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payoff Learning Curve

Markttechnik 2: Abwärts gerichtete Kurslücken

01.11.2017 6 Min.
  • Dieter Haas

Ihr Auftauchen deutet meistens aufkommendes Unbill in der Kursentwicklung an, ausser es handelt sich um Erschöpfungslücken. Diese stehen am Anfang von Trendwenden.

Im Unterschied zu den beim letzten Mal besprochenen Aufwärtslücken (Gap Up) sind Abwärtslücken (Gap Down) mehrheitlich bärische Signale. In einem Balken-Chart erkennt man sie daran, dass der niedrigste Kurs eines Balkens signifikant tiefer liegt als der höchste Kurs des vorangegangenen Balkens. Abwärtslücken können eine Trendumkehr einläuten, einen bestehenden Trend bestätigen oder auf das nahende Ende einer Trendbewegung hindeuten. Abwärtslücken werden analog zu den Aufwärtslücken je nach Kontext in vier Typen eingeteilt: normale Kurslücken («Common Gaps»), Ausbruchslücken («Break Away Gaps»), Ausreisserlücken
(«Measuring Gaps») und Erschöpfungslücken («Exhausting Gaps»). Von speziellem Interesse für den Anleger sind Ausbruchssowie Erschöpfungslücken. Die ersten stehen häufig am Beginn einer längeren Abwärtsbewegung, während letztere oft das Ende einer Talfahrt einläuten. Dabei gilt: je höher das Volumen im Zeitpunkt der
beiden Gaps, desto höher die Aussagekraft der Bewegung.

Suche nach Kurslücken

Dank dem Internet lassen sich Kurslücken leicht auffinden. Eine umfassende Darstellung bietet www.barchart.com/stocks/performance/gap/gap-down. Nebst den USMärkten orientiert die Seite auch über Gaps in Grossbritannien, Australien und Kanada. Den deutschen Markt deckt u.a. www.wallstreet-online.de/aktien/signale/meldungen ab. Für den Schweizer Markt fehlt ein derartiges Tool. Interessierte Investoren finden mögliche Kurslücken hierzulande am schnellsten über die Tagesgewinner bzw. Tagesverlierer wie etwa unter dem folgenden Link: www.cash.ch/aktien/spi-index-swxswl. Längst nicht jede Kurslücke taugt als Kaufs- oder Verkaufssignal. Mögliche Kandidaten müssen einer weitergehenden Untersuchung unterzogen werden, bei der die Ursachen analysiert werden.

Beispiele für Ausbruchslücken nach unten

Jede Marktphase kennt ihre Lieblinge. Aktuell finden sich diese vor allem im Bereich der IT-Branche. Die sogenannten FANG-Aktien – F (Facebook) / A (Apple) / N (Netflix) / G (Google) – sind derzeit in aller Munde und eilen von einem Hoch zum nächsten. Sehr beliebt war bis vor kurzem auch die Aktie von Tesla Motors. Der E-Auto-Pionier begeisterte lange Zeit die Investoren, die im Beteiligungspapier ein immenses Wachstumspotenzial orteten und Warnzeichen bislang schlicht ignorierten. Die jüngsten Quartalszahlen sorgten allerdings für Ernüchterung. Die aufgetretenen Schwierigkeiten bei der Produktion des Model 3, dem Hoffnungsträger des Konzerns für den Sprung aus der Nischen- in die Massenproduktion, zog eine Ausbruchslücke der Aktie nach sich. Der Kurstaucher erfolgte dabei mit hohen Volumina. Die Aussagekraft der Bewegung verstärkte sich zudem, da gleichzeitig die markttechnisch ebenfalls wichtige 200-Tage-Durchschnittslinie nach unten durchbrochen wurde.

Ein Gap Down, das eine Trendwende nach unten signalisiert, konnte jüngst auch bei Celgene, einem der grossen Biotechnologiekonzerne beobachtet werden. Verursacht wurde der Kurseinbruch vom 20. Oktober durch einen Studienrückschlag eines Phase-3-Medikamentes. Schlechte Zahlen sowie ein ungünstiger Ausblick auf die kommenden Jahre führten vier Tage später zu einer weiteren Ausbruchslücke nach unten. Damit wurde die Aufwärtsbewegung seit Herbst 2016 definitiv beendet. 

«Abwärtslücken (Gap Down) sind mehrheitlich bärische Signale.»

In der Schweiz traf es jüngst mit den Aktien der Metallwaren Holding einen Highflyer aus dem Segment der Mid Caps. Bereits im Vorfeld der Neun-Monats-Zahlen hat das Interesse an diesem Titel nachgelassen. Die «normale» Korrektur im Vorfeld ging wegen der am 3. November nach Börsenschluss veröffentlichten Umsatzwarnung, die mit einer Korrektur der Ergebniserwartungen verbunden war, nach unten. Am Montag, dem 6. November, erfolgte nahtlos die Trendwende nach unten mit einem Gap Down. Falls die unerwartete Delle nicht postwendend behoben werden kann, dürfte sich die Talfahrt in den kommenden Monaten fortsetzen.

Beispiele für Erschöpfungslücken nach unten

Sorgen Erschöpfungslücken bei Aufwärtstrends zumindest für Stirnrunzeln, sind sie im umgekehrten Fall möglicherweise der Startschuss für eine Trendwende zum Guten. In der aktuellen, bereits mehrjährigen Aufwärtsphase an den Börsen sind solche Gaps dünner gesät als die Ausbruchslücken. Dabei dürften die Titel des US-Sportartikelherstellers Under Armour oder des Spielzeugherstellers Mattel eher etwas für spekulative Investoren sein. In beiden Fällen befindet sich die Aktie nach mehreren Gaps auf einer Talfahrt. Ob es sich bei den letzten Lücken bereits um das Ende der Fahnenstange handelt, lässt sich nicht abschliessend beurteilen. Bei Under Armour scheint die Talsohle wohl noch nicht erreicht zu sein. Etwas besser stehen die Chancen bei Mattel. Dessen Liquidationswert liegt mittlerweile deutlich über dem Marktwert an der Börse. Gerüchte über eine mögliche Übernahme durch den Konkurrenten Hasbro führten in den letzten Tagen bereits zu einem Kurssprung. Interessant sieht die Lage bei diversen Energiewerten wie beispielsweise Schlumberger, dem weltweit grössten Unternehmen für Erdölexplorationen, aus. Nachdem die Bekanntgabe des Kaufvertrags über die Anlagen im Palliser-Block in der kanadischen Provinz Alberta von Cenovus Energy am 19. Oktober von den Anlegern noch mit einem Gap Down quittiert wurde, fielen die Informationen zum dritten Quartal eine Woche später bereits auf fruchtbareren Boden. Der in den vergangenen Wochen eingetretene Lagerabbau in den USA hat dazu geführt, dass sich Angebot und Nachfrage im Erdölmarkt inzwischen wieder im Gleichgewicht befinden. Die beschlossene Weiterführung der  Produktionskürzungen von Seiten der OPEC wirkte sich ebenfalls stabilisierend aus. Nach schwierigen Monaten beginnen sich daher die Perspektiven bei Schlumberger aufzuhellen. Eine kommende Ausbruchslücke nach oben würde die These einer vermuteten Trendumkehr bestätigen, auch wenn die jüngste Kursentwicklung allerdings nach wie vor von Skepsis geprägt ist. 

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