«Langweiliges» Japan: Redwheel sieht grosse Chancen im Mid-Cap-Universum
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Michael Connors
Senior Portfolio Advisor
Redwheel
Die Bank of Japan (BoJ) wird auf ihrer Sitzung am 30. und 31. Juli neue vierteljährliche Wachstums- und Inflationsprognosen veröffentlichen und darüber beraten, ob sie die Zinssätze von ihrem derzeitigen Niveau nahe Null anheben wird. Die Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die Zentralbank ihre Wachstumserwartungen für 2024 senken wird und mit einer Inflation nahe der Zwei-Prozent-Marke in den nächsten Jahren rechnet.
«Wir erwarten nicht, dass die BoJ den Leitzins am 31. Juli anheben wird. Viele Beobachter rechnen damit, dass Premierminister Fumio Kishida im September das Unterhaus des Parlaments auflöst. Die BoJ wird die Zinserhöhung in diesem Fall wahrscheinlich auf Oktober verschieben und erst nach den Parlamentswahlen handeln. Und denken Sie auch an den potenziell verheerenden Effekt einer signifikanten Zinserhöhung auf die Bewertung der kolossalen Bilanz der Bank selbst», erklärt Michael Connors, Senior Portfolio Advisor und verantwortlich für Redwheels Nissay Japan Focus Fund.
Auch sonst seien von der Notenbanksitzung keine Überraschungen zu erwarten. Connors weiter: «Tatsächlich ist es die US-Notenbank, die die Zinsdifferenz festlegt, nicht die BoJ. Der Handlungsspielraum des japanischen Zentralbank-Gouverneurs Kazuo Ueda ist sehr begrenzt. Die japanische Wirtschaft weist Merkmale auf, die sie inflationsresistent machen. Ausserdem sei daran erinnert, dass das Ziel der BoJ lange Zeit darin bestand, die Deflation zu bekämpfen, wobei ein positiver Wert von zwei Prozent angestrebt wurde. Die jüngste Überschreitung dieses Wertes ist auf die importierte Inflation und die extreme Schwäche des Yen zurückzuführen.»
Bezüglich der japanischen Währung erwartet Connors, dass die BoJ eine Reduzierung der Anleihekäufe ankündigen wird: «Wir gehen davon aus, dass sie von 6 Billionen Yen pro Monat auf vier bis fünf Billionen Yen sinken werden. Dies könnte von einigen Anlegern als dovish gesehen werden, da sie eine Verringerung von sechs Billionen auf drei Billionen Yen erwarten.» Die BoJ beobachtet derzeit die Devisenmärkte und der künftige Umfang der Rückkäufe könnte vom Kurs des US-Dollar zum japanischen Yen im Umfeld der Sitzung abhängen.
Für Redwheel spielt die Musik aber ohnehin ganz woanders: Während Corporate-Governance- und Stewardship-Reformen in anderen Ländern lange diskutiert wurden, hat sich in Japan einiges getan – und das treibt den Shareholder-Value. Überdies haben die Rekordstände anderer Aktienmärkte, vor allem in den USA, dazu geführt, dass das Land sowohl bei Bewertungen als auch bei der Dynamik hinterherhinkt. Redwheel nennt mehrere Gründe, warum sich das ändern wird.
Gute Gründe, warum Japan aufholt
Corporate Governance und Unternehmensführung: «Wir stellen fest, dass immer mehr Unternehmensleiter für die Bedürfnisse der Anleger empfänglicher werden. Das gilt insbesondere in Bezug auf die finanziellen Aspekte der Unternehmensführung. Die Situation verbessert sich schneller – von einem niedrigeren Niveau aus – als in Europa und den USA», erklärt Michael Connors. Zu den Verbesserungen gehören der Abbau von Bargeldbeständen und Überkreuzbeteiligungen, höhere Renditen für die Aktionäre durch Aktienrückkäufe und Dividenden, mehr Disziplin bei Investitionen, höhere Hurdle Rates, wirksamere Governance-Systeme, etwa um wertmindernde Manager zu ersetzen, und vieles mehr.
Viele versteckte Perlen: Ausländische Investoren haben in den letzten Jahren in der Regel grobe Wetten auf «Japan Inc.» oder eine unterbewertete Währung abgeschlossen, indem sie Large-Cap-Aktien kauften oder Warren Buffetts Investments in die Mega-Cap-Handelsunternehmen folgten. «Dies hat dazu geführt, dass viele versteckte Perlen übrig sind. Die Art von Unternehmen, die wir in unserem Portfolio möchten – mittelgross, mit hohen globalen Marktanteilen und hohen Gewinnspannen –, wurde lange Zeit weitgehend vernachlässigt und eindeutig unterbewertet. Wenn ausländische Anleger sich intensiver mit den Anlagemöglichkeiten in Japan zu befassen beginnen, könnte sich dies erheblich ändern», erwartet Connors.
Japan als «langweiliges» Land: «Japan ist bekannt für seine homogene Bevölkerung, seine kohäsive und konsensorientierte Gesellschaft und seine im Wesentlichen langweilige Politik», so Connors. Die Unternehmen liessen es fast nie zu, dass sie mit den Bedürfnissen und der Stimmung der breiten Bevölkerung in Konflikt geraten. Und selbst scheinbar wichtige Ereignisse in der nationalen Politik haben selten, wenn überhaupt, Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Märkte. «In gefährlichen Zeiten sollte diese Art von Vorhersehbarkeit und Stabilität den Anlegern sehr willkommen sein.»
«Wir glauben, dass Anleger den Fundamentaldaten der einzelnen japanischen Unternehmen zuletzt nicht genügend Aufmerksamkeit schenkten.» Denn in den letzten Jahren hätten viele makroökonomische, politische und exogene Faktoren einen ohrenbetäubenden Lärm verursacht.Das hat zu Zuflüssen geführt – aber nur in Unternehmen mit grosser Marktkapitalisierung. «Folglich sind wir der festen Überzeugung, dass es viele vernachlässigte und unterbewertete Mid-Cap- und Quality-Growth-Aktien gibt», so Connors weiter. «Wir sind daher zuversichtlich, dass wir auch künftig in der Lage sein werden, durch Engagements mehr unternehmensspezifisches Alpha zu erzielen.»