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Ölmarkt: Showdown in Wien

04.10.2022 4 Min.
  • Wolfgang Hagl

Heute entscheiden die OPEC+ über ihre weitere Produktionspolitik. Angesichts der jüngsten Korrektur beim Ölpreis könnte das Kartell die Leistung seiner Pumpen deutlich drosseln. Gleichwohl sollten nur Konjunkturoptimisten auf einen nachhaltigen Rebound beim Energieträger setzen.

Die Organisation erdölexportierender Länder ist inmitten von Wien ansässig. Rathaus, Hofburg und Stephansdom sind vom OPEC-Gebäude aus fussläufig zu erreichen. Gleichwohl dürften die Teilnehmer des anstehenden Treffens der OPEC+ kaum Zeit respektive Nerven für die Sehenswürdigkeiten der österreichischen Metropole haben. Die aus den 13 OPEC-Staaten und weiteren Förderländern, allen voran Russland, bestehende Gruppe hält am heutigen Mittwoch ihr 33. Sitzung auf Ministerebene ab. Zum ersten Mal seit März 2020 findet dieser Anlass in Präsenz statt.

Eigentlich ist die OPEC+ gerade dabei, die Produktion nach den historischen Kürzungen im Rahmen der Corona-Pandemie langsam wieder hoch zu fahren. Doch stellt die starke Preiskorrektur beim wichtigsten Energieträger die Expansionspläne in Frage. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine war Brent in Richtung USD 140 hochgeschnellt. Anfang März kostete ein Fass der Nordseeölgattung so viel, wie seit dem Sommer 2008 nicht mehr. Gegenüber diesem Top hat der nächstfällige Future um mehr als ein Drittel nachgegeben. Neben der generell auf dem Rohstoffsegment lastenden Aufwertungsrallye beim US-Dollar bremsten vor allem Konjunktursorgen die Notierung aus. Darüber hinaus haben sich Befürchtungen, wonach die westlichen Sanktionen gegen Russland zur einer noch stärkeren Verknappung des Ölmarktes führen könnten, nicht bewahrheitet. Die Lagerbestände der OECD-Länder nahmen über den Sommer sogar zu.

Saudis im Fokus

Umso brisanter ist das heutige Treffen. Laut unbestätigten Meldungen soll Russland auf eine deutliche Kürzung der Fördermengen pochen. Demnach fordert Moskau die OPEC+ auf, pro Tag 1 Mio. Barrel weniger zu produzieren. Zur Einordnung: Die globale tägliche Ölförderung beträgt derzeit im Schnitt rund 100 Mio. Barrel. Eine Schlüsselrolle nimmt traditionell Saudi-Arabien ein. Das führende OPEC-Mitglied dürfte kein Interesse daran haben, sich gegen die Forderungen aus Moskau zu stellen. Gleichzeitig ist der Druck der USA auf die Saudis gross, genügend Öl zu fördern und auf diese Weise den Preis und die russischen Einnahmen zu schwächen. Fest steht, dass die OPEC+ schon jetzt deutlich weniger von dem schwarzen Gold zu Tage fördern, als eigentlich geplant. Dabei spielen auch technische Probleme respektive ein Mangel an Ausrüstungsinvestitionen eine Rolle.

Die Analysten von J.P. Morgan rechnen damit, dass die OPEC+ sich auf eine Förderkürzung um mindestens 1 Mio. Barrel/Tag verständigen. Wegen der skizzierten Produktionsprobleme dürfte der tatsächliche Ausstoss deutlich stärker nachgeben. Trotz der bestehenden Konjunktursorgen erwartet die US-Grossbank daher am Ölmarkt eine Verknappung. «Unsere Analysen deuten weiterhin daraufhin, dass sich der über den Sommer zu beobachtende Überschuss ab Oktober in ein Defizit wandelt», erklären die Experten. Auf der Angebotsseite geht J.P. Morgan neben der erwarteten Kürzung durch die OPEC+ davon aus, dass sie Sanktionen des Westens die Liefermöglichkeiten Russlands einschränken. Ausserdem erwarten die Analysten keine Einigung im Atomstreit mit dem Iran. Derweil unterstellt die aktuelle Prognose der Bank einen Anstieg der Nachfrage um täglich 1.5 Mio. Barrel. Die Hälfte davon soll von einem Austausch des Energieträgers Gas durch Öl zurückgehen. «Zum jetzigen Zeitpunkt halten wir an unserer langjährigen Ölpreisprognose fest und gehen weiterhin davon aus, dass der globale Brent-Ölpreis im vierten Quartal 2022 erneut die 100-Dollar-Marke überschreiten wird», bringt das Global Commodities Research von J.P. Morgan die aktuelle Einschätzung auf den Punkt.

Anlagekonklusion:

Am Tag vor der Sitzung in Wien hat die Nordseegattung kräftig zulegen können. Der nächstfällige Future verteuerte sich um 3.6%. Der Rohstoff profitierte dabei von der generell zu beobachtenden Aufbruchstimmung unter den Investoren. Nicht zuletzt eine überraschend zögerliche Zinserhöhung in Australien bescherte den Börsen einen starken Start in den Oktober. Für den Ölpreis bleibt der heutige Beschluss richtungsweisend. Eine deutliche Reduzierung des Angebots durch die OPEC+ könnte den Future weiter anschieben. Gleichwohl braucht es einiges an Mut, um eine Long-Position einzugehen. Der Abwärtstrend von Brent ist intakt. Zudem lastet die drohende Rezession auf der Notierung. Wer hier nicht so schwarz sieht, kann unter anderem mit einem Mini-Future Long (Valor: 122002787) auf  steigende Preise setzen. Das von der Société Générale auf Swiss DOTS gehandelt Produkt nimmt mit einem Hebel von aktuell 7.9 an einer Aufwärtsbewegung von Brent teil. Eine defensivere Alternative bietet der ETC CCOCIU. Dieser Tracker bildet den CMCI Brent Crude Oil CHF Monthly Hedged TR Index ab. Der Basiswert folgt der Nordseegattung mittels einer innovative Rollmethodik.

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