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payoff Interviews

«Oft reagieren Privatanleger zu wenig schnell und zu unflexibel»

11.02.2016 5 Min.
  • Martin Raab

Aktienmärkte im Rückwärtsgang und das Niedrigzinsumfeld verhelfen Multi-Asset-Portfolios zu neuem Glanz. Alex Tobler, Fondsmanager und Anlagestratege bei der Berner Kantonalbank (BEKB), über oft ratlose Privatanleger, Diversifikation und die Kosten.

Herr Tobler, die Börsen spielen verrückt, Anleihen bringen kaum mehr etwas ein, die Zinsen auf dem Sparkonto sind nahe Null. Gerade für Privatanleger hat eine Bank fast keine Joker mehr?
Doch, natürlich. Aber die derzeitige Situation ist für Privatanleger tatsächlich nicht einfach. Sorgen um Chinas Wirtschaft und politische Spannungen im Nahost haben für grosse Volatilität an den Aktienmärkten gesorgt. Weiter verunsichert der Kollaps des Erdölpreises die Anleger. Und das Zinsniveau bleibt wohl noch eine Weile tief. Wir empfehlen in dieser Konstellation Multi-Asset-Portfolios, auch als Mischfonds bekannt. Dort lassen sich verschiedene Anlageklassen wie etwa Aktien, Obligationen, Edelmetalle oder Immobilientitel optimal mixen und entsprechend die Risiken ausnivellieren. Sie sind in schwierigen Zeiten geradezu ideal.

Bildet der Privatanleger nicht einfach eine Multi-Asset-Strategie über ETFs ab?
In der Theorie ist das kein Problem, doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass insbesondere die mangelnde Diversifikation rasch einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Es ergaben sich Klumpenrisiken. Ausserdem stellen wir immer wieder fest, dass Privatanleger im Zweifel in ihren Portfolios bei Veränderungen im Markt zu wenig schnell und zu wenig flexibel handeln. Daher nützt es nichts, sich hochliquide Instrumente wie ETFs ins Portfolio zu legen.

Welche Vorteile bietet die BEKB konkret mit den Multi-Asset-Strategien?
Einerseits wird durch den festgelegten Mix das Risiko optimal gestreut. Andererseits können wir auf Marktsituationen flexibel reagieren und die attraktivsten Titel und Anlagen eruieren. Das ist aufwändig und braucht viel Erfahrung. Privatanleger haben oftmals weder das Know-how noch die Zeit, ihre Portfolios angemessen zu managen. Überdies neigen Privatanleger zu prozyklischem Anlageverhalten. Das heisst, sie kaufen, wenn der Wert einer Anlage steigt. Zu diesem Zeitpunkt kann die entsprechende Anlage jedoch bereits überteuert sein und kaum noch Renditen abwerfen. Kurzum: Privatanlegern ist geraten in unsicheren Zeiten professionelle Hilfe zu holen.

 

«Es nützt oft nichts, sich hochliquide Instrumente wie ETFs ins Portfolio zu legen, die dann nicht aktiv gemanagt werden.»

Auf welche Strategien setzten Sie?
Die BEKB hat Ende 2015 fünf neue Strategiefonds für Retailkunden sowie kleinere institutionelle Anleger entwickelt. Diese Mischfonds bauen auf dem mehrfach ausgezeichneten Prinzip der BEKB-Vermögensverwaltung auf. Der Privatkunde kann dabei entsprechend seines Anlageziels und seiner Risikobereitschaft aus den Strategiefonds Zinsertrag, Einkommen, Ausgewogen, Wachstum und Kapitalgewinn auswählen. Einkommen steht für einen hohen Anteil an Obligationen, tiefem Risiko aber auch tieferen Renditen. Kapitalgewinn steht für einen hohen Aktienanteil, höheres Risiko und entsprechend höher erwarteten Renditen. Die Positionierung der Fonds widerspiegelt dabei die Anlagepolitik der BEKB. Grosszügige Bandbreiten erlauben uns grosse Flexibilität und eine optimale Implementation unserer Anlagepolitik, der taktischen Asset Allokation. 

Wie sieht das Thema Kosten aus?
Unsere Strategiefonds stellen eine kostengünstige Form der Vermögensverwaltung dar. Auf Ebene der Fonds erreichen wir dank preiswerter Instrumente eine attraktive Total Expense Ratio (TER). Wir verzichten deshalb auch bewusst auf komplexe Anlagen, welche oft auch versteckte Kosten mit sich bringen. Für die Anleger sind Mischfonds ebenfalls attraktiv: Sie kaufen oder verkaufen mit einer Transaktion ein breit diversifiziertes Portfolio und reduzieren damit die Transaktionsgebühren.

Im vergangenen Jahr hat die ZKB den gemeinsamen Fondsanbieter der Kantonalbanken, Swisscanto, übernommen. Nun baut die BEKB ihre Fondspalette aus. Eine Reaktion auf den Verkauf der Swisscanto-Anteile?
Nein. Der Ausbau der Fondspalette war schon vorher geplant. Die BEKB betreibt schon seit 25 Jahren ein erfolgreiches Asset Management. Wir verfügen über eine schlagkräftige Expertengruppe in Bern. Die 24 Experten betreuen ein Volumen von mehr als CHF 7,5 Milliarden und über 300 institutionelle Kunden. Der weitere Ausbau dieses Geschäfts war demnach ein logischer Schritt.

Trotzdem ist die BEKB auf dem hart umkämpften Markt ein kleiner Fisch. Wie wollen Sie da konkurrenzfähig sein?
Der Markt ist kein einfacher, das stimmt. Es gibt zahlreiche grosse Player. Dennoch hat die BEKB als gut kapitalisierte Bank mit einer langfristigen, glaubwürdigen und nachhaltigen Strategie sehr gute Chancen, Marktanteile dazuzugewinnen. Dafür unabdingbar sind kostengünstige und effiziente Produkte wie etwa die bereits erwähnten BEKB Strategiefonds für das Retailsegment.

 

VITA

Alex Tobler absolvierte das Wirtschaftsstudium an der Universität Zürich und schloss mit dem Master in Banking & Finance ab. Bereits während des Studiums arbeitete er als Finanzanalyst und Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Alnua in Zürich, wo er auch nach Abschluss seiner Ausbildung tätig blieb. Danach wechselte er zu Picard Angst in Pfäffikon SZ. In seinen Funktionen verwaltete er Anlagefonds sowie gemischte institutionelle Mandate. Seit 2015 ist Alex Tobler für die Berner Kantonalbank BEKB tätig. Bei der BEKB ist er für die Verwaltung der Strategiefonds verantwortlich, die er mitentwickelt hat. Neben seiner beruflichen Tätigkeit ist er in mehreren Branchenvereinigungen aktiv – darunter im Schweizerischen Fondsverband (SFAMA). Ausserdem ist er Dozent an der Privaten Hochschule Wirtschaft PHW in Bern im Lehrgang Eco Economics. Alex Tobler ist ein CFA Charterholder.

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