Zurück
payoff Blockchain Report

Bitcoins Feuerprobe

08.05.2020 5 Min.
  • Dr. Raffael Huber, Head Research

Der perfekte Sturm braut sich zusammen für Bitcoin. Während Zentralbanken weltweit den Schritt ins unlimitierte Quantitative Easing wagen, reduziert sich die Menge neuer Bitcoins, die täglich produziert wird, um die Hälfte.

Die Märkte zitterten vor den möglichen Folgen des Coronavirus und der Lockdowns auf die Wirtschaft. Der S&P 500-Index verlor zwischenzeitlich über 35% seines Wertes, und Öl schrieb am 20. April Geschichte, als Lagerengpässe zu negativen Handelskursen im Futures-Markt führten.

Bitcoin war vor dem globalen Zusammenbruch der Märkte nicht gefeit und verlor rund 50% seines Wertes innert kurzer Zeit am 12. und 13. März. Handelsvolumina stiegen markant an, und auch wir bei der Bitcoin Suisse sahen während des Crashs Handelsvolumina, die etwa 400% über dem täglichen Durchschnitt lagen.

Korrelationen zwischen Anlageklassen stiegen kurzfristig rasant an – Bitcoin inklusive. Dies ist nicht überraschend, denn während einem Crash tendieren Korrelationen gegen 1 zu gehen, auch wenn sie längerfristig tief sind. Anleger wollen dann vor allem eines: Liquidität in Dollar oder der lokalen Währung.

Bitcoin konnte seither jedoch einen Grossteil der Verluste wieder wettmachen. Teilverantwortlich am Ausmass des Crashs in Bitcoin waren ausserdem die Derivatmärkte.

Rolle der Derivatmärkte
Insbesondere der «Inverse Perpetual Swap» der (unregulierten) Börse Bitmex trug massgeblich zur Geschwindigkeit des Preissturzes bei. Auf diesem Swap wurden am 12. und 13. März USD 10 Milliarden respektive USD 8.5 Milliarden gehandelt, und der Swap stellte somit das meistgehandelte Krypto-Derivat dar.

Der Inverse Perpetual Swap erlaubt nur Bitcoin als Margin-Währung, was dazu führt, dass der hinterlegte Margin während Preisstürzen ebenfalls an Wert verliert und Abwärtsbewegungen beschleunigt werden. Ansonsten handelt der Perpetual Swap wie ein Terminkontrakt ohne Verfall. Divergenzen zwischen dem Spotmarkt und dem Swap werden über einen Zins, der alle acht Stunden ausbezahlt wird, korrigiert. Handelt der Swap über dem Spotpreis, zahlen Halter von Long-Positionen diejenige, die Short-Positionen eingegangen sind und umgekehrt.

«Teilverantwortlich am Ausmass des Crashs in Bitcoin waren ausserdem die Derivatmärkte.»

Dieser Mechanismus führt seit Einführung des Swaps im Jahr 2015 zuverlässig dazu, dass Derivat und Spot nur geringfügige Preisdifferenzen aufzeigen und der Swap somit als gehebelter Spotmarkt angesehen werden kann.

Während des Bitcoin-Crashs am 12. und 13. März zeigten sich jedoch die Risiken, die daraus resultieren, dass nur Bitcoin als Margin hinterlegt werden kann. Trader wurden in grossem Massstab liquidiert, und insgesamt mussten mehr als USD 1 Milliarde an Long-Positionen im Markt verkauft werden – eine enorme Menge für den doch noch jungen Bitcoin-Markt – die mechanisch dazu beitrug, den Preis temporär tiefer zu treiben.

Dieses Ereignis führte dazu, dass nun weniger gehebelte Positionen im Markt präsent sind. Die Erholung des Bitcoin-Preises der letzten Wochen wurde vor allem von Spot-Käufern getrieben, die möglicherweise zum Kauf motiviert wurden in Anbetracht zweier fundamental wichtiger Themen für Bitcoin in diesem Jahr: das bevorstehende Bitcoin-Halving, sowie die Rolle von Bitcoin als Absicherung gegen Inflation.

Bitcoin-Ausschüttung wird halbiert
Am 12. Mai dieses Jahres wird die Menge an neuen Bitcoins, die täglich geschaffen wird, von 1’800 auf 900 pro Tag halbiert. Diese Änderung ist fest verankert im Code des Bitcoin-Protokolls und findet etwa alle 4 Jahre statt, wodurch die maximale Menge an jemals existierenden Bitcoins von 21 Millionen im Jahr 2140 erreicht wird.

Dieses Ereignis wird das Angebot auf dem Markt reduzieren, was bei gleichbleibender Nachfrage zu einem Preisanstieg führt. Nach den vorherigen Bitcoin-Halvings in den Jahren 2012 und 2016 stieg der Bitcoin-Preis um etwa 9’000% (2012) bzw. 3’000% (2016). Dementsprechend setzen viele Anleger darauf, dass auch die diesjährige Angebotsreduktion wieder zu einer Preisrally führen wird. Aufwind könnte Bitcoin in Zukunft auch durch eine potenzielle Rolle als «digitales Gold» erhalten.

Schutz vor Inflation
Die Liquidität sicherzustellen war und ist das grosse Thema für Regierungen und Zentralbanken während der Krise. Laut Bloomberg wurden bis jetzt Stimulus- Pakete in Form von fiskalpolitischen Massnahmen in einer Höhe von über USD 8 Billionen lanciert.

Wir bewegen uns in einem neuen Umfeld. Draghis «Whatever it takes»-Motto aus seiner Rede im Jahr 2012 wurde mittlerweile von Zentralbanken rund um die Welt übernommen. Dass sich dies in nächster Zeit ändern wird, ist in Anbetracht der Schuldenberge von Staaten und Firmen unrealistisch. Zentralbanken werden weiterhin Schuldner unterstützen (müssen!), die Zinsen bleiben tief, und koordinierte geld- sowie fiskalpolitische Anstrengungen werden die totale Geldmenge erhöhen.

«Für genau ein solches Umfeld wurde Bitcoin im Jahr 2008 erdacht.»

Das Endspiel des «makroökonomischen Schachs», das im Moment betrieben wird, ist Inflation. Die durch die Krise verursachten, deflationären Effekte sind temporär – doch das frische Geld, das in den Umlauf kommt, bleibt. Die Geschichte zeigt denn auch, dass die Wirtschaft Mühe hat, sich von regelmässigen Liquiditätsspritzen wieder zu entwöhnen.

Für genau ein solches Umfeld wurde Bitcoin im Jahr 2008 erdacht. Ähnlich wie Gold sind auch Bitcoins fälschungssicher, unzerstörbar und nur in limitierten Mengen verfügbar. Die Vorteile der digitalen Version des Goldes sind darüber hinaus einfache Übertragbarkeit sowie Teilbarkeit in kleinere Einheiten.

Bitcoin stellt – wie auch Gold – eine Form von hartem Geld dar, das als Absicherung gegen Misswirtschaften in der Geldpolitik dienen soll. Es ist das erste Mal, seit Bitcoin im Jahr 2009 erschaffen wurde, dass der Welt wieder eine grössere Rezession droht oder sich gewisse Länder, wie z. B. die USA, bereits in einer befinden. In diesem Jahrzehnt wird sich zeigen, ob Bitcoin sich in der Rolle als Absicherung gegen Inflation behaupten kann. Die Feuerprobe des Bitcoins beginnt.

Weitere News aus der Rubrik

Unsere Rubriken