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payoff Trading Desk

Luxusmarken: Coronavirus sorgt für Kurs-Schnäppchen

11.02.2020 4 Min.
  • Martin Raab

Auch in Hong Kong’s erster Lage gibt es einen «Times Square», die eigentlich als quirligste Shopping-Mall Asiens gilt. Dort herrscht derzeit allerdings starke Flaute.

Ähnlich ruhig geht es zwei Kilometer entfernt in «The Landmark» zu. Wo sich bis vor wenigen Wochen noch Luxus-Käufer bei Gucci, Dior und Valentino gedrängelt haben, dominiert jetzt nur ein Thema – der Corona-Virus. Die Influenza-ähnlichen Viren sorgen bei Herstellern von Luxus-Gütern im Moment für wirtschaftliche Atemlosigkeit. Die drastischen Reisebeschränkungen der chinesischen Zentralregierung für Gruppen-Reisen und Pauschal-Touristen haben die Verkäufe in Mainland China als auch den klassischen Destinationen für China-Touristen wie Hong Kong und Singapur quasi zum Erliegen gebracht. Die fernreisenden Chinesen fehlen zusätzlich in Europa und den USA. In New York City, einem der beliebtesten Reiseziele für Long Distance Traveller aus China, fehlen seit Jahresbeginn rund die Hälfte der Gäste aus dem Reich der Mitte. In den Disney-Themenparks in Orlando/Florida und Kalifornien hagelt es Stornos aus China. Die Vergnügungsparks von Disney in Hong Kong und Shanghai sind bereits geschlossen. 

«25 Millionen US-Dollar Umsatz fehlen durch die unfreiwillige Pause der chinesischen Konsumenten bei Luxus-Mode – pro Tag.»

«Sorry, We Are Closed»

Ebenfalls dichtgemacht sind die Läden vieler Modekonzerne. Burberry hat inzwischen ein Drittel aller Läden in China geschlossen. Dior, Estee Lauder, Valentino – um nur einige Marken zu nennen – sind nur noch wenige Stunden am Tag geöffnet. Bei der US-Fashionmarke Ralph Lauren hängen in der Hälfte ihrer 110 Läden in China «Sorry, we are closed» Schilder an der Eingangstüre. Der Schmuckhersteller Pandora ist in China vorest komplett still gelegt. «Die wichtigen Shopping Malls sind geschlossen und in die wenigen Stores, die noch offen sind, kommen keine Kunden» ärgerte sich vor wenigen Tagen Stefano Sassi, CEO und Markenchef bei Valentino, gegenüber Reuters.

Gewichtiger Umsatzfaktor

Auf das Konto der Konsumenten aus China geht inzwischen ein Drittel der globalen Luxusgüter-Nachfrage. Im Jahr 2000 belief sich deren Anteil noch auf winzige 1%. In Europa beträgt der durchschnittliche Einkaufswert eines China-Touristen der Mittelklasse rund CHF 800– pro Besuchstag. Uhren- und Schmuckkäufer aus China geben rund CHF 3000 während des Aufenthalts aus. Das sind auf ein Jahr aggregiert gewaltige Summen. Geschätzte USD 25 Millionen Umsatz fehlen durch die unfreiwillige Zurückhaltung der chinesischen Konsumenten allein im Sektor der Luxus-Mode – pro Tag. Auch in Zürich und Luzern geht die Angst um. Der Dachverband Schweiz Tourismus erwartet nach jüngster Einschätzung, «dass in den nächsten Wochen und Monaten zwischen 30 und 50 Prozent der chinesischen Gäste fehlen werden».

«Aus langfristiger Perspektive ergeben sich durchaus sehr interessante Aktienbewertungen».

Heftig diskontierte Qualitätsaktien

Entsprechend stark ist der Kurseffekt an den Börsen: Luxusgüter-Hersteller befinden sich seit Veröffentlichung der Nachrichten zum Corona-Virus teilweise in freiem Fall. Salvatore Ferragamo und die amerikanische Markenholding PVH Corp. (Tommy Hilfiger, Calvin Klein, Speedo etc.) sind jeweils um 15% eingebrochen. Das erste Quartal 2020 haben die meisten CFOs der Branche bereits abgeschrieben. Nervöses Warten herrscht derweil auch in den Teppichetagen von Richemont, Swatch Group und Kering. Diese Qualitätshersteller machen zwischen 45 und 59 Prozent ihres jährlichen Umsatzes mit chinesischen Staatsbürgern. Die Aktienkurse dieser Unternehmen sind auf Monatssicht tiefrot. Eine Verlangsamung der Ansteckungsrate würde entsprechend positiv auf diese Kursphantasie wirken, denn die Unternehmen sind betriebswirtschaftlich hoch profitabel. Bei Kering, LVMH, Christian Dior (ebenfalls im Arnault Imperium) und Hermes sind die operativen Margen sehr hoch. Mit moderaten Margen und implizitem «Leverage» ist Swatch Group ist als «Uhrmacher der Uhrmacher» ausgestattet. Im Falle einer Eskalation des Travel Ban und der weiteren Virus-Ausbreitung wirkt die Lage doppelt hart – aber es geht doppelt nach oben, sobald sich die Situation abmildert. Als Turnaround-Kandidat per se wird seit geraumer Zeit Hugo Boss gehandelt. Die Aktie liegt am Boden und gilt als sehr interessanter Pick im Segment «Luxury Business and Sports Fashion».

Anleger, die von einer Milderung der Situation ausgehen, sollten die Gegenwart nutzen und einen vertieften Blick auf die Branche vornehmen. Aus langfristiger Perspektive ergeben sich – je nach Risikoprofil – teilweise sehr interessante Aktienbewertungen. Gerade heimische Titanen der Uhren- und Schmuckindustrie könnten jetzt zur Bereicherung des Portfolios genutzt werden. Schon jetzt steht fest: So schnell die Konsumenten aus China am «Times Square» oder «The Landmark» verschwunden sind, so rasch kehren sie nach Lockerung der Lage wieder zurück.

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