Börse zu einem Renner geworden ist. So hat der Sektor-Index Solactive Artificial Intelligence in den vergangenen zwei Jahren mit einer Performance von knapp 30% signifikant besser abgeschnitten als die globalen Aktienmärkte (MSCI World: plus 19%). Eine Möglichkeit an der Wertentwicklung des Solactive Artificial Intelligence Index eins zu eins und zeitlich unbegrenzt zu partizipieren, bietet der Open End Index Tracker ZSLAJV von Vontobel. Der Index umfasst derzeit 20 internationale Unternehmen, die wesentliche Umsätze in den KI-Bereichen Software-Plattformen, Hardware-Plattformen, Big Data und KI-Applikationen erzielen. Darüber hinaus werden die möglichen Indexkandidaten einem quantitativen Check unterzogen, bei dem unter anderem der Cashflow, das Umsatzwachstum, die R&D-Ausgaben und die Gewinnmarge mit einfliessen. Ein Überprüfung der Indexzusammensetzung sowie mögliche Anpassungen erfolgen halbjährlich. Die Zusammensetzung liest sich wie das Who’s Who des IT-Sektors. Mit von der Partie sind zum Beispiel Amazon, Alphabet, Qualcom, Twitter, Microsoft, Apple und SAP – um nur einige zu nennen. Die Managementgebühr für den Tracker beläuft sich auf 1.2% pro Jahr. Das ist angesichts des Selektionsaufwands fair bemessen. Hinzu kommt, dass Nettodividenden in die Wertentwicklung eingerechnet werden.

 

 

UBS mit «intelligentem» Korb
Mit dem Tracker AIFORU bietet auch UBS ein Partizipationsprodukt für KI-interessierte Investoren an. Basiswert ist in diesem Fall ein Basket, der 22 Unternehmen mit hoher Affinität zur Künstlichen Intelligenz enthält. Wie beim Solactive Artificial Intelligence Index sind auch hier zahlreiche grosse Namen aus der IT-Branche zu finden. Aber auch weniger bekannte Adressen, wie der kalifornische Entwickler von integrierten Logikschaltkreisen Xilinx oder der chinesische Spracherkennungsspezialist iFlytek, tummeln sich im Korb. Das Problem: Das Produkt hat eine begrenzte Laufzeit und diese endet bereits im November des nächsten Jahres. Eine langfristige Partizipation ist hier also nicht möglich.

 

Alphabet verfügt über hohes Knowhow
Ebenfalls für eher taktisch agierende Anleger interessant ist ein Blick auf Renditeoptimierungsprodukte, deren Basiswerte eine führende Stellung auf dem Gebiet der KI einnehmen. An erster Stelle ist hier die Google-Mutter Alphabet zu nennen. Der Konzern besitzt Beteiligungen an sage und schreibe 38 Unternehmen, die sich schwerpunktmässig mit Künstlicher Intelligenz befassen. Das ist ein gewaltiger Pool für technologische Quantensprünge. Vontobel bietet mit dem Barrier Reverse Convertible RGOALV auf die Alphabet A-Aktie ein Papier an, das mit einem ansehnlichen Coupon von 6.23% p. a. ausgestattet ist. Da das Produkt derzeit unter pari notiert, wäre am Laufzeitende im August 2020 sogar eine maximale Rendite von 6.94% p. a. möglich. Der Preis dafür ist ein vergleichsweise geringer Abstand zur Barriere. Diese ist bei USD 848.66 fixiert und damit knapp 28% vom aktuellen Kurs der Aktie entfernt.

 

Auf ein schlaues Trio setzen
Einen gewissen Mut zum Risiko erfordert auch der Callable Multi Barrier Reverse Convertible MCHEJB von Julius Bär. Neben Alphabet sind hier mit den IT-Giganten Microsoft und IBM zwei Basiswerte vertreten, die auf dem Gebiet der KI ebenfalls federführend sind. So stellt Microsoft über seine KI-Plattform einsatzfertige Dienste zur Verfügung, mit denen Entwickler schnelle Lösungen auf Basis von Künstlicher Intelligenz erstellen können. IBM wiederum hat – wie bereits erwähnt – mit seinem «Wunderkind» Watson gerade den Gottlieb-Duttweiler-Preis gewonnen. Der Multi Barrier Reverse Convertible bietet auf Basis der aktuellen Konditionen eine maximale Renditechance von 7.98% p. a. Der Abstand zur Barriere ist bei Alphabet (USD 718.84) und Microsoft (USD 68.43) mit 38.8% respektive 49.3% relativ komfortabel. Bei IBM (USD 86.57) fällt das Polster mit 34.2% etwas schmaler aus.

 

«Es gibt aber auch Anlagen, bei der Künstliche Intelligenz selbst zum Einsatz kommt.»

 

Eine Anlage, die sich selbst steuert
Die bisher vorgestellten Produkte vereint, dass sich die Underlyings mit KI beschäftigen. Es gibt aber auch Anlagen, bei der Künstliche Intelligenz selbst zum Einsatz kommt. Dazu gehört zum Beispiel das Strategiezertifikat PSTD3V von Vontobel. Das Produkt partizipiert an dem von dem Schweizer Fintech-Startup Privat Alpha entwickelten Künstliche Intelligenz Schweizer Index. Bei dem Index werden Investitionsgrad, die Aktienauswahl und das Risiko aufgrund KI-basierter Analysen und Algorithmen gesteuert. Im Detail besteht die Strategie des Index darin, mittels eines entwickelten KI-Modells Aktien aus einem Pool von ungefähr 80% des gesamten Schweizer und Liechtensteinischen Aktienmarktes auszuwählen, wobei auch ETFs selektiert werden können. In einem positiven Marktumfeld soll eine hohe Aktienselektion erfolgen, während in schwachen und unsicheren Börsenzeiten die Quote auf bis zu –20% reduziert wird. Das alles hat zum Ziel, eine Outperformance gegenüber dem Schweizer Aktienmarkt zu erreichen. Man darf gespannt sein, ob KI tatsächlich in der Lage ist, den Markt zu schlagen. Ausgabedatum des Trackers ist der 3. September 2019. 

 

 

Weitere News aus der Rubrik

Unsere Rubriken