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Multi-Bonus-Zertifikate: Alternativen zum „Standardmodell“ bringen Mehrwert

01.10.2009 5 Min.
  • Martin Plüss

Während der Aktienhausse bis zum Sommer 2007 waren Multi-Bonus-Zertifikate bei den Anlegern sehr beliebte Instrumente. Sie boten unbegrenzte Gewinnchancen bei steigenden Märkten, eine attraktive Bonuszahlung bei stagnierenden Kursen und einen bedingten Kapitalschutz bei Schwächephasen. Der im Sommer 2007 einsetzende massive Kurszerfall an den Aktienmärkten zeigte dann aber die Risiken dieses Produkttyps schonungslos auf.

Es muss nicht immer die schlechteste Aktie sein

Bekanntlich sind Bonus-Zertifikate mit einem bedingten Kapitalschutz ausgestattet, der verloren geht, wenn der Basiswert eine im Voraus festgelegte Kursschwelle (die Barriere) berührt oder unterschreitet. Da Multi-Bonus-Zertifikate mehrere Basiswerte aufweisen, sind verschiedene Varianten denkbar, was als Verletzung der Barriere zu betrachten ist. Die meisten Produkte verwenden das Worst-Of-Prinzip: Berührt während der Laufzeit auch nur ein Basiswert die Barriere, so geht der bedingte Kapitalschutz verloren. Vereinzelt gibt es aber auch Produkte mit anderen Funktionsweisen. So ist es möglich, dass nicht jede Aktie einzeln betrachtet wird, sondern der Wert des Baskets, der aus allen Basiswerten gebildet wird. Naturgemäss ist hier das Risiko einer Barrierenverletzung erheblich geringer als in der Worst-Of-Variante.

Noch einmal deutlich kleiner ist die Gefahr bei den Best-Of-Produkten, wo alle Basiswerte gleichzeitig unter der Barriere liegen müssen, damit diese als durchbrochen gilt. Leider handelt es sich bei dieser Produktgattung um eine derart seltene Spezies, dass sie derzeit an der Scoach Schweiz nicht anzutreffen ist.
Eine verhältnismässig neue Variante sind die Multi Chance Produkte. Hier müssen mehrere Basiswerte (z.B. drei von fünf) die Sicherheitsschwelle berühren oder unterschreiten, damit dies als Barrierenereignis gezählt wird.
Entscheidend ist der Rückzahlungsmodus

Einen weit bedeutenderen Einfluss als die Methode der Barrierenbetrachtung haben die Rückzahlungsbedingungen auf die Wertentwicklung eines Multi-Bonus-Zertifikats. Das liegt daran, dass es in ausgeprägten Baissephasen meist in allen Produkten früher oder später zu einem Barrierenereignis kommt, auch dann, wenn nicht nur die schlechteste Aktie betrachtet wird. Bei den meisten Produkten erfolgt dann am Ende der Laufzeit die Lieferung des Basiswerts, welcher die schlechteste Performance aufweist. Das kann zu dramatischen Verlusten führen, wie ein hypothetisches Beispiel zeigt: Ein Multi-Bonus-Zertifikat mit zweijähriger Laufzeit sei am 1. April 2007 mit den Basiswerten ABB, Roche GS und UBS emittiert worden (siehe Tabelle). Während nach diesen zwei Jahren die Kursverluste bei ABB und Roche moderat ausfielen, büsste die UBS-Aktie 83 Prozent ihres Werts ein. Entsprechend gross war der Verlust, den ein Käufer des Zertifikats auf sich nehmen musste. Wesentlich weniger dramatisch sähe es aus, wenn am Schluss der Laufzeit der Wert des Aktienbaskets (also der Durchschnittswert aller drei Aktien) ausbezahlt würde. Der Verlust wäre zwar immer noch stattlich gewesen, doch wäre die Rückzahlung immerhin noch mehr als dreimal so hoch gewesen wie der Wert der UBS-Aktie. Ein aktuelles und ebenso eindrucksvolles Beispiel ist MCBCA. Die Basiswerte dieses Produkts sind sieben europäische Banken, von denen die Royal Bank of Scotland seit der Emission mehr als drei Viertel ihres Werts eingebüsst hat. Da aber der Durchschnittswert aller Aktien für die Rückzahlung entscheidend ist, wird das Zertifikat aktuell bei 66 Prozent gehandelt. Leider sind derartige Produkte selten. Mit ZKB9J5 (auf BASF, Bayer, Roche und Novartis) und ZKB9K4 (auf ENI, Repsol, Royal Dutch Shell und Total) hat allerdings die ZKB Anfang September zwei Multi-Bonus-Zertifikate auf den Markt gebracht, bei denen im schlechtesten Fall ebenfalls die Rückzahlung des Basketwerts erfolgt.

Noch besser gestellt ist der Anleger bei den Best-Of-Zertifikaten, bei denen sich die Rückzahlung nach dem Wert der besten Aktie richtet.
Im oben erwähnten Beispiel mit ABB, Roche und UBS wäre der Wert des Produkts am Ende der Laufzeit bei mehr als dem Vierfachen der Worst-Of-Variante gelegen!
 
Unterschiede in der Rückzahlung gibt es auch, wenn beim Verfall alle Basiswerte über dem Bonus Level notieren. Diese Situation ist zwar schon seit geraumer Zeit nicht mehr aufgetreten. Hält allerdings die aktuelle Hausse weite an, so ist auch dieses Szenario wieder denkbar. Üblich ist in diesem Fall die Rückzahlung des Basketwerts. Es gibt aber auch Produkte, bei denen der Anleger die schwächste Aktie oder einen entsprechenden Gegenwert in bar erhält. Bei dieser Variante kann ein Gewinn gegenüber dem gebräuchlichen Auszahlungsmodus merklich geschmälert werden, vor allem dann, wenn der Bonuswert verhältnismässig niedrig angesetzt wird.
Die Termsheets müssen genau gelesen werden

Die angegebenen Möglichkeiten können beliebig kombiniert werden. So gibt es Produkte, bei denen sowohl für die Barriere als auch für die Rückzahlung der Basketwert massgebend ist (z.B. ENIAH auf ENI, Royal Dutch Shell und Total). Bei den bereits erwähnten ZKB9J5 und ZKB9K4 dagegen wird für die Betrachtung der Barriere die schlechteste Aktie herbeigezogen, während sich die Rückzahlung nach dem Wert des Aktienbaskets richtet. Es ist deshalb wichtig, dass der Anleger vor einem Kauf die Termsheets genau durchliest. Auf den Titel alleine kann er sich dabei nicht verlassen. Bei einer Reihe von Emittenten erscheint zwar mittlerweile die Bezeichnung „Worst Of“ schon in der Überschrift. Leider gibt es aber immer noch Termsheets, in denen von einem Basket die Rede ist (z.B. „Bonus Certificate linked to a Basket Of Petroleum Shares“), obwohl es sich hier ganz klar um ein Worst-Of-Zertifikat handelt.

Gratis ist nichts, auch nicht eine erhöhte Sicherheit

Natürlich sind die erwähnten Varianten zur Verminderung des Risikos nicht kostenlos. Der Anleger muss dafür entweder einen niedrigeren Bonuswert oder eine höhere Barriere akzeptieren. So ist das Bonusniveau bei ZKB9J5 mit 11 Prozent für eine Laufzeit von zwei Jahren relativ bescheiden. Wie die Erfahrungen der letzten Zeit zeigten, wäre aber eine Abkehr vom Worst-Of-Mechanismus für die Anleger vernünftiger gewesen als die Hoffnung auf eine hohe Bonuszahlung. Es ist deshalb zu empfehlen, Produkte zu bevorzugen, bei denen sich zumindest der Rückzahlungsbetrag nach dem Basketwert richtet.

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